Erinnerung an die Lehrbubenjahre (Teil III)


In den folgenden Zeilen möchte ich in der Zeit zurückgehen um einiges aus dem „Praktikum“ dieser 3 Jahre zu erzählen.

Ein Teil der Arbeiten die auch von Elektrikern bewältigt werden musste war die Fertigung und Montage von Blitzableitern und Erdungen. Beginnen wir mit Erdungen. Als allgemeine Information gilt eine Erdung ist eine Verbindung zur Erde über die der Strom einer defekten Maschine, Haushaltsgerätes oder jeglicher aus versehen unter Spannung gekommener Metallteile abfließen kann, um keine Gefahr für Leib und Leben darzustellen. Natürlich waren die Materialien und Bauweise in dieser Zeit viel primitiver als heute. Eine der Baustellen wo eine Bestellung zum bau einer Blitzableiteranlage errichtet werden sollte, war die Tischlerei „Leibli“ am Holzplatz. Der Erste Tag verging mit Besichtigung des Objektes und mit Aus- messungen zur Ermittlung des benötigten Materials. Das es durchaus nicht länger als 2 Stunden in Anspruch genommen hätte ist wohl jedem klar, aber so ging das eben bei der UNIREA, was ich noch reichlich feststellen sollte. Na gut. Am nächsten Tag gingen wir zum Warenlager der Bauabteilung um Material zu holen. Da wir einige Meter an verzinktem Rohr und einige Meter Betoneisen benötigten brauchten wir für den Transport einen LKW. Aber wie das gang und gebe war, stand an diesem Tag keiner der beiden zur Verfügung. Beide waren am Bahnhof im Einsatz den angelieferten Zement in das Lager aus der Teichgasse zu Transportieren. Lagerist war um diese Zeit Herr Damian aus der Quergasse. Na gut wurde eben an diesem Tag nichts mit dem Transport. Also packten wir unsere Werkzeug Taschen auf die Fahrräder und fuhren zur Tischlerei um wenigsten Anwesenheit zu zeigen und eventuell sogar noch mit der Arbeit zu beginnen. Bis wir da waren stand die Mittagssonne schon hoch am Himmel. Mein Meister zeichnete auf dem Boden die Länge des benötigten Grabens für die Erdleitung an, und wir begannen mit Schaufel und Krampen (Pickel) einen Graben mit den Massen von: B 40 cm, T 100 cm und einer Länge von 10 Meter entlang der Mauer des Gebäudes zu buddeln. Heut zu Tage würde man einen Minibagger nehmen, aber damals war alles noch Handarbeit. Nach einer guten Stunde war ich fix und fertig, die Sonne knallte auf uns herunter und ich war auch nicht gewöhnt an solche Arbeit. Mein Meister hatte aber anscheinend auch die Schnauze voll und war unter dem Vorwand ins Büro zu müssen verschwunden. Bevor er ging sagte er mir ich sollte noch machen was ich könnte und danach heimgehen. Um es kurz zu machen an diesem Graben vergingen noch Tage der Schufterei wen man bedenkt dass der Boden fast im ganzen Stadtgebiet sehr steinhaltig ist.

Nach zwei Tagen bekamen wir den LKW um das Material auf die Baustelle zu transportiere. Ein Kleinlaster der Marke „ Molotow“ russischer Produktion. Bis das Material an Ort und Stelle war, verging wieder fast ein ganzer Tag.

Die nächsten Tage hatten wir den Graben fertig, die Rohre in je 2 Meterstücke gesägt (von Hand), und diese im Abstand von einem Meter senkrecht in dem Graben in den Boden Gerammt. (mit einem 10 Kg Vorschlaghammer). Jetzt wurden die Rohrpfähle im Graben miteinander verbunden mittels eines Flacheisenbandes, das an jedem Pfahl fest geschweißt wurde. Das eine Ende führten wir an der Wand hoch, so dass es ein Stück aus dem Erdreich ragte und als Verbindungsstelle für den Leiter der Blitzableiteranlage diente. Das war bis jetzt alles harmlos, was nun folgte war wirklich gefährlich und schwierig. Die drei Blitzableiterspitzen mussten auf der ganzen Länge des Gebäudes gleichmäßig verteilt werden.

Eine an den jeweiligen Enden und eine genau mittig. Das Gebäude hat eine Länge von etwa 40 Meter die Spitzen montierte man immer auf dem First das hatte die Folge das der Leiter der die Spitzen verband auch über den First geführt werden musste. Diese Leiter wurden durch große Nägel die am Ende eine Öse hatten gezogen. Das Dach war mit Dachziegeln (Dachpfannen) gedeckt und die First- Ziegeln waren ebenso aus Keramik. Jetzt begann die Turnerei. Die Dachrinne war in einer Höhe von etwa 6 Meter, der First dementsprechend höher. Bewaffnet mit einer Hand- Bohrmaschine und einer Hosentasche voll Metallbohrer, wagten wir uns, durch ein Paar hochgeschobenen Dachziegeln, hinauf in luftige Höhen. Ich will jetzt die Angst und das Schwindelgefühl nicht mehr weiter vertiefen. Also wurden die Löcher für Spitzen und Halter gebohrt und diese Montiert. Danach der Verbindungsleiter mit allen Spitzen verbunden und das Dach herunter bis zur Verbindungsstelle. Dieser Blitzableiter ist auch heute noch nach über 40 Jahren in Funktion und wen man über den Holzplatz schreitet und seinen Blick auf das Gebäude der gewesenen Tischlerei „Leibli“ richtet, kann man ihn sehen. Zu dieser Baustelle, und vielen anderen folgenden möchte ich noch sagen dass die meiste Arbeit von den Lehrbuben gemacht wurde, die in den meisten Fallen unter sehr prekären Sicherheitsbedingungen ausgeführt wurde. Aber um diese Zeit nahm man das noch so hin. Die Meister um diese Zeit standen Fast alle kurz vor der Pensionierung, und waren noch von der „alten Garde“, dem zu Folge mussten die Lehrbuben auch schon mal privat bei den Meistern Daheim mit anpacken. Das ging vom Aufräumen über Garten umgraben bis Kartoffeln hacken und noch vieles mehr.

Die Lehrmädels und Jungs wurden auch für kulturelle Zwecke herangezogen. Als Beispiel

Erwähne ich die „ Brigada artistica de agitatie“. Das ging alle drei Lehrjahre das man sich vorbereiten musste für den „Concurs“ auf Stadtebene, Kreisebene und Landesebene.

Dann kam noch dazu das vom UTC aus eine kulturelle Aktivität von jedem Betrieb gefordert wurde.

Also alles in allem, waren die Lehrbubenjahre kein Zuckerlecken. Aber im nach hinein muss man sagen das alle Handwerke die vertreten waren von der Picke auf gelernt wurden. Um die Zeit wurde nicht nur neues gemacht sondern in allen Bereichen großer Wert auch auf die anfallenden Reparaturen gelegt wurde. Und wen ich sage Reparatur, dann meine ich nicht mit alt durch neu ersetzt, sondern repariert im waren Sinne des Wortes.

Hier beende ich diese Zeilen mit Erinnerungen aus meinen Lehrbubenjahren, obwohl noch viel dazu zu sagen wäre.

ENDE

Horst Theil