DIE
BADEN — DURLACH’SCHEN
DEUTSCHEN IN MÜHLBACH
EIN
ANDENKEN
an ihre
am 6. Januar 1843 begangene hundertjährige
Einwanderungsfeier.
*
REDE
zur
SECULAR — FEIER
der
BADEN DURLACH’SCHEN
Eingewanderten zu Mühlbach
Am 6. Januar 1843
Hoch zu verehrende Anwesende!
Dieser feierlich festliche Zug, die fromme freudige Rührung, die allgemeine Teilnahme und Ihre uns huldreiche geschenkte „Gegenwart“, sind beweise eines ungewöhnlichen seltenen Tages. Die deutschen Bewohner (es gibt daselbst auch nicht-deutsche Bewohner) der deutschen Vorstadt begehen heute mit Ihrer gewogensten Bewilligung das hundertjährige Jubelfest ihrer Einwanderung und namentlich ihres Einzuges in diese Stadt und in dies Haus. (Sie stiegen zuerst im öffentlichen Stadtwirtshause ab, darum ward auch dies Fest hier gefeiert). Doch befremde es Sie nicht, dass ich, unlängst aus Ihrem Kreise geschieden an diese Feierlichkeit nicht nur herzlich Teil nehme, sondern auch selbst öffentlich auftrete. In der Mitte dieser guten Leute geboren, mit ihren ersten Familien nahe verwandt, wünschen sie, dass ich an diesem festlichen Tag, sie vertrete, und ich fühle mich durch ihr Vertrauen beehrt. Gedankenvoll soll ich mit ihnen den großen Zeitraum eines Jahrhunderts durchgehen, die Geschichte ihrer trüben und heitern Schicksale durchblättern, ihre bösen und guten Tage beleuchten, damit sie ein solches Denkmal ihren würdigen Nachkommen überliefern zu trostreicher Aufmunterung und zu freudiger Erinnerung.
Aus Deutschland, diesem unerschöpflichen Quell einer nach Ost und West, nach Süd und Nord weit in sich verbreiteten Bevölkerung, aus Deutschland, dieser unermüdeten Pflegerin einer fast in alle Weltteile weithin strahlenden Kultur, aus Deutschland stammen auch wir. Den lieblichen Ebenen des Rheins, den malerischen Gegenden des Schwarzwaldes, dem Städte und Dörfer besäten Lande von Freiburg bis Mannheim, das der entzückte Reisende mit recht einen blühenden Garten nennt, dem klassischen Boden des jetzigen Großherzogtums Baden sind unsere Vorfahren entsprossen. Noch zählen wir dort zahlreiche Verwandte, Jünglinge aus unserer Mitte haben sie besucht und gesprochen und noch in der jüngsten Zeit wurden freundliche Briefe gewechselt. Auch sie werden es hören, auch sie sollen es erfahren, dass wir eines feierlichen Tages unseres gemeinsamen Stammlandes mit unvergesslicher Hochachtung, unseres gemeinsamen Blutes mit nie versiegender Liebe gedacht. Doch wie, warum, unsere Vorfahren ihren heimischen Herd, jenes schöne Land verließen, und gerade die entlegenste östliche Provinz des deutschen Kaiserreiches zum Wohnplatz wählten, wo sie kaum fünfzig Familien dem noch unbebauten Boden ihre notdürftige Erhaltung abringen mussten, darauf ruht ein noch unenthülltes Dunkel. Ob die unaufhörlichen kriegerischen Unruhen, welche nach dreißig Jahren voll Drangsal der ersehnte westfälische Friede kaum beendigt (1618 — 1649 Osnabrück und Münster),durch den unternehmenden König von Frankreich Ludwig den XIV. aber aufs Neue wieder angefacht und bis zum Schluss des siebzehnten Jahrhunderts abwechselnd fortgeführt wurde (1672 — 1697 Friede zu Ryswick) — ob der mit dem neuen Jahrhundert begonnene spanische Erbfolgekrieg( (1700 — 1714 Friede zu Raststadt) der darauf folgende polnische (1733 — 1735 Friede zu Wien) und endlich 1740 der mit weiland Ihrer kaiserlichen Majestät Maria Theresia’s Thronerhebung sich entsponnene österreichische Erbfolgekrieg (1740 — 1748 Friede zu Aachen), – welche alle mehr oder minder empfindliche Deutschlands herrliche Gauen berührten, verheerten und entkräfteten, – ob bei solchen tatsächlichen Zeugnissen Übervölkerung, ob Verschiedenheit der Religion, oder ob Mangel und Armut sie auf den süßen Besitz der Heimat zu verzichten genötigt, ist unentschieden. Wie aber, wenn wir die Ursache ihrer Auswanderung in haltbarer Beweggründen fanden? Denn Feigheit oder Verzweifelung ist dem deutschen Charakter fremd und von Zwang finden wir nirgends eine Spur. In dem selben siebzehnten Jahrhundert aber war auch Siebenbürgen der Schauplatz graulicher Verwüstungen und besonders drückten das Sachsenland die Drangsale jener Zeit. In unserer Umgebung wurden Dörfer entvölkert (Langendorf Reho, Ludosch, Tschapertsch, Kleinpold — Woiwode Michael) und diese Stadt selbst zweimal (1661 Ali Bascha — 1708 Andreas Csaki, Feldherr des franz. Rakotzi) ganz in Asche gelegt. Glücklicherweise ward zu dieser Zeit dem Erlauchten Kaiserhause Österreich gehuldigt. Und wenn das traurige Gemälde des Landes zum hohen Throne gelangte, sollten die Hochgesinnten das Wohl ihrer Reiche und Völker stets bereitwillig fördernden Fürsten nicht auch auf die bedrängten Sachsen ihr huldvolles Augenmerk gerichtet haben? Und wodurch war für ihr wieder empor blühen besser gesorgt, als durch Vermehrung fleißiger Hände, durch Hebung des Ackerbaues und der Industrie, durch Ansiedlung deutscher Colonisten? Worüber uns mündliche Überlieferungen nicht aufzuklären vermag, dass möchte sich aus schriftlichen Dokumenten mit vieler Sicherheit erschließen lassen. Denn nicht nur dass unsere Vorstädter selbst in zwei verschiedenen von einander ganz unabhängingen Abteilungen (1743 und 1770), nicht nur dass inzwischen und nachher (1756 — 1787) aus Östereich, Steiermark und Kärnten zahlreiche Familien nachkamen, dass diese gerade die heimgesuchtesten Orte (Broos, Romos, Deutschpian, Petersdorf, Mühlbach, Großpold, Grossau, Neppendorf) besetzten, welche sie heute noch mit den Urinsassen gemeinschaftlich bewohnen, – sondern auch ein vorliegender Vertrag, den unsere ersten deutschen Ankömmlinge mit dem hiesigen Magistrate geschlossen und verschiedene ihr Wohl bezweckende und begünstigende Hohe und Allerhöchste Decrete (1776 — 1780 Gubl. Decret vom 27 Februar 1798, Hofrescript vom 22 März 1781) beweisen, dass sie von unseren Erlauchten Monarchen gloreichen Andenkens hierher gewünscht, und überall willfährig – Aufgenommen wurden. — Nein geliebte deutsche Brüder! Das Los unserer Vorfahren war kein Spiel des blinden Zufalls, es war ein frei gewähltes, auf feste Verträge, auf heilige Versprechungen, auf vorteilhafte Bedingungen gegründetes, eine glückliche Zukunft vor bedeutendes, ehrendes Loos. Auf solche Verträge gestützt, von solchen Hoffnungen beseelt, wanderten vor siebenhundert Jahren die Flanderer ein und verwandelten durch Ausdauer, deutsche Kunst und Betriebsamkeit die wald- und moorbedeckten Felder in fruchtbare blühende Auen. Und haben wir gleich von unseren Vorfahren keine glänzenden Heldentaten geerbt, hat sich noch Keiner von uns durch eine höhere Kraft, durch einen überstrahlenden Geist hervorgetan, so blieb uns noch das Zeugnis deutscher Treue und Redlichkeit, so bleibt uns doch der Rum deutscher Ehre und Tugend. Zwar stellte sich anfangs ihr Schicksal nicht gleich lohnend und befriedigend dar, mühsam bauten sie ihre Hütten, mühsam zwangen sie dem Boden seine Frucht ab; Arbeit und Anstrengung, die neue Lebensart, das ungewohnte Klima, streckten bald Greise und Kinder, Männer und Jünglinge auf das Krankenlager hin oder in ein frühzeitiges Grab. Entbehrung ihr höchstes Gut, freiwillige Armut ihr einziger Trost, harrten sie mit unerschütterlichem Mute aus und bereiteten uns die freundlicheren Tage, das schönere Glück vor, womit uns die Sonne des neuen Jahrhunderts begrüßt. Sollte euch jetzt noch jener Tausch ungleich dünken? Möchtet ihr jetzt noch euer Schicksal beklagen? — Den deutschen Boden verließet ihr und fandet eine deutsche Heimat wieder — die süßen Ketten der Verwandtschaft löstet ihr und es umschlang euch das Band biederer deutscher Freundschaft hier wieder. Unser Verkehr mit dem großen Mutterlande hat nicht aufgehört. Noch strahlt das erwärmende Licht deutscher Kunst und Wissenschaft zu uns herüber, noch erhalten wir von Deutschlands gesegneten Bildungsstädten deutsche Erleuchtung und Begeisterung, noch umweht uns hier überall ein deutscher Geist, deutsche Kraft und deutsche Humanität. Unter den wohltätigen Anstalten und Einrichtungen dieser Stadt blüht auch unser geistiges und liebliches Wohl, unter dem mächtigen Schutze dieser National-Verfassung und Gesetze werden auch unsere heiligsten Kleinode, Recht und Eigentum, Religion und Sprache bestimmt. Ja, sie haben ihr gegebenes Wort männlich gelöst, unsere hochgeehrten Vorsteher: „Bürger werden bürgerlich gehalten werden!” (12. Punkt des Vertrags) Ihr genießt ja so lange ihr es verdient, allgemeine Wertschätzung, ihr habt das Zutrauen eurer Mitbürger, seit Mitglieder des äußeren Rates und gebt eure Stimme zum öffentlichen Wohl, eure Kinder haben Teil an dem gemeinsamen Gut und ich stände heute in dieser Eigenschaft nicht hier, wenn sie nicht ihr angestammtes Gefühl für gleiche Berechtigung, ihre unparteiische Liebe und Zuneigung uns Allen freisinnig erwiesen. 0 freuet euch deutsche Väter und Mütter! Freuet euch deutsche Jünglinge und Jungfrauen! Wir haben nicht nur was wir besaßen, wir sind nicht nur was wir waren, sondern wir haben und sind weit mehr. Der weise Rat einer gütigen Vorsehung führte uns in dies gesegnete Land und vertraute uns dem Schutze von Brüdern gleichen Stammes, gleichen Geistes und Glaubens. Damit ward unserer Tatkraft ein neues Feld geöffnet, unserem Gefühle ein höherer Schwung verliehen, Unserem Geiste zu Teil, des deutschen Namens würdig zu werden. Ja, segnet ihr Kinder die Asche derer die euch Haus Gut, Sicherheit und Frieden, Ehre und Leben durch ihre freiwillige Aufopferung bereiteten. Euch sei der heutige Tag nicht bloß ein freudiger Erinnerungstag, sondern auch ein ernster Aufmunterungstag zu allem Großen und Guten in dem angetretenen neuen Jahrhundert. – Aber auch Die, geehrte, edle Bürger dieser Stadt! Haben durch die freundliche Aufnahme unserer Vorfahren nicht im mindesten verloren. Ihre Fluren, ihre Gärten ihre Umgebung, ihre Stadt, ihre Verbindungen, ihre Familien hätten ohne sie heute eine ganz andere Gestalt. Durften wir auch nur später dieses Land unser Vaterland, diese Stadt unsere Vaterstadt nennen, so sind wir zwar Nachkommen einer verschiedenen Zeit, aber nicht Nachkommen eines verschiedenen Volkes. Wir sind ihnen ebenbürtig durch Geist und Vernunft, durch den Adel unseres Herzens und unserer Gefühle; auch in unserer Mitte blühen Jünglinge und Jungfrauen deutscher Liebe und deutscher Treuewert. – 0 reichen sie uns denn freundlich die Hand!
Doch sie haben uns ja die teure Bruderhand schon längst gereicht! – So lassen sie uns denn festhalten mit vereinter Kraft an dem dreieinigen Bunde; ein Volk – ein Glaube – ein Vaterland! – und sollten unsere Familien im Lauf der Jahrhunderte verschmelzen, so erbe unsere Nachwelt der Väter höchste Ehre und höchsten Ruhm; – das deutsche Wort – die deutsche Tugend – zum unveräußerlichsten Eigentum.
So stimmt mit ein gesammte Brüder in vereintem Kreise! Heil, dreifach Heil, unserem gemeinsamen Beschützer dem hohen Kaiserhause Österreich!
Mit tiefer Ehrfurcht sei des Hohen Name stets genannt! Hoch lebe unser Landesvater – Kaiser Ferdinand!
So wie das Reformationsfest die Herzen aller evangelischen Christen mit Andacht und Begeisterung erfüllt, so hat das in Mühlbach am 6 Januar 1843 gefeierte deutsche Einwanderungsfest die Herzen aller Abkömmlinge jener Einwanderer entflammt für ihre Nationalität, es hat die alte Liebe und Anhänglichkeit an das Land ihrer Vorfahren aufs Neue befestigt, die, durch ein einziges Jahrhundert noch nur sehr wenig gelöste, wenn auch nur gemütliche Verbindung erneuert und die vielfacher Beziehungen zu ihm wieder klar zum Bewusstsein gebracht.
Hat aber doch das erste Jahrhundert schon, wo die Erzählungen der selbst eingewanderten Väter, die noch frisch im Munde der Kinder leben und sogar die Erzählungen jetzt noch lebender Greise das Andenken an ihr historisches Vaterland lebendig erhalten konnten; hat dieses Jahrhundert schon das gemütliche Band zwischen Deutschland und den hiesigen Deutschen geschwächt: so dürfte das zweite wohl leicht es gänzlich auflösen und alle jene schönen Bilder ihrer Heimat, welche die Väter mit heiliger Glut in die Herzen der Kinder gezeichnet haben, verschwinden.
Dieses nach Kräften zu verhindern, sei der Zweck dieser Blätter, das Band zwischen den hiesigen Deutschen und ihrem Stammlande, wenn auch nicht in der vielfachen Beziehungen, in der Lebendigkeit und Klarheit wie es jetzt noch besteht, fiir immer zu erhalten sei seine Aufgabe.
Ob dieses nun möglich ist, wenn einige leider nur unzulängliche Nachrichten über die von hundert Jahren stattgefundene Einwanderung, wenn eine Schilderung des Einwanderungsfestes hiermit aufbewahrt werden, wird der Erfolg lehren.
Da dieses die Aufgabe dieser Blätter, so ist es klar, dass nicht auf den gewöhnlichen öffentlichen Charakter anderer im Druck erscheinender Schriften Anspruch machen; sie wollen ein Denkmal dieses deutschen Festes, ein Denkmal der Einwanderung sein, für die Abkömmlinge der Eingewanderten. Von diesem Standpunkt aus sind sie entstanden, von diesem aus mögen sie denn auch beurteilt werden.
Herr Rector Olert, welcher vor einigen Jahren über diesen Gegenstand eine Dissertation geschrieben, war sorgefällig einen Auszug aus seiner Arbeit zu diesem Zwecke zu machen.
Dieser und einige Überlieferungen mögen die kurze Geschichte der Einwanderung bilden.
Im Jahre 1714 schreibt Herr Olert, kam vermöge des 4. Punktes im Rastädter Friedensvertrage das Breisgau wieder unter österreichische Schutzhoheit. Bekanntlich ist die Bevölkerung in dem gedachten Lande sehr groß und es ist Niemandem fremd, dass damals Breisgau und die angrenzenden deutschen Provinzen nicht nur zu den Befreiungskriegen Amerikas Truppen, sondern auch Ansiedler schickten. Es ist bekannt, dass selbst Russland seine Steppen mit deutscher Ansiedler zu bevölkern anfingen und deutsche Colonisten sich beinahe durch ganz Europa verbreiteten. Es war demnach nichts natürlicher, als dass die Bewohner dieser übervölkerten Provinzen, wenn Mangeljahre eintraten, sich andere Wohnplätze suchten.
Diese Ursache vorzüglich war es, welche auch die in Mühlbach befindlichen Ansiedler bestimmen mochten, ihr Vaterland zu verlassen. Eine zweite Ursache mag gewesen sein, dass diese der protestantischen Religion eifrig zugetanen Ansiedler ein Land gerne verließen, in welchem Jak. Sigism. Freiherr v. Rheinach, Bischof von Basel, den katholischen Glauben wirksam auszubreiten suchte. Eine dritte Veranlassung lag an der bürgerlichen Einrichtung jener Provinz. Es war nämlich in derselben fester Grundsatz: dass Junggesellen nur Mädchen aus ihrem Dorfe und umgekehrt, heiraten durften. Ereignete sich nun der Fall, dass die Natur sich an solche Einrichtungen nicht kehrte, so blieb dem sich liebenden Paare kein anderes Mittel übrig, als sich an die Haufen der Auswanderer anzuschließen und in fremdem Lande das Ziel seiner Wünsche zu suchen.
Diese sind die Gründe, welche Herr Olert für die Auswanderung der Deutschen anführt.
Allein wenn sie schon nicht hinreichen um die Auswanderung der Deutschen aus ihrem Vaterland zu erklären, so sind noch weit unzulänglicher für ihre Einwanderung nach Siebenbürgen.
Bei dem gänzlichen Mangel an schriftlichen Quellen wäre es unmöglich etwas Gewisses darüber zu sagen, wenn nicht geschichtliche Kombinationen und die mündliche Überlieferung der Einwanderer, die im ersten Jahrhundert noch nicht wesentlich verfälscht sein können, einigen Aufschluss geben würden. Unwarscheinlich wenigstens, ja unmöglich ist es, dass Übervölkerung die Ursache der Auswanderung gewesen sei, weil ein Land, dass über ein Jahrhundert, vom Anfang des dreißigjährigen bis zum Ende des österreichischen Erbfolgekrieges beinahe ununterbrochen, entweder selbst Kriegsschauplatz war, der doch wenigstens von seinen Übeln berührt wurde, gewiss nicht übervölkert sein konnte. Rechnet man nun noch zu den vielen unglücklichen Opfer solcher Kriege die Auswanderer nach Amerika, nach den russischen Steppen, die vielen Soldaten, welche zur Führung jener langwierigen Kriege erforderlich waren und scharenweise aus diesem Lande erpresst wurden; so kann man, glaube ich, mit Sicherheit annehmen, dass jenes Land nicht übervölkert und also nicht Übervölkerung die Veranlassung der Auswanderung war. Eben so wenig mag Religionsverschiedenheit Ursache derselben gewesen sein, denn von Jahren 1740 herwärts finden wir in dem Lande keine Spur von einem solchen Zwang, wenigstens wissen die Einwanderer selbst nichts von Religionszwang. Sie unterscheiden sich dadurch wesentlich von dem 1755 (Neugeb.) später aus Österreich nach Großpold, Grossau und Neppendorf eingewanderten Ansiedler.
Dass endlich die bürgerliche Einrichtung jenes Landes, vermöge welche nur Paare desselben Dorfes einander heiraten durften, sie vermocht habe auszuwandern, ist ganz unwahrscheinlich. Kein Geschichtsschreiber deutet darauf hin, die Eingewanderten im Allgemeinen wissen von einem solchen Gesetz nichts und so mag denn dieses vielleicht in einem einzelnen Dorfe der Fall gewesen sein, gewiss aber sehr wenige Deutsche zur Auswanderung veranlasst haben.
Andere Ursachen müssen sie also dazu gezwungen haben und wir können die wahren nur durch die Kombination jener Zeitverhältnisse mit den Überlieferungen der Einwanderer finden.
Der Krieg, der in seinem Gefolge nicht nur physische sondern auch moralische Übel mit sich führt, hatte in jenem Lande die Kraft der Gesetze zerstört und die gesellschaftlichen Verhältnisse verwirrt. Kein Besitz war sicher kein Recht heilig. Wenn der unermüdete Fleiß der Einwohner die kaum verwüsteten Felder bebaut hatten, wurden sie immer wieder verheert. Wenn der Jüngling sich irgend einem Beruf widmen, oder sogar ein Ehebündnis schließen wollte, so erreichte er nur selten sein ersehntes Ziel, weil es gar oft geschah, dass er aus allen diesen Verhältnissen herausgerissen und zum Kriegsdienste gezwungen wurde. Bald sah man sich unter der Herrschaft dieser, bald jener Macht. Die Nationen (sagt Rottek von d.J. 1721 — 1731) wussten niemals ob sie Freunde oder Feinde ihrer Nachbarn waren, ob sie ihre Wünsche dahin dorthin zu richten hatten; ferner: (über den Zeitraum v. J. 1740 — 1789)die steigende Kühnheit in Verletzung des öffentlichen Rechtes und der öffentlichen Moral bedrohte den gesellschaftlichen Zustand mit unheilbarer Verderbnis und alle Segnungen der Zivilisation, Aufklärung und Humanität erschienen preisgegeben der emporstrebenden Allgewalt der Könige und der Heere.
Eine solche, durch ein ganzes Jahrhundert fortwährende Unsicherheit des Besitzes und Erwerbes, welche noch, wie die deutschen Einwanderer selbst erzählen, durch häufige Überschwemmungen des Rheins vermehrt wurde und endlich die Verletzung des heiligsten Rechtes, des Rechtes der persönlichen Freiheit, jener (von Einwanderern oft erwähnte) rücksichtlose Zwang zum Kriegsdienste, durch welchen nicht selten Familienväter ihren Kindern entrissen wurden, konnte und musste endlich die Kraft und den Muht unserer armen Vorfahren erschöpfen, ihre so oft getäuschte Hoffnung auf eine bessere Zukunft ganz vernichten, sie nötigen ihr schönes Vaterland zu verlassen und in fremdem Lande ihr Glück zu suchen.
So erzählten die Deutschen und die Übereinstimmung ihrer Erzählungen mit der Geschichte gibt ihnen das Zeugnis der Wahrheit. Nicht Übervölkerung, nicht Religionszwang, auch nicht die gedachte Einschränkung bei Heiraten, sondern Armut und Mangel, sowohl von den hundertjährigen kriegerischen Unruhen, als auch von den Überschwemmungen des Rheins herrührend, Kraftlosigkeit der Gesetze und die Folge deren Unsicherheit des Besitzes und persönlicher Freiheit, haben sie vertraut gemacht mit dem Gedanken, ihr Vaterland zu verlassen. Wie sie aber auf den Gedanken gekommen sind, nach Siebenbürgen zu wandern, können wir aus jenen Zeitverhältnissen Deutschlands nicht herleiten.
Siebenbürgen ist für die Deutschen beinahe jetzt noch ein unbekanntes Land und die meisten Nachrichten, die sie von diesem Lande vor nur sehr kurzer Zeit hatten waren dunkel und zum teil sogar fabelhaft. Wie war es also möglich, dass vor hundert Jahren Badische Bauern und Handwerker Glück und Frieden suchen konnten in einem Lande, welches man jetzt noch für eines der ungebildetsten und wildesten Länder Europas hält? Wie war es möglich, dass in einer Zeit, wo alles in Amerika Gold und Schätze zu finden hoffte und Alles dorthin strömte, unser kleines unbedeutendes und damals fast gänzlich unbekanntes Vaterland auch nur die geringste Aufmerksamkeit hätte auf sich ziehen können.
Gewiss muss eine Veranlassung von hier aus gegeben worden sein, deren Spur wir nur durch die Kombination der damaligen Schicksal und Zeitverhältnisse Siebenbürgens mit den Überlieferungen der Einwanderer auffinden können.
Siebenbürgen war in den ältesten Zeiten ein Tummelplatz wilder umherstreifender Horden. Wie eine herrenlose Sache kam es bald in den Besitz dieser, bald jener Völker und trug diesen Charakter bis dass es durch die, von König Geysa II. 1141 einberufenen Deutschen (Sachsen) einen, durch angelegte Städte und feste Plätze hervorgebrachten festen Charakter und inneren Gehalt bekam. Die Sachsen machten es zum Vaterlande und zur bleibenden Heimat seiner Völker und zum sichern Besitztum seiner Regenten.
Dieses sah dann auch der König und verstattete ihnen zum Anerkennung dessen, jene ehrenvolle Inschrift „ Ad retinendam Coronam“ (zur Erhaltung der Krone) sowohl auf der Fahne als auch auf ihrem Nationalsiegel zu führen.
Aber was auch die Sachsen tun mochten, das Land vor Verwüstungen aller Art zu bewahren, so konnten sie es doch nicht schützen vor innerer kriegerischen Unruhen, vor den Gewalttaten der eigenen Könige und Fürsten, vor den Einfällen der Tartaren (1241), der Türken (1493) und anderer Völker. Sie konnten es nicht schützen vor einer 1535 herrschenden Hungersnot und einer 1738 und 1739 ausgebrochenen Pest, welche unzählige Menschen dahinraffte. Selbst das Erlauchte Kaiserhaus Österreich,. an welches Fürst Michael Apafi im Jahre 1696 Siebenbürgen abgetreten, konnte ihnen den Frieden nicht geben; denn gleich zu Anfang des folgenden Jahrhunderts brachen die aufrührerischen Anhänger Rakotzi’s unter dem Namen: „Kuruzen“ aus Ungaren in Siebenbürgen ein, verheerten, sengten und mordeten im ganzen Land herum.
Auch unsere Vaterstadt, welche schon im Jahre 1661 einähnliches Schicksal durch Ali Bascha erfahren, entging ihrer schrecklichen Geißel nicht, die Einwohner mussten sich ihrer Gewalt ergeben, wurden aller ihrer Habseligkeiten, selbst der notdürftigsten Kleider beraubt, auf das schrecklichste misshandelt und nachdem auch die Kirchenkasse geplündert worden, die ganze Stadt in Brand gesteckt. Endlich verzog sich auch dieses Ungewitter und im Jahre 1711 wurde Friede, aber auch im nämlichen Jahrhundert brach unter der Regierung Karls des VI. ein neuer Türkenkrieg los, welcher die Entkräftung des Landes bis an die äußerste Grenze trieb.
Das Land war verwüstet, erschöpft und entvölkert. Wie sehr aber gerade das Sachsenvolk gelitten und wie weit seine Seelenzahl herabgesunken, bewiesen die vielen ganz entvölkerten sächsischen Dörfer, wie Langendorf, Reichau, Ludosch, Tschapertsch etc. und viele Städte und Dörfer, welche nur sehr wenige sächsische Einwohner übrig geblieben waren, wie Broos, Romes, Deutschpian, Petersdorf, Mühlbach, Großpold, Grossau, Neppendorf etc.
Dieses unsägliche Elend sah nun gewiss auch weiland Ihrer Majestät die Kaiserin Maria Theresia und suchte gewiss alle möglichen Mittel auf, einem in jeder Beziehung so wertvollen Land, wie Siebenbürgen, wieder empor zu helfen. Dass die hohe Kaiserin in der treuen Anhänglichkeit der Deutschen in Siebenbürgen an das österreichische Kaiserhaus, in ihrer Industrie und in ihren Charakter überhaupt, die denselben zu Teil gewordene Verleihung der Inschrift: „ Ad retiendam Coronam“ gerechtfertigt gefunden und daher auch selbst auf die Erhaltung des deutschen Elements in Siebenbürgen einen großen Wert gesetzt habe, – dafür sprechen sehr viele ihrer Anordnungen und Rescripta. Ich will nur die einzige Stelle aus dem Rescript vom 8. Juni 1774 Zahl 5347 herausheben, laut welcher als Bedingung zur Aufnahme als sächsischer Bürger festgesetzt wird: _ur Germanicae sit orginis.“ Bei solchen Gesinnungen der erhabenen Monarchie aber ist es ganz folgerecht, dass sie die deutsche Bevölkerung in Siebenbürgen zu vermehren wünschte.
Halten wir also mit diesem zusammen jene Auswanderungsperiode in Baden (welches, wie schon früher gesagt, damals zu Österreich gehörte) durch welche sie viele fleißige Bürger verlor, so können wir mit vielen Recht annehmen, dass gerade Sie, die erhabene Kaiserin, die bedrängten Auswanderer nach Siebenbürgen gewiesen habe. Überdies erzählen die Eingewanderten, es sei ein General, Namens Wurmser, in jenem Lande herumgereist, habe alle zur Auswanderung geneigt aufgefordert, nach Siebenbürgen zu gehen, habe ihnen eine Karte (Bilet) gegeben, vermöge welcher sie Wien zu ihrer Reise den nötigen Beistand und fernere Anweisungen erhalten wurden. Glücklich stimmt mit diesem überein eine zuverlässige Nachricht von Herrn Michael Wellman, Pfarrer zu Reichau, welcher sagt, dass ihm der Sohn jenes erwähnten Wurmser in Wien häufig erzählt habe, sein Vater habe lange im Türkenkrieg mit gefochten, sei bei dieser Gelegenheit viel in Siebenbürgen herumgekommen und habe daher dieses Land oft genau kennen gelernt Ein Umstand welcher darauf hinweist, dass die Regierung nicht nur durch allgemeine Nachrichten, sondern durch seine lebendigen Erzähler noch mehr bewogen, seine bis in’s einzelne gehende Kenntnis benutzt und ihm das Geschäft der Übersiedelung übertragen habe.
Halten wir mit diesem ferner zusammen das Interesse welches die Regierung durch ein Gubemial – Decret vom 27. Februar 1798 und durch ein Hofrescript vom 22. März 1784 und auch anderweitig an den Tag gelegt und endlich den unten folgenden vorteilhaften Vertrag, welchen die Einwanderer mit dem Mühlbächer Magistrat geschlossen, so gewinnt jene Annahme dass die Regierung sie zur Einwanderung nach Siebenbürgen veranlasst habe, eine historische Gewissheit; denn so viel Vorrecht und Freiheiten gewährt man nicht hergelaufenem Gesindel, sondern nur einem Volke, dessen man dringend bedarf und die Deutschen können sich also Schmeicheln, dass auch sie in gewisser Hinsicht „ad retinendam Coronam“ einberufen worden sind.
Schwer genug wahrhaftig und mit Vorsicht sind sie darangegangen, wie aus dem Vertrage zu ersehen ist. Sie waren nicht umherirrende, besitzlose Abenteurer, so wie die Kreuzzüge derer eine Unzahl durch unser Vaterland geführt haben, sondern sie waren freie, fleißige und redliche Bürger und hatten Wohnungen und andere Besitzungen in Deutschland. Dieses erhellt unter andern aus dem Umstande schon, dass sie aus dem Grunde erst am heiligen Dreikönigstage (einer für eine so weite Reise höchst ungünstigen Jahreszeit) in Mühlbach angelangt sind, weil sie dort ihre Felder nicht früher abernten und die Früchte und Besitzungen nicht eher Gelde machen konnten, ferner daraus, dass sie hierher, wenn auch nicht reich, doch auch nicht ganz leeren Händen und einige sogar mit einem für die damalige Zeit ziemlich Wohlstehende gekommen sind. So viel also konnten wir über die Ursachen ihrer Auswanderung auffinden und erschließen.
Ob aber, fahren wir mit Herrn Olert weiter fort, neben den angeführten, noch andere Ursachen die ersten Ansiedler in Mühlbach zur Auswanderung aus ihrem Vaterlande bestimmt haben möchten, ist unbekannt. Gewiss ist nur so viel: dass 1743 — 1745 einige Auswanderer, aus der Umgebung von Baden — Durlach herstammend, in Mühlbach aufgenommen wurden; hier selbst Hofplätze und Feldgünde erhielten, die sogenannte Altvorstädtergasse erbauten und unter eigenen Schultheiss unter Aufsicht eines Magistrats — Inspectors, ihre Angelegenheiten selbst besorgten.
Auf welche Weise dieses geschehen sei und welche Forderungen sie an die hiesige Behörde gestellt haben, darüber gibt der Vertrag Aufschluss.
Copia,
derer, von denen aus der Baden — Durlach’schen Marktgrafschaft herein in Siebenbürgen gekommenen Leute an den hiesigen Magistrat anverlangten Punetorum, nebst der, von gedachtem Magistrat hierauf enthieten Resolution.
ANVERLANGEN
1. Vor jeden Hauswirten eine Hofstelle von 40 Schritt in die Breite und in die Länge etwas mehreres zur Stuben; Scheure und Garten, es sei ober- oder unterhalb der Stadt ausgesteckt, jedoch ohne Bezahlung.
2. Jedem Hauswirten zu 20 oder 24 Kübel Getreide auszusäen, Acker anzuweisen, ohne Bezahlung.
3. An Weinfelder, so viel jeder vennag anzuhauen, ohne Bezahlung
4. Wiesen, als ein Erbe eigentümlich und ohne Bezahlung anzuweisen.
5. Waldungen mit den übrigen gesässenen Mühlbächern gemein zu haben.
6. Wenn eine löbliche Stadt soviel möglich hilfreiche Hand zur Bau zu prästieren verspricht.
7. Wenn nun eine merkliche Summe Familien beisammen sein und eine Gasse aufbauen, so soll dahin eben von unsern Leuten ein Schuldtheiss gesetzt werden.
8. Einen Weinschank dahin zu erlauben, welcher der Stadt zu keinem Schaden, sondern dass der Wein jederzeit, so lange in der Stadt und dem Stuhl zu finden sein wird, von dieser abgenommen werden: wogegen denn der Stadt von jedem Fass eine Einlag erfolgen solle.
9. Eine Fleischbank, jedoch der Fleischhackerzunft zu keinem praejudic und Schaden.
10. Sollen auch jedem Hauswirten einige Freijahre versprochen werden.
11. Jedem Hauswirten jährlich seine gewisse k. Contribution — Summe zu bestimmen und uns von denen langherigen Stadtschulden nicht aufzuladen.
12. Unsere gewisse jährliche Stadtdienste in einen Accordsbrief einzusetzen.
13. Bitten vor Jeden einen Ort und Platz in der Kirche anzuweisen, ohne Verdruss und Sauersehn.
RESOLUTION
1. Wird bewilliget.
2. Auch noch mehreres, wenn selbige fleißig sein wollen.
3. Wird bewilligt neben derer übrigen Bürger und Inwohner Weingarten.
4. Wird auf jede Hofstelle, soviel als andere Bürger haben bewilligt.
5. Wird bewilliget.
6. Wenn der Magistrat erfahren wird dass sie fleißig bauen, so wird man diesesfals mehr halten, als versprechen.
7. Wird bewilliget.
8. Wird wie anderen Bürgern bewilligt und zwei Jahre keine Einlag vor die Stadt verlanget; unter welcher Zeit der Nutzen vom Weinschank zu ihrem gemeinschaftlichen Nutzen soll verwendet werden.
9. Wird bewilliget.
10. Welcher aus dem Grunde baut, soll 5 Jahre von allen Abgaben und Lasten frei sein, welcher sich aber nach wertlossenen Freijahren an einem anderen Ort begeben wird, soll vor jedes Jahr 2o fl. erlegen.
11. Es wird jährlich eine gewisse erträgliche Contributions Summe bestimmt werden, welche der Schultheiss nebst verordneten Aeltesten, unter Aufsicht eines Inspectors von dem Magistrate unter sich gewissenhaft aufteilen und sodann der Schultheiss solches nach und nach ersequiren und zur Cassa zu bringen haben wird, überdies werden selbige mit keinem Aufladen aggravirt werden.
12. Bürger werden bürgerlich gehalten werden.
13. Wird bewilliget.
Alles dieses wird denen Supplicanten zur künftigen Sicherheit und Festhaltung unterordentlicher Unterschrift und Petschaft extradirt.
Sign. Müllenbach, den 12 August 1748
/L.S./ Ex. Comissione Magistratus extrad Andreas Weither Juratus Senator et Notarius.
Das diese Copia mit ihrem wahren Original von Wort zu Wort in allen Punkten und Clauseln übereinstimme, attestiert hiemit.
Müllenbach, den 10. Januar 1749.
Martin Brandschod m.p. R. Sedis judex et SeniorMagistratus.
Im Jahre 1770 kam, vielleicht durch Verbindungen mit den hier früher angesiedelten Durlacher, die größte, teils aber, weil eine Teuerung in Breisgau entstanden war und Maria Theresia, um keinen ihrer Untertanen zu verlieren, durch ihren damals zu Offenburg residierenden commandirenden Generalen Ried bedeuten ließ, dass sie bereit sei in Ungaren und Siebenbürgen die zur Auswanderung geneigten Breisgauer aufzunehmen, eine bedeutende Anzahl derer den Schwarzwald, die Gegend von Altenhaim, Loor und Strassburg bewohnenden Insassen in Mühlbach an. Hier wurden diese Ankömmlinge für die ersten Tage, teils in dem städtischen Wirtshause, teils in den sächsischen Bürgerhäusern untergebracht. Am 31 August 1770 melden dieselben Magistrate ihre Ankunft und bitten förmlich um völlige Aufnahme. Sie selbst nennen sich bei dieser Gelegenheit aus Breisgau herstammend. Unter den Ankömmlingen befanden sich einige Professionisten und viele Feldbauer, welche zum Teil die Neugasse bei Mühlbach erbauten, zum Teil sich auf die angrenzenden Ortschaften Petersdorf und Deutschpian begaben. In Mühlbach siedelten sich an, 49 Familien, worunter sich ein Fassbinder, ein Bartscherer, zwei Tischler, ein Schuster, ein Gärtner, zwei Schneider, ein Zimmermann, drei Leinweber, 31 Feldbauern und sechs Witwen befanden und 89 Kinder hatten. Diese Ankömmlinge nannten sich: Sebastian Führer, Michael Mimicus, Johann Spengler, Adam Herrenknecht, Ursula Hirsterin, Jakob Herrenknecht sen., Johann Urban, Diebold Schalk, Elisabetha Fischer, Math. Birkel, Michael Bernhardt, Georg Fery, Anna Maria Neffin, Margaretha Kleiberin, Johann Luchs, Magdalena Melcherin, Georg Ezier, Magdalena Walterin, Anna Kejrmannin, Johann Bechtold, Sebastian Urban, Johann Tescher, Johann Stadel jun., Katharina Lazerin, Georg Buchsbaum, Georg Schwam, David Tescher, Johann Möckli, J. Georg Breitenstein, Jeremias Haller, Peter Lau, Jakob Scholl, Diebold Lutz, Johann Walther jun., Jakob Herrenknecht jun., Kreminger, Diebold Sutter, Andreas Maurer, Johann Fraenk, Jakob Wollenber, Johann Heitz, Jakob Hertenstein, Gottlieb Staedel, Adam Poppel, Christ. Sütterle, Christ. Fraenk, Andreas Ezier, Andreas Herrenknecht, Diebold Fraenk, Andreas Fogel, Georg Kaltenbach, Georg Fraenk, Georg Sensenbrenner, Michael Zimmermann, Andreas Gruninger, Friederich Walther, Matthias Schwarzwalder, Conrad Maier, Nicolaus Wurth, Johann Eziegler, Andreas Fröer, Georg Walther, Andresa Stolz, Johann Georg Ritter vidua, Valentin Mild, Matth. Licht vidua, Simon Schwarzwalder, Jakob Fröer, Johann Georg Haass, Jakob Eziegler, Theobald Mild, Sebastian Urban, Joseph Baumann, Khristian Kleiber, Nicolaus Bigard, Friedrich Schultz.
Gleich nach der Ankunft dieser Transmigranten hat sich der hiesige Magistrat vielfach mit der zweckmäßigen Unterbringungen derselben beschäftigt und am 21. und 22. April 1771 ihretwegen auch eine neue Einteilung des Hatterts vorgenommen. Zu Wohnplätzen wurden denselben die vorhin den Altgässern assignirt gewesenen Hanfländer angewiesen und außer den Hausteilungen ein vor der deutschen Vorstadt gelegener Terrain, welcher gegenwärtig zum Kartoffelbau benutzt wird, zum Anbau des Hanfes und Flachses überlassen. Ebenso ward denselben frei gestellt, aus ihrer Mitte sich einen Vorstand zu wählen, welchen sie mit dem Namen eines Vogtes bezeichneten.
Nicht minder erlaubte man denselben bei Teilungsverhandlungen ihre beiden Geschworenen zuzuziehen und die Steuern und Abgaben durch ihren Vogt einzusammeln.
Nicht geringer war der Anteil, den höhere Landesstellen an dem Schicksal und Wohle dieser Transmigranten nahmen; sowohl der Comes Nationis als auch die k. hohe Landesstelle ließen sich öfters von der Lage und dem Zuwachse derselben unterrichten und trafen zu ihrem Wohle die zweckmäßigsten Verfügungen; ja, es wurde sogar, um die möglichst treue und richtige Kenntnis von ihrem Zustande zu erhalten, eine besondere Guberinal-Commission aufgestellt, welche sich mit dem Magistrate in Verbindung setzte und die Angelegenheiten der Transmigranten mit besonderer Umsicht prüfte und vorstellte.
Außerdem ward ein besonderer lnspector aus der Mitte des Magistrates ernannt, welcher sich mit ihrer Angelegenheit und Wünsche vorzugsweise zu beschäftigen und ihre Versammlungen, Teilungen, Wahlen u.s.w. beizuwohnen hatte.
Erst nach mehreren Jahren aber hatte der Magistrat und die Bürgerschaft die Breisgauer Ankömmlinge des Bürgerrechtes für würdig erachtet und am 11 Januar 1783 die Taxe festgesetzt, welche der das Bürgerrecht ansprechende Ansiedler zu zahlen hatte. Demnach zahlte ein ausländischer Durlacher
ohne Profession 2 fl.- kr
mit Profession 3 fl. — kr
ein Eingeborener ohne Profession – fl. 50 kr.
ein Eingeborener mit Prosession 1 fl. 40 kr.
In den Bürgerstand aufgenommen, wünschten die Selben auch in die Communität gezogen zu werden. Ihre Bitte wurde in Mühlbach nicht begünstigt und sie waren sich dieses Wunsches wegen an die k .hohe Landesstelle, welche denselben am 27. Februar 1798 resolvierte; dass sie, wenn sie sich dazu qualifiziert haben würden, in die Stadt-Communität aufgenommen werden sollten. So ward denselben der Weg eröffnet an der öffentlichen Verwaltung Teil zu nehmen und den städtischen Einwohnern gleich gestellt zu sein. In der Folge sind auch, so wie gegenwärtig, mehrere deutsche Vorstädter dem Mittel der Communität einverleibt worden.
Eben so wünschten diese Einwanderer bei ihrer vermehrten Anzahl eine besondere Schule zu haben, zumal da die Entfernung von der städtischen Schule und der bis dahin durch Moräste oft verdorbene Fußsteig der Kinder wegen solches anriet. Zu diesem Ende verkaufte der Altgässer Vorstädter Jeremias Haller sein Haus den gesamten Einwohnern für 180 ungarische Gulden und bekleidete auch die erste Schulmeisterstelle. Den tätigsten Eifer dabei bewies der damalige Vogt Johann Möckli und die Geschworenen Georg Breitenstein und David Teschen.
Der Schullehrer erhielt aus der Kirchenkassa 6 Kübel Korn und 12 ungarische Gulden.
Am 13 Januar 1787 wird durch das Local Consistorium der Schullohn auf 16 Rfl.40 kr. erhöht. Den 13. Iunius 1789 garantierte das Local Consistorium die Umzäumung des Schulgartens und Hofes aus der Städtischen Waldung. In der Folge ward der Gehalt erhöht auf 75 Rfl., seit 1824 auf 100 Rfl. Und seit 1830 auf 300 Rfl. Da diese Schule blos zu einer Trivialschule dienen soll, so besuchten diejenigen Kinder, welche einen erweiterten Unterricht wünschen, die innere städtische Schule.
So weit Herrn Olerts Nachrichten, wofür wir gleich hier unsern innigsten Dank abstatten.
Schließlich noch folgende Bemerkungen. Weil die Deutschen mit Hab und Gut, Weibern und Kindern hergewandert sind, so ist es klar, dass sie (nach ihrer Erzählung) am leichtesten und billigsten zu Schiffe auf der Donau bis Pest und nur dort zu Lande gereist sind. Hier angekommen, mochten sie wohl darauf sehen, ihre Wohnplätze an einer stark befahrenen Straße zu erhalten, um ihre Produkte leichter absetzen zu können. Darum mögen sie auch die erste Gasse (Altgasse) gerade an die damalige Klausenburger Landstraße gebaut haben, vielleicht auch, weil die Nähe des Mühlbaches und ihrer Felder sie dazu bestimmt haben; denn sonst zeichnet sich der Platz durch Nichts aus. (Jetzt führt die Klausenburger Chaussee nicht mehr durch diese Gasse, wodurch sie viel verloren hat und den Deutschen es wünschenswert macht, sich in der Stadt anzukaufen). Das sie im Anfang wenig vertrauen auf die Einwohner Mühlbachs gehabt haben, geht aus dem Vertrage hervor, in welchen sie sich eine eigene Schule, eine eigene Fleischbank, ja sogar bestimmte Plätze in der Kirche ausbedingen. Vielleicht haben falsche Nachrichten von unserem Vaterlande ihnen ein solches Misstrauen eingeflößt, vielleicht auch die Verschiedenheit der Sprachen. Gewiss ist wenigstens, dass sie sich im Anfange ungern mit den Ureinwohnern dieser Stadt vermengt haben und lieber einen abgeschlossenen Teil bilden wollten. Sie wurden dazu noch mehr veranlasst durch das oft unfreundliche Begegnen der sächsischen Bürger, welche es vielleicht ungern sahen, dass der löbliche Magistrat fremde Ansiedler so sehr begünstigte oder welchen vielleicht die Sitten, Eigentümlichkeiten und die Sprache der Fremdlinge anstößig waren. Lange Zeit herrschte unter ihnen eine Spannung und das Wort „Durlacher“ wurde und wird heute noch, doch nur von ungebildeten und rohen Menschen im Sinne einer Schmähung gebraucht. Indessen hat die Zeit das Schroffe, Hervorstehende beider Teile abgeschliffen und gemildert. Vor 20 Jahren schon und vielleicht noch drüber, fingen die deutschen Vorstädter an, ihre Kinder in die städtische Schule zu schicken und traten dadurch und durch häufige gemischte Ehen (D.H. wo ein Deutscher eine Sächsin heiratete), mit den Sachsen in so nahe Verbindungen dass jene frühere Verschiedenheit nur noch sehr wenig zu erkennen ist. Der mit dem Schweizerischen sehr nahe Dialekt der eingewanderten wird jetzt nur von alten Personen untereinander geredet und an die Stelle desselben ist entweder die sächsische oder eine der Wiener ähnliche Mundart getreten. Was früher Möckli, Füstli (Füschtli) ausgesprochen wurde, heißt nun Möckel, Feistel. Nach 40 Jahren findet man von diesem Dialekt gewiss keine Spur. Auch in Hinsicht der Lebensart nähern sie sich immer mehr und mehr den eingeborenen Sachsen, doch findet man noch Speisen, Hausgeräte und andere Einrichtungen, die deutschen Ursprungs sind. Was ihnen aber geblieben und wollte Gott, immer bleiben möge, ist der deutsche Fleiß und deutsche Betriebsamkeit, unwandelbare Religiosität und Reslichkeit, deutsche Liebe zum Guten und Schönen und endlich die teure deutsche Muttersprache.
Und nun endlich schreiten wir, mit fast gänzlicher Beibehaltung des im Satelliten Nr.5. (1843) gegebenen Berichtes dessen treue Schilderung das unsichere Gedächtnis vor Irrtum zu bewahren am geeignetesten ist, zur Beschreibung der Secularfeier.
Der heilige Dreikönigtag, an welchem1743 den Überlieferungen der Deutschen zu Folge, die ersten Familien derselben in Mühlbach eingetroffen sind, wurde zur Feier des Einwanderungsfestes bestimmt.
Der vorausgegangenen Verabredung gemäß, hatten gegen Abend der Magistrat, die Herren
Geistlichen, die Stadt Communität und Alles, was Teil nehmen mochte, im Rathaus sich
versammelt. Gegen 6 Uhr kamen die Abkömmlinge jener Eingewanderten mit Windlichtern
versehen und mit Musik in die Stadt. Vor dem Rathaus hielt der Zug und abgeführt von einem
ihrer Ältesten, dem Leinwebermeister Jakob Feistel, erschienen dieselben im Ratszimmer, wo
diese vor der höchst zahlreichen Versammlung mit seltener Unbefangenheit und mit
überraschendem Ausdruck folgende, von ihm selbst verfasste Rede hielt.
Löblicher Magistrat!
„Nicht Stolz und Hochmut, viel weniger Wohllust (der Sprecher hat mit diesem Worte die Lust zu üppigen Gastmählen bezeichnen wollen) oder Wohlhabenheit hat uns bewogen, diesen heutigen Tag feierlich zu begehen; nein, dies ist der Grund nicht; sondern Liebe und das Andenken unserer geliebten Väter und Großväter, welche vor hundert Jahren ihr geliebtes deutsches Vaterland verlassen und nach unserem lieben Siebenbürgen eingewandert sind, hat uns Veranlassung gegeben, diesen heutigen Tag als ein Freudenfest zu betrachten: denn gerade heute zählen wir hundert Jahre, dass unsere Väter und Großväter den Grund unserer geliebten Stadt Mühlbach zum ersten mal betraten, in welcher nicht nur sie sondern auch wir, ihre Nachkommen bis nach hundert Jahren ruhig und zufrieden in ihren Hütten und Häusern wohnten. Wir danken daher unserm Gott und Allerhöchst Seiner Majestät dem Kaiser, der uns nicht nur in ein gutes Land versetzt, sondern auch ein ganzes Jahrhundert vor Krieg, Feuer, Wasser und Hungersnot und allen schweren Landplagen väterlich beschützt hat. Wir danken aber auch unserem löblichen Magistrate, der nicht nur unsere Väter huldreich aufgenommen, sondern auch bis auf gegenwärtige Zeit vor aller Ungerechtigkeit beschützt und alle unsern bürgerlichen Gerechtsame nie gekränkt hat.“
„Wir bitten daher einen löblichen Magistrate und unsere Hochwohlehrwürdige Geistlichkeit. So wie alle Wohlgeborene Herren, welche zu diesem Fest bereits eingeladen worden sind, sich mit uns zu vereinigen und einige Freudenstunden mit uns in dem Hause zu genießen, in welchen unsere Großväter nach vollbrachter Wanderschaft hier das erste Obdach fanden.“
Diese, rücksichtlich ihres Verfassers, wahrhaft sinnige Anrede erwiderte der damalige Magistrats-Präses Senator Joseph v. Huffern, mit gleicher Wärme, mit gleicher Anerkennung dessen, dass auch die Eingewanderten die übernommenen Verpflichtungen treu und redlich geöst hatten und dass die sechshundert Jahre früher nach Siebenbürgen eingewanderten, die sächsische Nation bildeten, deutschen Colonien, sich nur zu freuen Ursache hätten über die, durch die spätem deutschen Ankömmlinge ihnen zugegangene Verstärkung. Der Magistrats Präses schloss seine Rede, indem er dem Sprecher der Eingewanderten die hand reichte und sie mit einem treuherzigen Handschlag den Bund neuerdings besiegelte, den vor hundert Jahren unsere Väter geschlossen.
Die ganze Versammlung verfügte sich sofort in den städtischen Saal. Wo ein Transparent aufgestellt war, welches unter dem Schutz einer Krone nebst der Jahreszahl 1743, die Symbole der Künste und Wissenschaften und die Haupterträgnisse des Landes darstellte.
Im Saale angekommen, wurde zunächst von der ganzen Versammlung das nachfolgende von Herrn Michael Gestalter, evangelischer Pfarrer zu Deutschpian und Abkömmling der Eingewanderten, gedichtete Lied nach der Weise: „Vom hoh’n Olymp“ mit begeisterter Wärme abgesungen.
Lied zur Secularfeier der Baden-Durlach’schen Eingewanderten am 6 Januar 1843
Stimmt an ein frohes Lied, ihr deutschen Brüder!
Der frommen Rührung sei’s geweiht;
Nach hundert Jahren scheint der Tag uns wieder,
der unsre Väter hier erfreut.
Chor:
Zum Himmel hoch schalle die Freude empor,
Stammesgenossen im Jubelchor!
Vom fernen Rhein her kamen sie gezogen,
verließen Herd und Vaterland;
Und fanden Brüder, (Sachsen) ihnen hier gewogen,
von deutschen Blut und stammverwandt.
Chor.
Da schalle die Freude zum Himmel empor,
hoch deutsche Brüder im Jubelchor.
Mit Tränen riss der Vater von dem Sohne
Die Schwester sich vom Bruder los;
Ein Obdach suchend, wo er glücklich wohne;
Hier winkle ihm ein freundlich Loos!
Chor:
Hier schalle die Freude zum Himmel empor,
hoch deutsche Brüder im Jubelchor!
Dort will der Boden Pflicht und Dienst versagen,
es wächst die Furcht, es drängt die Not
(Übervölkerung und Mangel an Nahrungsmittel soll sie
zum Auszug genötigt haben)
Die neue Heimat stillte ihre Klagen,
gab Raum genug und reichlich Brot.
Chor:
Hier schalle die Freude zum Himmel empor
Hoch süße Heimat im Jubelchor!
Doch unsere Ahnen an dem Wanderstabe, –
Bald ihres Lebens Sonne sank,
Sie ruhen längst schon alle in dem Grabe,
uns Freunde, uns gebühr der Dank!
Chor:
Hoch schalle die Freude zum Himmel empor,
dankender Bruder im Jubelchor!
Dank unserem hohen deutschen Kaiserthrone,
der huldvoll uns zur Heimat wies;
Im milder Glanze seiner Herrscherkrone
uns gnädigst Recht und Schutz verhieß.
Chor:
Für Österreich schalle die Freude empor,
hoch deutsche Brüder im Jubelchor!
Dem Fürsten Heil! Der seine Völker stützet,
auch unsere kleine Schar bewacht;
Den Glauben uns und Fried‘ und Wohl beschützet,
Ihm sei ein dreifach Hoch gebracht.
Chor:
Ferdinand hoch zu dem Himmel empor,
hoch deutsche Brüder im Jubelchor!
Die deutsche Treue lasset uns bewahren,
die deutsche Tugend, deutsches Wort;
Und deutsche Mut nie sinke in Gefahren,
Gott unser Schuld und unser Hort!
Chor:
Zum Himmel hoch schall‘ unsre Freud empor,
Gott unser Schuld! In dem Jubelchor!
Auch denen, die uns freundlich hier empfangen,
reich brüderlich die treue Hand;
Uns Alle hält ein schönes Band umfangen,
Ein Glaub‘ Ein Wort, Ein Vaterland.
Chor:
Für sie nun auch schalle die Freude empor,
Vaterland hoch! in dem Jubelchor!
Und anderer Nachwelt sei dies Lied gesungen,
dem späten Enkel sei’s gebracht;
Und wenn es längst im Zeitensturm verklungen,
so werde sein doch noch gedacht.
Chor:
Zum Himmel hoch schall‘ unsre Freude empor,
hoch unsre Enkel im Jubelchor!
Sofort aber trat der genannte Herr Pfarrer hervor und hielt in Folge der von seinen Stammesgenossen an ihn ergangenen Aufforderung, wie immer, wenn er den Rednerstuhl besteigt, mit der ihm eigenen hinreißenden Wärme die bereits angeführte Rede.
Dieses Lebehoch wiederholte begeistert die Versammlung, indem sie unter Begleitung einiger Instrumente, in frommer Andacht das Volkslied sang. Diesem folgte das nachstehende von Herrn Professor Battenseilör gedichtete Lied, welches nach der Melodie des deutschen Volksliedes: „Wo Mut und Kraft in deutschen Seelen flammen etc.“ abgesungen wurde.
Willkommen uns aus fernem Mutterlande
Willkommen uns im neuen Vaterland!
So reichten einst zu innigem Verbande
Sich unsere Väter brüderlich die Hand.
Ob sie auch hingeschieden,
weilt doch ihr Geist hienieden,
Nach hundert Jahren ruft die Enkelwelt
Noch heil dem Band, das uns umschlungen hält.
Der teuren Väter ewig treue Söhne
Lasst ferner wahren uns den Brudersinn
Den Weh des Freudens fließe unsr’e Träne
Sein Wohl sei, Bruder, für uns Hochgewinn
Drum fester Volksgenossen
Den Bruderbund geschlossen!
Dann segnet einst auch unsre Enkelwelt
Den Bruderbund, der uns vereinigt hält.
Ein Häuflein sind wir fern vom Mutterstamme
Von mancher drängenden Gefahr bedroht;
Doch heilig bleibe uns der deutsche Name,
Wir schützen ihn auf Leben und auf Tod!
Drum fester Volksgenossen,
Den Bruderbund geschlossen!
Dann segnet deutsch geblieb’ne Enkelwelt
Den Bruderbund, der uns vereinigt hält.
Die große Zeit muss uns vereinigt finden
Soll Nationenwohl uns schön gedeihn,
Der Vorurteile dumpfe Nacht entschwinden,
Der Selbstsucht niedre Tat geächtet sein.
Drum fester Volksgenossen
Den Bruderbund geschlossen,
Dann segnet noch die späte Enkelwelt
Den Bruderbund, der uns vereinigt hält.
So reichen wir uns brüderlich die Hände
Begeistert stimmen alle wir mit ein:
Des biedern deutschen Namens soll kein Ende
In unserm teuren Siebenbürgen sein!
Dann segnen uns die Manen
Längst hingeschied’ner Ahnen;
Dann segnet bied’re deutsche Enkelwelt
Den Bruderbund, der uns vereinigt hält.
Der Feier folgte ein gastliches Mahl, mit welchem die Festgeber die Versammlung bewirteten. Von den vielen sinnigen Toasten, durch welche das Mahl gewürzt wurde, führen wir, um den Nachkommen, welche es wohl wissen werden, dass ihre Urgroßväter einen dem Siebenbürgischen unähnlichen Dialekt geredet haben, den sie aber gewiss nicht verstehen, eine kleine Probe jenes Dialektes zu hinterlassen, einen in der Baden-Durlach’schen Mundart an.
Um jedoch die richtige Aussprache der Wörter zu erleichtern, einige Bemerkungen.
1. Wird das a auf zweierlei Art ausgesprochen, einmal ie das ungarische a‘ , dann wie das ungarische a.
2. Wird das ie zum Teil wie das deutsche lange i z.B. in „dieser“ ausgesprochen, zum Teil getrennt und klingt dann si wie ie im lateinischen Worte hiems.
3. Wird das B. D.und S gewöhnlich etwas schärfer gesprochen als im Hochdeutschen. Um zu zeigen, wo diese Unregelmäßigkeiten vorkommen, bezeichne ich das Hochdeutsche a so a‘, das andere sc a ohne Accent, das ie als einen Vocal ohne das Trennungszeichen, ie als getrennte Vocale mit Trennungszeichen so ie.
Mini Herre !
Bevor die Sproch, die vor hundert Johre unri Verfahre g’redt han,gans vergasse wurd, lehn mi noch in dare Sproch e G’sundheit trinke, Alli Ditsche, die in unserm Siebenbürgen wohne, ob si vor siebenhundert Johre, oder nur vor hundert i’g’wandert sin, solle labe, aber aü salli, die was nit i’g wandert sin und in unserm Stammland wohne, solle labe. Unser Herrgott erhalt alli, die e ditschi sproche rede.
Dankbar müssen wir noch erwähnen der warmen Teilnahme, die alle Mitbürger Mühlbachs an diesem Feste gezeigt haben, aber zum innigsten Danke fühlen wir uns vorzüglich verpflichtet gegen den Herrn Stadtpfarrer Joseph Filtsch, welcher, nachdem er früher der Stadt eine summe von 600 Rfl. Zur Unterstützung armer Beamtens-Witwen geschenkt, diese Gelegenheit ergriff, um auch der deutschen Vorstadt ein verhältnismäßig ähnliches Geschenk zu Bieten. Seine edle Absicht wird gewiss durch die treue uneigennützige Verwaltung derer, die jene Summe übernommen und durch die zweckmäßigste Anwendung derselben belohnt werden .
Mit dem anfangs ausgesprochenen Wunsche: es möchten diese Blätter für Abkömmlinge der Eingewanderten ein Denkmal ihrer Secularfeier und ein Denkmal der Einwanderung sein, schließen wir. Möge auch das gemütliche Band zwischen den hiesigen Deutschen und ihrem Stammlande durch keine Zeit ganz aufgelöst werden; dann wird obgleich die Sonne dort uns untergeht, das Licht der Wissenschaft und Kunst, das Licht des Glaubens von dort her uns ewig aufgehen.
Herzlichen Dank an: Herrn Christof Baiersdorf und Frau Sigune Danek, für das zur Verfügung gestellte Material.
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