Erinnerung an die Lehrbubenjahre (Teil III)


In den folgenden Zeilen möchte ich in der Zeit zurückgehen um einiges aus dem „Praktikum“ dieser 3 Jahre zu erzählen.

Ein Teil der Arbeiten die auch von Elektrikern bewältigt werden musste war die Fertigung und Montage von Blitzableitern und Erdungen. Beginnen wir mit Erdungen. Als allgemeine Information gilt eine Erdung ist eine Verbindung zur Erde über die der Strom einer defekten Maschine, Haushaltsgerätes oder jeglicher aus versehen unter Spannung gekommener Metallteile abfließen kann, um keine Gefahr für Leib und Leben darzustellen. Natürlich waren die Materialien und Bauweise in dieser Zeit viel primitiver als heute. Eine der Baustellen wo eine Bestellung zum bau einer Blitzableiteranlage errichtet werden sollte, war die Tischlerei „Leibli“ am Holzplatz. Der Erste Tag verging mit Besichtigung des Objektes und mit Aus- messungen zur Ermittlung des benötigten Materials. Das es durchaus nicht länger als 2 Stunden in Anspruch genommen hätte ist wohl jedem klar, aber so ging das eben bei der UNIREA, was ich noch reichlich feststellen sollte. Na gut. Am nächsten Tag gingen wir zum Warenlager der Bauabteilung um Material zu holen. Da wir einige Meter an verzinktem Rohr und einige Meter Betoneisen benötigten brauchten wir für den Transport einen LKW. Aber wie das gang und gebe war, stand an diesem Tag keiner der beiden zur Verfügung. Beide waren am Bahnhof im Einsatz den angelieferten Zement in das Lager aus der Teichgasse zu Transportieren. Lagerist war um diese Zeit Herr Damian aus der Quergasse. Na gut wurde eben an diesem Tag nichts mit dem Transport. Also packten wir unsere Werkzeug Taschen auf die Fahrräder und fuhren zur Tischlerei um wenigsten Anwesenheit zu zeigen und eventuell sogar noch mit der Arbeit zu beginnen. Bis wir da waren stand die Mittagssonne schon hoch am Himmel. Mein Meister zeichnete auf dem Boden die Länge des benötigten Grabens für die Erdleitung an, und wir begannen mit Schaufel und Krampen (Pickel) einen Graben mit den Massen von: B 40 cm, T 100 cm und einer Länge von 10 Meter entlang der Mauer des Gebäudes zu buddeln. Heut zu Tage würde man einen Minibagger nehmen, aber damals war alles noch Handarbeit. Nach einer guten Stunde war ich fix und fertig, die Sonne knallte auf uns herunter und ich war auch nicht gewöhnt an solche Arbeit. Mein Meister hatte aber anscheinend auch die Schnauze voll und war unter dem Vorwand ins Büro zu müssen verschwunden. Bevor er ging sagte er mir ich sollte noch machen was ich könnte und danach heimgehen. Um es kurz zu machen an diesem Graben vergingen noch Tage der Schufterei wen man bedenkt dass der Boden fast im ganzen Stadtgebiet sehr steinhaltig ist.

Nach zwei Tagen bekamen wir den LKW um das Material auf die Baustelle zu transportiere. Ein Kleinlaster der Marke „ Molotow“ russischer Produktion. Bis das Material an Ort und Stelle war, verging wieder fast ein ganzer Tag.

Die nächsten Tage hatten wir den Graben fertig, die Rohre in je 2 Meterstücke gesägt (von Hand), und diese im Abstand von einem Meter senkrecht in dem Graben in den Boden Gerammt. (mit einem 10 Kg Vorschlaghammer). Jetzt wurden die Rohrpfähle im Graben miteinander verbunden mittels eines Flacheisenbandes, das an jedem Pfahl fest geschweißt wurde. Das eine Ende führten wir an der Wand hoch, so dass es ein Stück aus dem Erdreich ragte und als Verbindungsstelle für den Leiter der Blitzableiteranlage diente. Das war bis jetzt alles harmlos, was nun folgte war wirklich gefährlich und schwierig. Die drei Blitzableiterspitzen mussten auf der ganzen Länge des Gebäudes gleichmäßig verteilt werden.

Eine an den jeweiligen Enden und eine genau mittig. Das Gebäude hat eine Länge von etwa 40 Meter die Spitzen montierte man immer auf dem First das hatte die Folge das der Leiter der die Spitzen verband auch über den First geführt werden musste. Diese Leiter wurden durch große Nägel die am Ende eine Öse hatten gezogen. Das Dach war mit Dachziegeln (Dachpfannen) gedeckt und die First- Ziegeln waren ebenso aus Keramik. Jetzt begann die Turnerei. Die Dachrinne war in einer Höhe von etwa 6 Meter, der First dementsprechend höher. Bewaffnet mit einer Hand- Bohrmaschine und einer Hosentasche voll Metallbohrer, wagten wir uns, durch ein Paar hochgeschobenen Dachziegeln, hinauf in luftige Höhen. Ich will jetzt die Angst und das Schwindelgefühl nicht mehr weiter vertiefen. Also wurden die Löcher für Spitzen und Halter gebohrt und diese Montiert. Danach der Verbindungsleiter mit allen Spitzen verbunden und das Dach herunter bis zur Verbindungsstelle. Dieser Blitzableiter ist auch heute noch nach über 40 Jahren in Funktion und wen man über den Holzplatz schreitet und seinen Blick auf das Gebäude der gewesenen Tischlerei „Leibli“ richtet, kann man ihn sehen. Zu dieser Baustelle, und vielen anderen folgenden möchte ich noch sagen dass die meiste Arbeit von den Lehrbuben gemacht wurde, die in den meisten Fallen unter sehr prekären Sicherheitsbedingungen ausgeführt wurde. Aber um diese Zeit nahm man das noch so hin. Die Meister um diese Zeit standen Fast alle kurz vor der Pensionierung, und waren noch von der „alten Garde“, dem zu Folge mussten die Lehrbuben auch schon mal privat bei den Meistern Daheim mit anpacken. Das ging vom Aufräumen über Garten umgraben bis Kartoffeln hacken und noch vieles mehr.

Die Lehrmädels und Jungs wurden auch für kulturelle Zwecke herangezogen. Als Beispiel

Erwähne ich die „ Brigada artistica de agitatie“. Das ging alle drei Lehrjahre das man sich vorbereiten musste für den „Concurs“ auf Stadtebene, Kreisebene und Landesebene.

Dann kam noch dazu das vom UTC aus eine kulturelle Aktivität von jedem Betrieb gefordert wurde.

Also alles in allem, waren die Lehrbubenjahre kein Zuckerlecken. Aber im nach hinein muss man sagen das alle Handwerke die vertreten waren von der Picke auf gelernt wurden. Um die Zeit wurde nicht nur neues gemacht sondern in allen Bereichen großer Wert auch auf die anfallenden Reparaturen gelegt wurde. Und wen ich sage Reparatur, dann meine ich nicht mit alt durch neu ersetzt, sondern repariert im waren Sinne des Wortes.

Hier beende ich diese Zeilen mit Erinnerungen aus meinen Lehrbubenjahren, obwohl noch viel dazu zu sagen wäre.

ENDE

Horst Theil

Erinnerung an die Lehrbuben- Jahre (Teil II)


Diese Berufsschule bildete die verschiedensten Berufe der Zentrale der Handwerkergenossenschaften  für ganz Rumänien aus. So die Berufe: Elektriker, Schuster, Herren und Damenfriseure, Goldschmiede und Spengler.

Die Klasse der Friseure war überwiegend mit dem Weiblichen Geschlecht belegt. Die Mädels hatten natürlich ihren eigenen Schlafsaal und den eigenen Raum für Spinde so wie Badezimmer.

Das Schultor war durch  Pförtner gesichert die im Schichtbetrieb rund um die Uhr gegenwärtig waren. Dasselbe galt auch für die Pädagogen (Erzieher) vormittags und nachmittags je zwei, in der Nachtschicht nur einer der auch ein Schlafzimmer zur Verfügung hatte.  Über den Unterricht und Schulablauf muss ich nicht extra erzählen, den der war wie in jeder Schule in der Kommunistischen Ära.  Der Tagesablauf der Internatschüler war in dieser Schule, da sie spezielle Bedingungen bot, ein wenig gewöhnungsbedürftig. Wie schon erwähnt begann der Tag mit dem Aufwecken, es folgte die morgendliche Körperertüchtigung (Înviorare) dann folgte die Morgentoilette und schließlich im Hof das in Rei` und Glied aufstellen um abzuwarten bis einem die Reihe kam das Frühstück einzunehmen, dass zwischen 7:00 Uhr und 7:45 Uhr begrenzt war. Und das bei egal welchem Wetter. Der Unterricht begann um 8:00 Uhr. Das Mittagessen Begann um 12:00 Uhr und lief nach demselben Schema ab. Danach um 13:00 Uhr noch zwei drei Stunden Unterricht. Nach beenden des Unterrichtes folgte zwei Stunden lang Hausaufgaben machen (meditatie). Nach dem auch das erledigt war hatten alle Freizeit zur freien Verfügung die wiederum zum Wäschewaschen per Hand im Badezimmer geschehen musste. Wäschereitdienst gab es nur für die Bettwäsche die jede Woche gewechselt werden musste. Wer nicht waschen musste oder Schuh putzen, der verbrachte die Freizeit im Hof mit Fußball, oder in kleinen Gruppen auf den Bänken im Hof mit Gesprächen bis es wieder hieß aufstellen für das Abendbrot das von 17 bis 18 Uhr ausgegeben wurde.

Nach dem Abendbrot verbrachten noch einige ein wenig Zeit im Hof oder im Keller jeder bei seinem Schrank um etwas zu ordnen oder einfach so weil das die die einzige Stelle war die einem persönliche Verbundenheit gewährte.

Da in dem Riesigen Kellergewölbe verbrachten alle die kurze Zeit bis zur Bettruhe die um 21:00 Uhr mit dem Ausknipsen des Lichtes eingeleitet wurde.

Im Keller wurde auch heimlich geraucht, was meistens zur Ausgangssperre für den nächsten Sonntag führte. Die Zigarettenkippen schoben wir unter den Schrank als Reserve. Wenn kein Geld mehr da war, holte man diese hervor und drehte aus deren Resttabak mit Zeitung eine Riesenzigarette, die dann wie eine Friedenspfeife die Runde machte.

Auf dieser Schule bahnten sich auch die ersten Liebeleien an. Wir hatten ja eine ganze Klasse Mädchen bei den Friseuren. Die Pädagogen versuchten ja immer so etwas zu unterbinden, aber bekanntlich hat ja die Liebe keine Grenzen und der Erfindungsgeist war schon immer groß wen es darum ging etwas Verbotenes trotz allen Hindernissen zu machen. Man traf sich auf dem Hof in unübersichtlichen Ecken, man tauschte Liebesbriefe über geheim vereinbarten Stellen wo man den versteckte und nur der Andere wusste und diesen an der Stelle fand.

Das beste und schönste war wen man sich nach Langersehnten Tagen, an einem Sonntag, wen beide Ausgang hatten, in der Stadt traf um gemeinsam ins Kino zu gehen. Da war es perfekt. Man war anonym, und es war dunkel. Da konnte man Händchen halten, sich küssen und ein bisschen Zärtlichkeiten austauschen, eben so gut es ging.

Das waren auch die einzigen Annehmlichkeiten  die einem hier zur Verfügung standen. Da es Herbst war, wurden wir auch in dieser Schule, so wie in allen aus Rumänien dieser Zeit, zur „Freiwilligen Arbeit“ auf die Felder rund um Arad gefahren.Das war bitter für die Internatsschüler, den danach musste die versaute Kleidung und Schuhe wieder auf Hochglanz gebracht werden, da man hier nicht Daheim war und keine Ersatz Kleidung für Arbeit hatte.

Des weiteren war das Essen in der Internatskantine so berechnet das minimale kosten für den Staat entstanden. Dem entsprechend war auch die Menge aber besonders die Qualität die darunter zu leiden hatte. Mit der Zeit kannten wir die Köchinnen gut. Eine davon, eine dicke Banater Schwäbin hatte mich ins Herz geschlossen und so bekam ich manchmal einen Teller Spiegeleier oder anderes beim Abendessen übrig gebliebenes, das ich dann mit den Kollegen aus Mühlbach Abends im Keller teilte. Die Pakete die jeder ab und zu von Daheim bekam wurden auch unter allen Mühlbachern redlich geteilt und da nie alle gleichzeitig kamen hatten wir immer ein bisschen Reserve an zusätzlichem Essen.

Nach diesen Zeilen können sie sich ein grobes Bild von den Bedingungen und dem Alltag in der Berufsschule die ich besuchte machen. Unser Glück war das wir jedes der drei Jahre nur jeweils für drei Monate hierher mussten. Den Rest des Jahres mussten wir bei der UNIREA arbeiten, das so genannte Praktikum.

Am Ende des dritten Jahres hatten wir die Abschlussprüfung, die ich dann auch bestand.

Die Diplome wurden uns ausgehändigt.

Nun hatte ich die Ausbildung zum : „Elektriker für industrielle und private Elektroinstallationen“ in der Hand. Die Reise konnte als Geselle nach Hause in ein privates Leben beginnen.

 

Horst Theil

 

 

Erinnerung an die Lehrbuben- Jahre (Teil I )


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Lehrbuben im Bergbau 60-er Jahre

(Foto: SV-Bilderdienst)

 

Erinnerung an die Lehrbuben- Jahre

Das Jahr 1967 war in meinem Leben für mich ein Wendepunkt. Nach  dem ich nach der Beendung der achten Volkschulklasse bei der Aufnahmeprüfung für das Lyzeum, mit Pauken und Trompeten, durchgesegelt war, kam die Frage: was nun?

Es bestand die Möglichkeit diese Prüfung im Herbst zu wiederholen, oder Jen Weg einen Beruf zu erlernen. Diese Entscheidung stand mir nun bevor. Natürlich hatten meine Eltern den Wunsch dass ich den Sommer über weiter lernen sollte, und mich im Herbst wieder der Herausforderung stellen sollte. Nach einigen Tagen und heftigen Debatten, hatte ich mich entschieden einen Beruf zu erlernen da ich keine Lust, zum lernen mehr hatte. Für meine Eltern war diese Entscheidung natürlich nicht erfreulich, aber nach einigem Zögern stimmten sie dann widerwillig zu.

Wo erlernte man in Mühlbach einen Beruf? Natürlich bei der Handwerkervereinigung UNIREA. Mein Vater ging in den nächsten Tagen da vorbei und kam mit der Botschaft dass die Möglichkeit bestand hier den Beruf des Autoelektrikers zu erlernen. Ich sollte mich am nächsten Montag um 7 Uhr bei der Autowerkstatt der Kooperative vorstellen. Der Leiter der Werkstatt war um diese Zeit Herr Santei Dorin. Also ging ich Montag pünktlich dahin. Nach der spärlichen Begrüßung, wurde ich einem Gesellen zugeordnet, der mich dann in die Geheimnisse dieses Berufes einweihen sollte.

Diese Werkstatt befand sich in der äußeren Sikulorum gegenüber der neuen Post. Diese Straßenseite sollte danach im laufe der Systematisierung komplett abgerissen werden. Die ersten Tage vergingen normal. Es waren mit mir noch 4 Lehrbuben die gleichzeitig angefangen hatten. Dann wurden wir immer öfters für Arbeiten die nichts mit dem Beruf zu tun hatten eingesetzt. Das ging von den Gruben, die sich unter den Arbeitsrampen befanden, vom Schlamm und Dreck gemischt mit Altöl zu säubern bis Einkäufe für das Personal zu tätigen. Ja wir waren halt nur Lehrbuben und mussten uns den Gesellen und dem Meister unterordnen. Eines Tages kam der Personalchef vom Büro und verkündete uns dass wir nächsten Monat zur Aufnahmeprüfung für die Berufsschule nach Broos müssten.  Na ja, also Daheim angekommen erstattete ich Bericht über das bevorstehende Ereignis. Da bis zum ersten des nächsten Monats nur noch eine Woche Zeit war, nutzte ich diese um noch schnell meine Kenntnisse aufzufrischen. Einen Tag vor der Abreise nach Broos, packte mir meine Mutter eine Reisetasche mit Wäsche und Essen für zwei Tage. Am nächsten Morgen stiegen noch mehrere Lehrlinge zusammen mit mir in den Bus Hermannstadt – Deva, der auch in Broos Haltestelle hatte. Die Fahrt verlief eigentlich gut, mal abgesehen vom überfüllten Fahrgastraum und den Mannigfaltigen Gerüchen die durch den Bus zogen. Obwohl das ein Fernbus war, wurde um diese Zeit von Küken bis Lämmer fast alles als Gepäck mitgeführt. Daher die Gerüche. Nach etwas über einer Stunde Fahrt stiegen wir aus dem Bus und marschierten in Richtung Brooser Lyzeum wo die Prüfung stattfinden sollte. Nach etwa 20 Minuten erreichten wir das Lyzeum und meldeten uns da in der Kanzlei. Es wurden uns Schlafplätze in dem Internat das sich auch auf dem Schulgelände befand, zugewiesen. Das war ein Raum mit 10 Betten und Spinden. Also suchte sich jeder meiner Mühlbacher Leidensgenossen ein Bett und einen Spind aus, wo wir unsere mitgebrachten Sachen verstauen konnten.

Nach einer halben Stunde kam jemand und verkündete dass die erste Prüfung schon bald beginnen würde und wir uns in dem und dem Klassenzimmer versammeln sollten. Na Prosit dachte ich, das geht ja schon gut los. Über diese zwei Tage verteilt fanden die Prüfungen in den verschiedenen Fächern statt. Am Nachmittag des Zeiten Tages sollten die Listen mit den Bestanden und den Durchgesegelten Namen, auf die verschiedenen Berufe unterteilt, veröffentlicht werden. Das geschah an der großen Pinnwand die sich im Hauptflur des Gebäudes befand.

Alle anwesenden studierten am späten Nachmittag die Listen, und nach und nach entfernten sich alle die sich auf einer der Listen entdeckt hatten. Mir lief es eiskalt über den Rücken ich konnte mich auf keiner Liste der Autoelektriker entdecken, nicht bei Bestanden und nicht bei den durchgesegelten. Ich ging zaghaft zur Kanzlei und fragte was mit mir nun los ist, bestanden oder durchgefallen. Man verwies mich auf den Aushang. Als ich nun sagte dass ich auf keiner Liste stand, fragten sie nach dem Namen und blätterten ihre Unterlagen durch. Nach einer Weile wurde mir gesagt dass ich bei den Elektrikern auf der Liste stand und dass ich bestanden hätte. Einerseits verblüfft, Andererseits aber doch froh das ich durchgekommen war, verließ ich schnell das Gebäude und holte meine Sachen aus dem Internat. Ich wollte nicht mehr bis 8 Uhr Abends warten und den letzten Bus in Richtung Mühlbach nehmen, sondern ich ging an die Landstraße um mit Gelegenheit Heim zu fahren. Heute würde man sagen, per Anhalter oder Autostopp.

Irgendwann spät Abend langte ich Daheim an und berichtete meinen Eltern die Sachlage. Die hatten auch zwiespältige Gefühle. Daher ging ich am nächsten Morgen stracks zum Büro der Personalverwaltung der Genossenschaft und schilderte was ich wusste. Der Herr Truta der Personalchef erklärte mir dass beschlossen wurde mich zum Elektriker und nicht zum Autoelektriker auszubilden, man aber vergessen hatte mir das mitzuteilen. Schön. Also hatte ich ab sofort ein anderes Ausbildungsprofil. Der Chef guckte zufällig durch das Hoffenster und sagte mir ich soll schnell mit ihm gehen, denn mein künftiger Meister und Ausbilder wäre gerade im Hof, und bei dieser Gelegenheit könnte er mich gleich vorstellen und die Übergabe meiner Bescheidenheit an diesen vollziehen.

Die Überraschung war groß als sich herausstellte das es Herr Ernest Peppel war den ich schon von früher sehr gut kannte. Nach gegenseitigem begrüßen war der Tag für mich gelaufen. Herr Peppel sagte mir ich soll heute nach Hause gehen und am nächsten Morgen zu Ihm nach Hause kommen, aber nicht vor 8 Uhr. (?) Na gut mir sollte es Recht sein. Ich fuhr anschließend mit dem Fahrrad zu „meiner alten Werkstatt“ und erzählte auch dort was ich erlebt hatte. Anschließend nahm ich noch meine restlichen Sachen die noch da waren und Schlug den Heimweg ein.

Pünktlich um 8 Uhr war ich an Ort und Stelle bei Herr Peppel. Unser erster Weg führte uns in das Warenlager der UNIREA, um ein bisschen Werkzeug für mich zu holen. Anschließend musste mein Meister noch Bürokram erledigen und ich wartete so lange und lernte auch die Angestellten der Bauabteilung bei dieser Gelegenheit kennen. Das Büro war mit drei Personen besetzt: Herr Besoi, Herr Acker und Herr Gogesch. Der Vorsitzende der UNIREA war um diese Zeit Herr David und zwei Vizevorsitzende Herr Wolfgang Leibli und Herr Habean.

Nach dem mein Meister hatte irgendwann seinen Bürokram erledigt und es ging zu meiner ersten Baustelle in diesem Beruf. Diese war bei dem allen Mühlbachern bekannten Apotheker Herr Alesi. Der Grund unseres Kommens war eine defekte alte Wasserpumpe, die für 110V ausgelegt war, und jetzt über einen Trafo an der neuen Netzspannung von 220V angeschlossen war. Es stellte sich heraus das der Trafo defekt war und auch ein Teil der veralteten Elektroinstallation, so das wir da noch einige Tage zu tun hatten. So ging mein Erster Arbeitstag zu Ende.

Ich will ihnen nicht weitere Einblicke in die folgenden Tage und Wochen gewähren, da es zu langweilig  wäre. Irgendwann erfuhr ich vom Büro aus dass am Ersten September das Schuljahr in der Berufsschule der UCECOM beginnen würde und ich für 3 Monate nach Arad im Banat müsste.

Die Tage und Wochen vergingen und der Tag der Abreise nach Arad rückte immer näher. Damit auch alles seine Richtigkeit haben sollte, fertigte mir Onkel Dany einen Holzkoffer an, so wie man früher beim einrücken zum Militär benutzte. Dieser wurde dann von meiner Mutter gepackt. In de Koffer packte meine Mutter Unterwäsche, Kleider, ein Paar Schuhe und der übliche Krim- Kram den man für einen längeren Aufenthalt in der Fremde benötigte. In eine separate Tasche kam das Essen für den Weg.

Am Tag der Abreise Morgens um 4 Uhr stand ich auf und nach Frühstück und reichlicher Verabschiedung, schleppte ich mich mit dem schweren Koffer und der Tasche in Richtung Bushaltestelle gegenüber vom Kino, von wo ich den Bus zum Bahnhof von Alwinz nahm. Der Bus hielt in Höhe des Bahnhofes auf offener Landstraße an einer Haltestelle an. Von da musste man über die Gleise zum Bahnhofgebäude marschieren. Schwer keuchend kam ich da an und kaufte mir am Schalter eine Fahrkarte bis Arad. Alle Lehrbuben aus Mühlbach waren schon da oder kamen gleichzeitig mit mir da an. Bis der Zug kommen sollte war noch etwas über eine Stunde Zeit. Also ging man in das Bahnhofsrestaurant. Zwei Tische wurden zusammen geschoben so dass wir alle gemeinsam am Tisch sitzen konnten. Bei Fruchtsaft oder einem Glas sauer gespritztem Wein, wurde diskutiert über das was noch auf uns zukommen sollte. Mit dem Blick auf die Uhr merkten wir das es an der Zeit war auf zu stehen und auf den zuständigen Bahnsteig zu gehen. Da kam auch schon die Ansage über Lautsprecher dass der Zug in den Bahnhof einfährt. Als dieser zum stehen kam, bemühten  wir uns mit den klobigen und schweren Koffern ein leeres Abteil zu ergattern. Sitzplätze wurden bei diesem Personenzug keine vergeben also auf Gutglück. Wir hatten noch nichts gefunden da ertönte schon der Pfiff des Schaffners zur Abfahrt. Mit einem heftigem Ruck und schnaubender Dampflok begann unsere Fahrt ins ungewisse. Nun standen wir und unser Gepäck, wie an einer Perlenkette aufgereiht, auf dem engen Flur des Waggons. Fahrgäste zweigten sich mit ihrem Reisegepäck immer wieder an uns vorbei. Alle suchten das Gleiche wie wir, nämlich einen Sitzplatz. Dieser Zug bestand aus altersschwachen Waggons die meistens noch mit Holzbänken ausgestattet waren und einer Dampflokomotive  die auch mal bessere Tage erlebt hatte. Aber so war das eben um die Zeit, die besseren Waggons und Lokomotiven brauchte man für die Schnellzüge. Die Gleise waren um die Zeit noch nicht verschweißt und so spürte man jedes mal einen Stoß wen die Räder des Waggons über die Übergangstellen von einem Schienenstrang auf den darauf folgenden  wechselte. Dazu kam noch das schlingern des Zuges dass mit zunehmender Geschwindigkeit immer stärker wurde.

Na ja, wir waren unterwegs. Ich möchte noch erwähnen das diese Personenzüge an jeder nur erdenklichen Haltestelle halt machten um die Personen aus den angrenzenden Dörfern auf zu nehmen oder absteigen zu lassen. Dem entsprechend verlängerte sich die Reise mit diesem Typ von Zügen. Wir hatten aber Glück den der nächste größere Ort war Deva und hier hielt der Zug ein paar Minuten länger. Zum einen weil er einen entgegen kommenden Lastzug vorbeifahren lassen musste und zum anderen, viele Personen abstiegen, aber zu unserem Glück nicht viele aufstiegen.

Endlich leerte sich ein Abteil und wir konnten nun unsere Reise im sitzen fortsetzen. Die Landschaft war schön. Durch das Maroschtal schlängelte sich die Bahn fast immer parallel zum sich gemächlich schlängelnden Fluss. Die Reise ging über Lippa (Lipova) in Richtung Arad wo wir am Späten Nachmittag ankamen. Schon ziemlich müde schleppten wir uns auf den großen Platz vor dem Bahnhofsgebäude.

Was nun? Wir hatten zwar die Adresse der Schule auf einem Zettel aber keiner von uns wusste wie man hin gelangen sollte. Für mich war diese Großstadt so wieso ein wenig unheimlich. Der Große Verkehr, die vielen Autos, Busse, und auch noch Straßenbahnen. Ich war bis dato in keiner so großen Stadt, außer 2 mal in Hermannstadt.  Wir fragten einen und den anderen ob man uns helfen könnte aber komischer weise wusste niemand wo die Straße, oder gar die Schule war. Am Bahnhof waren auch sehr viele Taxis aber wir hatten nur unser Taschengeld, was nicht gerade ein Vermögen darstellte. Also verzichteten wir auf Taxis. Aber zu unserem erstaunen stieg ein bärtiger Taxifahrer aus einem der parkenden Taxis und näherte sich unserer Gruppe.

Er fragte wo wir den hin wollten, er hatte uns nämlich schon länger beobachtet wie wir die Leute um Auskunft baten. Er hatte einen stark ungarischen Akzent. Wir erklärten im das wir nicht viel Geld hatten und uns eine Taxifahrt nicht erlauben konnten. Dieser lächelte und sagte dass er so etwas vermutet hätte und er wisse dass die Schulkinder nur wenig Taschengeld haben und es für andere Dinge benötigten. Wir sollten ihn aber doch sagen wo wir hin wollen. Na gut wir sagten ihm die Adresse. Er zog einen Notizblock und begann zu kritzeln als es fertig war erfuhren wir das er auch in dem Viertel der Stadt wohnte und als Taxifahrer Arad wie seine Westentasche kannte. Er gab uns den Zettel in die Hand und erklärte und welcher Bus dahin fuhr und bei welcher Haltestelle wir dann aussteigen mussten. Wir waren diesem Mann sehr dankbar. Also nahmen wir den entsprechenden Bus und zählten die Stationen ab und stiegen aus. Nach ein paar Fragen in der Runde wussten wir Bescheid dar wir 10 Minuten Fußmarsch vor uns hatten. Bald sahen wir den kleinen Park mit der Serbischen Kirche und in unmittelbarer Nähe die „Emil Gîrleanu“- Straße. Die Schule war mit der Hausnummer 1. Wir waren endlich da, aber das Tor war schon geschlossen den mittlerweile war es schon fast dunkel. Wir machten uns irgendwie bemerkbar und tatsächlich kam der Pädagoge der Dienst hatte und ließ uns auf das Gelände. Da es heute schon zu spät war um die Aufnahme zu machen führte er uns zu den Schlafsälen um uns ein provisorisches Bett zum schlafen zu geben und morgen Früh sollten wir uns in dem Schulgebäude vorstellen um die Aufnahme zu vollenden.

Ich sagte vorhin Schlafsäle, es war ein Saal und kein Zimmer. Dieser Saal war mit 40 Etagenbetten nach Militärart ausgestattet, also für 80 Schüler. Es stank nach allerhand Körpergerüchen einfach undefinierbar. Nach einer traumlosen Nacht weckte uns am Morgen um 6 Uhr das Leuten einer Handglocke die der Schüler der gerade Dienst hatte fleißig schwang.

Die Morgentoilette fand in einem Gemeinschaft-Badezimmer das im selben Gebäude untergebracht war. In diesem Raum befanden sich 6 Waschbecken und 6 Duschen und das für alle 80 Schüler des Internats. Ich muss noch dazu sagen das auch von den Waschbecken und auch von den Duschplätzen nicht alle funktionierten. Die Wände waren mannshoch mit Fliesen, von denen schon viele fehlten gekachelt. Der Anstrich darüber und die Decke hatte eine undefinierbare Farbe die wahrscheinlich schon 20 Jahre nicht mehr erneuert war. Aber egal, da musste ich durch. Um 7 Uhr gab es Frühstück im Speisesaal der im Kellergeschoss untergebracht war und etwa Platz für 20 bis 25 Personen bot. Das hieß die Mahlzeiten mussten in mehreren Touren von Statten gehen. Das Frühstück bestand aus 2 Scheiben schwarzem Brot, ein kleiner Würfel ekliger Margarine, einen Klecks Marmelade und Russischen Tee, den man bei Bedarf auch nachgereicht bekam. Nach dem Frühstück meldete ich mich in der Kanzlei und die Aufnahme wurde offiziell und schriftlich festgehalten. Der Verwalter des Internats wurde gerufen mich in Empfang zu nehmen. Nach der Vorstellung führte mich dieser in den anderen Flügel des Internats in den Kellerraum, wo alle 80 Metallspinde untergebracht waren, die zum aufbewahren der Habseligkeiten der Schüler dienten. Diese waren jeder mit einem Vorhängeschloss gesichert. Die Koffer eines jeden wurden oben darauf aufbewahrt. Also öffnete ich meinen Koffer und räumte meine Sachen in den Spind der mir zugeteilt wurde. Danach legte ich meinen Koffer so wie alle anderen darauf. Nach dem ich auch mein Schloss angebracht hatte so wie mein Namensschild war ich nun ein Mitglied dieser Gemeinschaft die in den nächsten 3 Jahren ihren Alltag des Schülerlebens in diesen traurigen Bedingungen fristen musste.

Horst Theil

Fortsetzung folgt  

 

Mit dem Fahrrad nach Benzenz.


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Evangelische Kirche Benzenz

(Foto:Wikipedia)

Einiges zu den Schwaben aus Benzenz.

Das Geschlecht der Habsburger suchte zu Beginn des 18. Jh. im deutschsprachigen Raum nach freiwilligen Siedlern, welche die südöstlichen Randgebiete des Österreich-Ungarischen-Kaiserreiches gegen die türkische Bedrohung sichern sollte. Es handelte sich hierbei um ein Gebiet das heute im Dreiländereck zwischen Ungarn, Rumänien (Banat) und Jugoslawien (Serbien)liegt. Die Batschka, um die es in der 1.Wanderungsbewegung geht, gehört heute mit einem nördlichen Teil zu Ungarn und dem größeren südlichen Teil zur Woiwodina (Serbien). Der Ort Tschervenka, welcher der Herkunfts- Ort dieser Siedler der ersten Welle war, liegt im Flachland zwischen Donau und Theiß, ungefähr in dem Zentrum der Batschka.
Von den Habsburgern wurden gezielt Bauern und Handwerker gesucht, um neue Ortschaften zu gründen. Als Anreiz dienten Grundstücke, Häuser, Gerätschaften, Vieh und Geld. Die Besiedlung der Gegend um Benzenz erfolgte in drei Wellen: die erste 1729 unter Karl VI, die zweite 1762 unter Maria Theresia und eine dritte ab 1782 unter Joseph II. Mit der dritten Siedlungswelle kamen die Siedler aus dem Odenwald und gründeten 1785 Cservenka, was aus dem Orts Siegel ersichtlich wird.
Da die Batschka von Donau und Theiß begrenzt liegt, und sich hier viele Großfamilien niederließen wirkte der Raum bald beengt. Aus diesem Grund entschlossen sich einige Siedler 1893 zu einer 2.Wanderungsbewegung nach Siebenbürgen. Siebenbürgen bildete zu der Zeit die nord-östliche Grenze des Österreich- Ungarischen- Kaiserreiches. Seit 1918 gehört Siebenbürgen zu Rumänien.
Auf Grund der beengten Wohnverhältnisse suchten vor allem die Bauern nach neuen Ländereien. In Siebenbürgen wurden sie fündig. Eine Gruppe, deren Anführer Ludwig Albrecht war, fand in der Siebenbürgisch-Sächsischen-Bank in Hermannstadt (Sibiu) Unterstützung. Diese bot ihnen Ländereien von verschuldeten ungarischen Adligen in Benzenz zum Kauf an. Die Siedler verkauften ihren Grund in Cservenka, und machten sich auf den Weg: die Männer mit Pferdewagen im Konvoi, die Frauen und Kinder per Eisenbahn. Sie ließen sich in dem kleinen Ort Benzenz  am Marosch nieder. Innerhalb der zugewanderten Gruppe gab es später noch einmal weitere Umzüge: 1907 ins nahe gelegene Batiz, und 1918 nach Rusch.

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In Mühlbach schrieb man das Jahr 1967. Es war das Jahr meiner Konfirmation. Und so wie es in Mühlbach Sitte und Brauch war dass jeder ein Geschenk, oder Geld von den Paten und den geladenen Gästen zum Fest bekam war das auch bei mir der Fall.

Unter den Geschenken war ein Fotoapparat der Marke „Smena 8“ russischer Produktion, den ich von meinem Paten Wilhelm Theil bekam. Nach  dem Fest war auch eine gewisse Geldsumme zusammen gekommen, und da ich mir schon lange ein eigenes Fahrrad wünschte legte mein Vater noch etwas darauf und so kam ich zu meinem Ersten Fahrrad. Also kam der große Tag und mein Vater und ich gingen in die Stadt zum „Fierul“ um eines zu kaufen. Für die Fahrräder war ein Verkäufer zuständig, den damals alle Mühlbacher nur „Dase“ nannten.

Ein sehr höflicher Mann. Er zeigte uns den damaligen Renner zu gutem Preis die Marke „Tohan“ als Herrenrad- Ausführung. Der Lenker wurde gerade gedreht und das mit Paraffin getränkte Papier notdürftig entfernt, so dass man es vor sich herschieben konnte. Und so schob ich nun mein Erstes eigene Fahrrad, die Mühlgasse herunter, vor mir her. Mein Vater meinte wir sollten beim Mann seiner Hannotante halt machen und es vorzeigen. Das taten wir dann auch. Dieser meinte das der Tag noch jung war und bot sich an mir das Fahrrad zu schmieren und alle Schrauben nachziehen, und so fahrtauglich zu machen. Er schmierte alle Teile sorgfältig, das Schutzpapier wurde entfernt und die Räder aufgepumpt. Somit war das Fahrrad fertig. Ich setzte mich darauf und fuhr ganz stolz Heim. Mein Vater kam zu Fuß nach.

Selbstverständlich verbrachte ich die nächsten Tage und Wochen mit Fahrradfahren, einfach spazieren, Angeln oder einkaufen.

Mittlerweile hatten auch die Anderen meiner gleichaltrigen Freunde auch ein Fahrrad und wir unternahmen so manche kleinere Tour in der Umgebung von Mühlbach. Das ging so bis zum darauf folgenden  Sommer.

Eines Tages fragte mich einer meiner Freunde ob wir vielleicht mal eine längere Fahrradtour unternehmen sollten.  Die Idee hörte sich nicht schlecht an, die Frage war nur wohin. Es vergingen ein paar Tage und mein Freund meinte dass wir es mal bis nach Benzenz (Aurel Vlaicu) wagen sollten, den er habe da Anverwandte, und bei dieser Gelegenheit könnte er sie mal besuchen. Wir teilten unser Vorhaben unseren Eltern mit, und nach einigem Hin Und Her waren diese einverstanden. Zu dem Fahrradwerkzeug kam noch Flickzeug, wegen eventueller Reifenpanne, hinzu und so waren die Fahrräder fahrbereit. Die Taschen wurden gepackt und am nächsten Morgen um 7 Uhr begannen wir unser Abenteuer. Wir fuhren die Altgasse und die Mühlgasse hoch bis zur großen Kreuzung an der Alten Post, die um diese Zeit noch nicht mit Verkehrsampeln ausgerüstet war, und bogen dann Links ab um über die Griechengasse in Richtung Stadtrand zu gelangen. Nach den letzten Häusern von Mühlbach Öffnete sich der Blick zur Linken und Rechten über die Felder und reichte bis in die Ferne zur Weggabelung wo die eine Straße nach Deutsch- Pien und die andere in Richtung Winz führte. Wir traten fleißig in die Pedale und gelangten nach einiger Zeit an diese Weggabelung und nahmen die in Richtung Winz. An dieser Stelle begann auch die Straße anzusteigen. Die Leute nannten diese Stelle die „Pien- er Hula“.

Es sei gesagt das unsere Fahrräder um diese Zeit noch keine Gangschaltungen wie heute zu Tage. Und das merkten wir sehr bald. Wir schafften es mit Ach und Krach bis fast oben hin. Die letzten Meter mussten wir aber schieben. Oben angekommen, stiegen wir wieder auf und setzten unseren Weg auf einer Schnurgeraden Straße in Richtung Winz fort. Auf der Linken dehnte sich ein riesengroßer Acker, der von den Mühlbachern „Vintisoara“ genannt wurde, aus. In weiter Ferne konnte man eine Häusergruppe erkennen. Aus der Geschichte wissen wir dass da einmal ein Wirtshaus und Pferdewechselstation in der Zeit als die Postkutschen und die Fuhrleute, noch den Warenverkehr bewältigten.

Wir passierten diese Stelle nach geraumer Zeit und befuhren nun die Straße die bergab nach Winz führte, das man schon von da sehen konnte. Unser Vorteil, man musste nun nicht mehr in die Pedale treten. Wir gewannen Geschwindigkeit, und waren nach einiger Zeit schon dem Winzer Bahnhof gegenüber. Da legten wir eine kleine Rast ein und tranken am Bahnhof  Wasser. Die Sonne war jetzt schon hoch am Himmel und es war schon heiß so das uns das gelegen kam um uns hier mal erfrischen zu können. Dann ging es weiter über Sibiseni bis Tartaria zum Bahnhof wo wir uns wieder unseren Durst stillten. Es folgten: Balomir und Sibot

Wo wir eine längere Rast einlegten da hier eine große Straßen –Kreuzung war und auch eine Gaststätte an der Straße mit Parkplätzen. Ein anderes Argument war auch die Tatsache dass hier auch der Kudschir- er Bach in Richtung Mieresch floss, und man an seinen mit Bäumen gesäumten Ufern herrlich im Schatten ausruhen konnte. Da aßen wir auch von der Brotzeit die wir mitgenommen hatten. Nach einer halben Stunde ging es weiter über die Gleise die nach Kudschir führten, in Richtung Broos. Nach einigen Kilometern bogen wir von der Landstraße nach Rechts ab, und nach dem überqueren der Gleise der Bahnstrecke die bis Arad ging, waren wir schon am Ziel angekommen. Nach ein paar Minuten der Suche stiegen wir vor dem Hause der Verwandten meines Freundes ab.

Wir wurden verwundert aber freundlich begrüßt und gleich zu Tisch gebeten, denn es war Mittlerweile schon Mittagszeit. Bei Tisch begann die Fragerei auf schwäbisch. Warum und wieso wir uns auf diesen weiten Weg aufgemacht haben und ob unsere Eltern auch davon wussten und so das Übliche. Na ja, mein Freund stand Rede und Antwort bis sich alle beruhigt hatten. Dann saßen alle gemütlich im Hof im Schatten und danach ging es in den Garten wo auch  ein schöner Sitzplatz war.

Wir waren ziemlich mitgenommen von der Fahrt, es sind immer hin 32 Km, die uns noch für die Heimfahrt bevor standen. Wir beschlossen noch zu warten bis die Hitze gegen Abend nachließ. Na ja, und so wie im Hochsommer das ziemlich späht geschah, verschob sich die Heimfahrt immer mehr dem Abend entgegen. Die netten Leute boten uns an hier zu übernachten, aber unser Bedenken war dass die Eltern das nicht wussten, und in Panik geraten wen sie sahen dass wir nicht Heim kommen.

Also gegen 7 Uhr Abends sattelten wir unsere Drahtesel und begannen die Heimfahrt. Am Anfang ging alles recht gut, aber das sollte sich bald ändern. Kaum ein paar Kilometer gefahren, bis kurz vor Sibot, war ich unachtsam und fuhr glatt über ein am Straßen Rand liegendes Hufeisen. Was war das Resultat? Reifenpanne. Na ja, nutzte alles nichts, musste irgendwie behoben werden um weiter zu fahren, den um diese Zeit gab es noch keine Mobilfunktelefone  um irgendwie daheim Bescheid zu sagen.

Also wurde zu erst das Vorderrad abgeschraubt. Keiner von uns beiden hatte so eine Reparatur schon selber gemacht, und man kann sich vorstellen was für Mühe uns das bereitete, mal abgesehen das wir schon beide sehr müde waren an diesem Tag. Dem entsprechend lange dauerte diese Reparatur bis es nach fast einer Stunde wieder mit Ach und Krach weiter ging. Wir fuhren durch bis Tartaria Bahnhof, wo wir kurz anhielten um Wasser zu trinken. Mittlerweile begann es schon dunkel zu werden. Wir schalteten unsere Dynamos ein und fuhren nun mit Licht weiter. In Höhe vom Winzer Bahnhof war es schon stockdunkel. Wir zogen uns mehr schlecht wie recht die Anhöhe zu der vorhin erwähnten Häusergruppe die Landstraße hoch. Oben angekommen, nach ein paar hundert Metern, bemerkten wir den Scheinwerfer eines Motorrades das sich zügig aus Richtung Mühlbach näherte. Plötzlich stellten wir fest dass das Motorrad abbremste und vor uns zum Stillstand kam. Eine uns bekannte Stimme Sagte unsere Namen in fragendem Ton. Wir konnten nicht erkennen wer es tatsächlich war bis der Fahrer abstieg und in das Scheinwerferlicht trat. Es war Herr Marta Remus der beim Vater meines Freundes in der Lederfabrik arbeitete. Dieser hielt uns eine kleine Standpauke. Wir erfuhren dass er geschickt wurde uns zu suchen und nach zu sehen ob was passiert  war. Nachher fuhr er wieder wider zurück um Daheim zu berichten das alles in Ordnung war.

Das verhieß nichts Gutes. Wir traten fleißig in die Pedale um zügiger voran zu kommen. Nach geraumer Zeit fuhren wir in Mühlbach ein und bemerkten schon bei der Einfahrt in die Altgasse dass unsere Eltern auf der Gasse unsere Ankunft erwarteten. Nach mehreren hitzigen Diskussionen und Vorwürfen gingen wir alle nach Hause. Wir waren beide froh dass dieser Ausflug noch, für uns beide, ein so gutes Ende genommen hatte.

 

Horst Theil

Die Fußball WM vom Roten Berg.


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Alte Ansichtskarte

Der Titel wird Sie vielleicht irritieren. Aber ich will es erklären. Es ist eine weitere Erinnerung die ich ihnen gerne erzählen möchte.

Mühlbach im Jahre 1982. Es ist das Jahr in dem die Fußball – WM in Spanien stattfand. Na ja, nichts besonderes werden manche sagen. Dennoch war es für uns Mühlbacher, aber nicht nur, etwas besonderes, und zwar das die WM nicht im rumänischen Fernsehen übertragen wurde. Das wusste man und alle Leute versuchten auf irgend eine Weise doch noch wenigstens einige Spiele zu sehen.

Viele meiner Bekannten die Freunde oder Verwandte in den Grenzgebieten von Rumänien hatten, versuchten bei diesen für die Dauer der Spiele unter zu kommen.

Bevorzugt war das Banat den da konnte man in Grenznähe die TV Programme der Ungarn und der Serben ja sogar im Süden die der Bulgaren empfangen. Alle diese Länder sendeten die WM, nur wir wurden als Stiefkinder behandelt und hatten nicht die Möglichkeit die Spiele zu verfolgen.

Und da die Not erfinderisch war ließen die Leute sich so einiges einfallen. Jeder nach seinen Möglichkeiten.

Und die besten Möglichkeiten dieser Zeit hatten die Partei und die Direktoren der Großen Betriebe der Stadt. Also eines Tages kurz nach dem Beginn der WM sprach es sich herum das am roten Berg Fußball gesehen wird. Kurios für den normal sterblichen. Ich erzählte es einem guten Freund und wir beschlossen uns diesem Gerücht auf den Grund zu gehen. Wir hatten beide Mopeds und fuhren kurzer Hand mal zum roten Berg um zu sehen ob da etwas dran war. Schon beim Verlassen der Stadt äugten wir skeptisch in Richtung roter Berg. Und tatsächlich, ungefähr auf halbem Weg, bemerkten wir etwas was hoch oben am Berg was nicht dahin gehörte. Um so näher wir kamen um so mehr entpuppte sich das Ungewöhnliche zu einem Zelt von größeren Ausmaßen. Also fuhren wir in die Richtung den Berg hoch bis neben das Zelt. Es war noch relativ früh am Morgen und es war niemand da zu sehen. Aber wir hatten uns getäuscht den neben dem Zelt war auch ein geschlossener Kleinbus „Tudor Vladimirescu“ geparkt, dem zwei Männer entstiegen die wahrscheinlich durch das Motorengeräusch aufgescheucht wurden. Prompt wurden wir gefragt was wir den da wollten. Wir taten unwissend und sagten das wir am Zeckesch waren und das große Zelt sahen und neugierig waren was den da sei. Die Zwei waren anscheinend genervt den sie sagten das sie seit 3 Tagen nicht mehr Daheim waren und hier das blöde Zelt hüten mussten. Auf unsere Frage warum gaben sie uns bereitwillig bekannt das die „hohen Tiere“ hier Fußball guckten. „Kommt schaut was für einen Luxus diese hier haben“ sagte der eine und öffnete den Eingang zum Zelt, so das wir einen Blick hinein werfen konnten. Na ja dann klappte uns die Kinnlade runter. Im Hintergrund thronte einer der größten Fernseher aus der Zeit („Opera“) auf einem Tisch der sogar ein Tischtuch hatte. In der Ersten Reihe waren fünf sechs bequeme Sessel. Der Zeltboden war mit Teppichen ausgelegt. Und in einer Ecke des Zeltes waren ein Stapel Klappstühle. In der anderen Ecke stapelten sich kästen mit Bier und anderen Getränken. Neben dem Zelt war eine riesige Antenne auf einen in den Boden gerammtes Rohr befestigt war. Nachher erfuhren wir das alles von Partei und Betrieben in organisierter Zusammenarbeit zustande gekommen ist. Natürlich zogen nur die Bosse ihren Nutzen daraus. Sogar der Polizeikommandant und auch die von der Securitate waren dabei. Na gut, wir wurden gebeten uns zu entfernen den das Auto mit Nachschub sollte kommen und man wollte vermeiden das wir da gesehen werden um nicht selber Ärger mit den Bossen zu bekommen. Das verstanden wir und fuhren zurück in die Stadt.

Am nächsten Tag traf ich mich wieder mit meinem Freund und wir schmiedeten den Plan es auch zu versuchen. Mein Freund besaß einen kleinen tragbaren Fernseher ich besorgte eine alte Autobatterie. Nun kam die Frage von wo eine Antenne. Also noch ein Tag und wir bastelten eine Antenne die man mit Schrauben zusammenstellen konnte. Am anderen Tag am späten Nachmittag packten wir alles auf die Mopeds und fuhren zum roten Berg. Allerdings nicht in die Nähe des besagten Zeltes sondern suchten uns eine andere Anhöhe auf dem roten Berg wo wir unseren Versuch starten konnten. Es war schnell alles zusammengebaut. Nun Schalteten wir unseren winzigen Fernseher ein und begannen den Sender zu suchen. Wir guckten uns die Ausrichtung der Antenne bei den anderen ab und verstanden das die auf Ungarn ausgerichtet war. Also über das Maroschtal das in westlicher Richtung verlief und dem zur Folge auch in Richtung Ungarn. Damals war noch terrestrisches Fernsehen und dem entsprechen schwer einen anderen Sender wie das rumänische Fernsehen zu empfangen. Anscheinend hatten unsere Rivalen eine ausgeklügeltere Technik zur Verfügung, den bei uns bekamen wir nichts außer ein paar verwischte Bilder die durch Ruflektion hervorgerufen wurden. Der Ton war nur ein Rauschen. Wir bemühten uns bis spät am Abend etwas auf den Bildschirm zu bekommen aber alles vergebens und der alte Akku gab auch den Geist auf. Müde und total betrübt packten wir unsere Amateurausrüstung zusammen und fuhren in der Dunkelheit, der inzwischen hereingebrochenen Nacht, wieder heim.

Also wir sehen auch an Hand dieses kleinen Beispieles, das der einfache Bürger auf so manches, und das war nicht wenig, in den Jahren der „Goldenen Epoche“ verzichten musste im Gegensatz zu den „Auserlesenen“, die in den Genuss jeder Art von Privilegien kam.

Horst Theil

Der Hirte vom „Roten Berg“


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Die Wiese zur Linken der Steilwand

Es war Ende der 70-er Anfang der 80-er Jahre. In dieser Zeit war das tägliche Leben in Mühlbach, so wie in ganz Siebenbürgen, keine einfache Sache. Da alles ziemlich teuer war, musste jeder sehen das er mit dem Einkommen der Familie zurecht kam. Wie ich schon bei anderer Gelegenheit erwähnte, musste man Bekanntschaften und Verbindungen in fast allen Bereichen haben, um einiger Maßen an Sachen des täglichen Lebens heranzukommen.

Das soll nicht heißen das man etwas geschenkt bekam, man musste alles bezahlen aber man musste durch Beziehungen an das gewünschte erst mal heran kommen. Dann war auch der Tauschhandel noch üblich. Ich möchte ihnen ein kleines Beispiel aus meiner Erinnerung schildern.

Eines Tages als ich wieder einmal am Zeckesch angeln war, bemerkte ich auf der anderen Seite des Zeckesch, auf den Wiesen die bis zur Hälfte des roten Berges reichten, alles weiße Punkte. Da das Angeln nicht besonders gut lief, und meine Neugierde geweckt war, beschloss ich der Sache auf den Grund zu gehen. Ich musste ein Stück Flussaufwärts fahren um an die Furt zu gelangen wo ich mit dem Moped durch den Zeckesch ans andere Ufer gelangen konnte. Ich näherte mich der Wiese zur Linken Seite der Hauptschlucht, und Stellte fest das die aus der Ferne gesehenen weißen Punkte sich als Wiesenchampignons entpuppten.

Na, dachte ich, wenn keine Fische dann wenigstens Pilze“

Ich stieg ab und suchte eine festere Stelle wo ich mein Moped aufbocken konnte. Dann sammelte ich einige Pilze bis meine Umhängetasche voll war. Ich ärgerte mich das ich nur diese, für meine Anglersachen mit hatte, den es waren sehr viel mehr Pilze als ich darin unterbringen konnte. Da der Tag noch jung war, beschloss ich Heim zu fahren und eine größere Tasche mit zu nehmen. Gesagt getan. Ich lieferte die gesammelten Pilze Daheim ab und nahm einen Rucksack mit. Die noch vorhandenen Pilze reichten noch den Rucksack zur Hälfte zu füllen, den Mittlerweile waren noch andere Leute zum Pilze sammeln erschienen.

Da ich den Roten Berg in und auswendig kannte wusste ich das ober „ dem roten“ noch ausgedehnte Wiesen waren und wahrscheinlich auch da Champignons zu finden waren. Diese Wiesen grenzten an den Daiaer Wald. Der Weg dahin führte weit zur Linken der Steilwand nach oben. Da ich aber mit dem Moped war wollte ich es nicht da unterhalb stehen lassen, und wog ab mit diesem den Weg nach Oben zu wagen. Das war nicht ungefährlich den es ging ziemlich steil nach Oben auf einer Länge von ungefähr drei bis vierhundert Meter. Da mein Moped keine Kross-Maschine war, hatte ich so meine Bedenken. Bis zu Letzt ging ich aber das Risiko ein. Ich legte den ersten Gang ein und gab Vollgas. Unter dem höllischen Lärm den der misshandelte, aufheulende Motor machte , ging es aber stetig Aufwärts. Nach unendlichen Minuten langte ich mit ach und Krach auf der Oberen Wiese an.

Nun überschlugen sich die Ereignisse, ich landete nach dem Austritt aus den Büschen, die den Weg dahin säumten, mitten in einer Herde Kälber. Die Hunde kamen kläffend, durch den Krach den ich verursachte, in meine Richtung gerannt. Es waren vier an der Zahl. Die Kälber die näher an mir waren stoben auseinander. Aus der Ferne hörte ich Lautes Pfeifen und eine Männerstimme die die Hunde zurückrufen. Nach einigen Augenblicken sah ich auch den Hirten der hinter einigen Büschen hervorkam und in meiner Richtung mit zügigen Schritten kam. Ich stellte den Motor ab und harrte dem das nun kommen sollte. Die Begrüßung war frostig. Der Mann war böse das ich seine Herde fast zu einer Stampede gebracht habe. Nach einigem hin und her legten sich die Gemüter und es begann ein normales Gespräch. Der Mann war so um die 60 – 65 Jahre alt. Er sagte mir ich solle mit ihm zur „Stîna“ kommen den er habe keine Lust den ganzen Tag da stehend zu verbringen, also folgte ich ihm. Seine Hütte konnte ich vorhin wegen den Büschen nicht sehen. Diese war nicht wirklich als Hütte zu betrachten, es war ein Gebilde aus Ästen und Laub, aber alles mit einer alten Zeltplane abgedeckt und so einiger Massen Wasser- und Windfest. Die Einrichtung bestand aus einem ebenfalls aus Ästen gefertigtem Nachtlager, einigen Wolldecken und Aluminiumgeschirr.

Neben der „Hütte“ waren noch ein eingezäunte Fläche wo zwei Schweine waren, und eine nächster mit einer Kuh.

Nach dem ich ihm erzählt hatte was ich da oben wollte begann auch er mir seine Geschichte zu erzählen. Ich erfuhr das er der Hirte vom Kollektiv, der für die Herde mit dem Jungvieh zuständig sei, war. Der praktisch den ganzen Sommer über da oben war und die Herde betreute. Die ganze Zeit des Diskussion immer wieder unterbrochen mit einem Schluck Schnaps und Zigaretten die er von mir dankend annahm.

Er bot mir zum Schluss an, wenn ich nochmal den Weg hierhin hätte, sollte ich im vielleicht eine Flasche Wein oder Schnaps und einige schachteln „Nationale“ (Zigaretten) mit bringen. Als Gegenleistung wolle er mir Frische Milch geben.

Das tat ich dann auch des öfteren, ich brachte ihm jedes mal einen Liter von meinem Hauswein und zwei Pack „Nationale“ und bekam jedes mal 5 Liter frische und nicht gerahmte Milch.

So war für meine Familie, den Sommer über, der Bedarf an frischer und guter Milch so wie an frischem Rahm gedeckt.

Dieses ist ein Beispiel der Beziehungen und Warentausch den ich am Anfang dieser Zeilen erwähnt hatte. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte Beziehung. Die sollte erhalten bleiben bis zu meiner Ausreise nach Deutschland.

Das war auch eine Erinnerung an Mühlbach und das Leben in dieser Stadt.

Horst Theil

Siebenbürgische Sagen


Eine kleine Sammlung von Siebenbürgischen Sagen

Quelle: Radiobruk. ro

 

Die Siebenbürgische Sagenstrasse

die schönsten Sagen aus Siebenbürgen

 Gesammelt von:

Andrei Moga

Andreea Petre

Stefania Imbuzan

Ioana Degeu

Mit der Hilfe von:

Alexander Frohn

Sorana Părăian

Inge Sommer

 Das vorliegende Buch zum „Siebenbürgischen Sagenwanderweg“ wurde so erstellt, dass der Leser mit jeder Seite das Universum seiner Einbildungskraft erweitert. Die Märchen, die hier gesammelt wurden, führen in ein Land der Tradition und der Passion für das Idyllische. Sie wurden schon seit langer Zeit nicht mehr erzählt und bringen doch Phantasie und das Prinzip des ländlichen Lebens zusammen. Wir laden Sie ein sich auf diese Weise ein wenig vom täglichen Leben zu lösen und die schönsten Sagen aus Siebenbürgen zu geniessen.

  

Der Rabenbrunnen

(eine Sage aus Petersdorf/Petresti)

 

Als Mädchen wohnte ich in einer Gasse, in der unserem Haus gegenüber ein kleines Haus stand. Es hieß, da sei der König Matthias, wenn er nach Petersdorf, kam, abgestiegen. Dort  wohnte er jedes Mal, wenn er in Petersdorf war.

Einmal, als er sich wusch, streifte er seinen schönen, goldenen Ring vom Finger, und legte ihn aufs Fensterbrett. Als er sich später daran erinnerte, fand er den Ring nicht mehr. Er suchte und suchte, doch kein Ring war zu finden.

Erst nachdem einige Zeit vergangen war, fand man den Ring. In unserem Wald gibt es eine Quelle, die heißt der „Rabenbrunnen“. Dort, an der Stelle, fand man den Ring und vermutete, ein Rabe hätte den Ring gefunden und ihn bis dorthin verschleppt, wo er ihn dann fallen ließ. Bis heute nennt man diese Quelle den „Rabenbrunnen“.

(Maria Kellinger, 1977,  gesammelt von Inge Sommer)

 

Der    Trudenweiher

(eine Sage aus Petersdorf/ Petresti)

 

Bei uns in Petersdorf gibt es eine Wiese, die heißt die ,,Drausenwis“. Und warum hat sie diesen Namen? Da soll früher eine Frau in einem kleinen Häuschen gewohnt haben, von dem man auch heute noch die Spuren sieht. Die Frau hieß Maria Draus und man sagte, die Frau wäre eine Trude gewesen. Unsere Gemeinde wollte aber keine Trude haben und man überlegte hin und her, wie man das machen sollte, wie man die Trude aus Petersdorf wegkriegt. Und man fasste einen Entschluss.

In der nächsten Stadt, in Mühlbach, nicht weit von uns, ist ein großer See, den man auch jetzt noch den ,,Trudenweiher’’ nennt. Man beschloss, die Trude hinzufahren und sie im See zu ertänken. Als man dort ankam, sagte sie: ,,Ich weiß, ich muss jetzt sterben, aber erfüllt mir noch einen letzten Wunsch. Gebt mir ein großes Sieb (Reckter).’’ Das Sieb war so groß, dass sie sich hineinsetzten konnte. ,,Ich will euch ein paar Kunststücke zeigen, die ich kann.” Sie saß in dem Sieb und versank nicht im Wasser. Da sah man, dass sie sich mit dem Sieb in die Luft erhob, immer höher. Da rief sie hinunter: ,,Adieu, ich fliege nach Australien zu meinem Trudengeier!“

(Maria Kellinger, 1977,  gesammelt von Inge Sommer)

 

Der Studententurm

(eine Sage aus Mühlbach/Sebes)

 

Im 15. Jahrhundert sind die Türken häufig in Siebenbürgen eingefallen. Im Gegensatz zu Hermannstadt, konnte man Mühlbach leicht erobern und die Stadt ist des öfteren schlimm zerstört geworden, am schlimmsten 1438.

Die Häuser wurden niedergebrannt, die Menschen getötet oder als Sklaven mitgenommen. Eine kleine Gruppe hatte sich in einem der Stadttürme verschanzt. Da konnten die Türken nicht hinein. Um diese Leute doch zu kriegen, legten die Feinde Feuer vor den Eingang und so trieb der Rauch die Verteidiger hinaus.

Einer von ihnen war ein Schüler des Mühlbacher Gymnasiums, er kam aus Rumes, einem Dorf im Unterwald. Die Türken verschleppten ihn in die Türkei. Dort diente er lange als Sklave, lernte Türkisch und die Bräuche und Sitten dieses Volkes kennen. Nach vielen Jahren gelang ihm die Flucht und er gelangte in ein Kloster in Rom. Dort schrieb er auf lateinisch ein Buch, das ,,Türkenbüchlein“. Es ist das erste schriftliche Zeugnis eines Nicht-Türken über sie. Selbst Luther lobte das Buch. Der Klostername des Mannes war Pater Georgius, und in Mühlbach nennt man ihn bis heute den Rumeser Studenten.

Der Turm, nach diesem Ereignis Studententurm genannt, steht auch heute noch in Mühlbach als Zeugnis dieser historischen Ereignisse genau gegenüber des ,,Trudenweihers“.

(erzählt von Inge Sommer, 18.12.2013)

 

Der schwarze Ritter

(eine Sage aus Kleinpold/ Apoldul de Jos)

 Vor etwa fünfhundert Jahren kam ein Bauer von der Feldarbeit nach Hause. Es war windstill und die Luft warm. Am Himmel hingen dunkle Wolken und ein Gewitter meldete sich an

Am zweiten Feld hörte er plötzlich Pferdegetrappel hinter sich, und zuerst dachte er, dass jemand aus dem Dorf geritten käme. Er blickte sich um und sah ein großes weißes Pferd mit goldenem Zaumzeug und darauf saß ein Mann in einem langen schwarzen Mantel und mit einer großen Sense in der Hand. Schnell sprang der Bauer hinter einen Baum, und Pferd und Reiter eilten vorbei und verschwanden im Kleinpolder Busch.

In den Hufspuren auf dem Feldweg aber begann sich Blut zu sammeln. So wie in kleinen Pfützen nach dem Regen. Entsetzt lief der Bauer nach Hause.

Damals deutete man diese Begebenheit so: Es werden schwere Zeiten kommen, und in den Gemeinden am Zekesch und im  Unterwald wird viel Blut fließen. Das traf dann auch um das Jahr 1600 ein…

(Claus Stephani, ,,Die Sonnenpferde“, Seite 149)

 

Der Schlangenbeschwörer

(eine Sage aus Großau/Cristian)

 

Am Großauer ,,Kallbärch“ (Kalleberg) liegen die gemeindeeigenen Weingärten, daneben, dem Wald ,,Schaichelt“ zu, erstreckt sich das Gelände, in dem sich zwei mit Rohr bewachsene Weiher befinden. Der eine Tümpel soll sehr tief sein. Mehrere Bauern, die hier im Heu waren, wollten einmal seine Tiefe mit dem Wiesbaum messen, aber sie fanden keinen Grund. Früher traute sich das Vieh an dieses versumpfte Wasserauge nicht heran, aus Angst, dass es darin versinken könnte.

In diesem unendlich tiefen Weiher lebten einst große Schlangen, welche im Weinberg arbeitenden Müttern die an der Hacke zurückgelassenen Säuglinge in den Sumpf entführten. Als immer mehr Kinder geraubt wurden, versanken die Großauer in Trauer. Ihr Leid sprach sich in ganz Siebenbürgen herum.

Ein heiliger Mann, der davon hörte, machte sich auf und kam in die Gemeinde, um an Ort und Stelle zu erfahren, was hier geschehe. Da er die genaue Anzahl der Schlangen wissen wollte, erkündigte er sich danach bei jedem Einwohner, der ihm begegnete. Er bekam stets die gleiche Antwort: Acht Schlangen lebten im Weiher. Wenn die Sonne heiß scheine, stiegen sie aus dem Teich und sonnten sich. An ihren silbrig-weiß glitzernden Bäuchen hätte man sie erkannt und nie mehr als acht gezählt.

Auf seine Anweisung hin bauten die Männer der Gemeinde in der Nähe des Moores einen Ziegelbrennofen. Darin entfachten sie mit Papier ein Feuer. Die Gemeindebewohner, die alle gekommen waren, um das Wunder, das geschehen sollte, zu sehen, standen in kurzer Entfernung davon. Doch glaubte keiner, dass das Papier, das im Ofen brannte und große Hitze ausstrahlte, die gefährlichen Schlangen aus dem Weiher herauszulocken vermöchte. ,,Die lassen sich ja nicht besprechen wie ein vernüftiger Mann!“ sagte der eine zum andern.

Da erscholl das Wort des Mannes. Wenn sich mehr als acht Schlangen dort aufhielten, teilte er den Leuten mit, würde es um ihn geschehen sein, denn er beschwöre nur ihrer acht. Dann begann er aus einem Gebetbuch zu lesen. Plötzlich erschienen aus dem Tümpel der Reihe nach, eine von der anderen denselben Abstand bewahrend, die acht Schlangen. Sie wanden sich an dem Mann vorbei, schlängelten sich zum glüheißen Ofen und verschwanden darin.

Als die letzte der Schlangen verbrannt war, hoben die Großauer ein Jubelschrei an. Sie bedankten sich bei ihrem Retter, dem sie

Gesundheit und ein langes Leben wünschten, damit er noch öfters gute Tagen vollbringen könne.

Aber schon im nächsten Augenblick verschlug es ihnen die Sprache. Im Sumpf erschien eine neue Schlange, die trug auf dem Kopf eine Krone. Sogleich umringten einige forsche Männer den weisen Mann, um ihn vor der Gefahr, die ihm drohte, zu schützen. Doch er wollte vor dem schrecklichen Unheil, das über ihn hereinbraach, nicht fliehen, auch dann nicht, als die ganze Gemeinde eine undurchdringliche Wand um ihn gebildet hatte.

,,Nein, das darf ich nicht tun!“ sprach er, als die Männer mit ihm davonlaufen wollten. ,,Das Gebot verlangt es so!“

Die Schlangenkönigin kam ruhig und gemächlich auf den Mann zu, hängte sich bei ihm ein und schritt gemeinsam mit ihm ins Feuer, wo sie beide verbrannten.

(Friedrich Schuster, ,,Der weisse Büffelstier“, Seiten 96-98)

 

Ein Alzner vor dem Sultan

(eine Sage aus Alzen/Altana)

 

Vor langer Zeit mußten die Alzner Sachsen dem türkischen Sultan jährlich einen Tribut zahlen. Mit dem eingesammelten Geld zog ein Mann aus der Gemeinde jedes Jahr, der Reihe nach, von Nachbar zu Nachbar. Oft kehrten die ausgezogenen Männer, die den langen und beschwerlichen Weg zum Sultan zu Fuß zurücklegen mußten, nicht mehr zurück.

In einem Jahr kam die Reihe an einen Mann, der vier Kinder hatte. Ehe er sich auf den weiten Weg machte, aß er noch einmal zu Abend mit seiner Familie. Frau und Kinder aber waren voller Trauer.

Nach vielen Tagen kam der Alzner wohlbehalten in der Türkei an. Er trat vor den Sultan und überreichte ihm das mitgebrachte Geld. Der Herrscher des türkischen Reiches stellte ihm dabei verschiedene Fragen, die der Mann befriedigend zu beantworten hatte. Der Alzner dachte bei sich: Werde ich auf die Fragen bejahende Antworten gegen, läßt der Sultan mir den Kopf abhauen, werde ich aber verneinend antworten, wird mir dasselbe Los zuteil. Also beantwortete er die Fragen so gut er konnte , indem er weder bejahende noch verneinende Antworten gab.

Als der Mann schon meinte, es sei um sein Leben geschehen, rief der Sultan einen Diener, dem er befahl, den Alzner abzufüren. Er wurde in eine Kammer gesteckt und daraus erst wieder hervorgeholt, als der Herrscher ihm weitere Fragen stellen wollte. Als er auch diesmal annehmbare Antworten gegeben hatte, wurde er, ohne etwas über sein weiteres Geschick zu erfahren, wieder in sein Zimmer gebracht.

Inzwischen war ein ganzes Jahr vergangen, dem Alzner hatte es in dieser Zeit an nichts gemangelt. Das Essen, das er bekam, war gut, und alles was er sonst brauchte, wurde ihm zur Verfügung gestellt.

Eines Tages wurde er wieder vor den Thron geladen. Diesmal teilte ihm der Sultan mit, dass er mit seinen Antworten zufrieden sei und ihn nun belohnen möchte. Er solle mit dem Diener in die Schatzkammer gehen und sich eines der drei Säcklein, die dort stünden, auswählen. In einem befinde sich Goldgeld, im zweiten Silbergeld, und im dritten Kupfergeld.

Der Sachse traute den Worten nicht recht, er vermeinte, dass ihm eine Falle gestellt wurde. Er überlegte: Wenn der Sultan ihn warscheinlich umbringen lassen werde, spiele es auch keine Rolle, welches der Säcklein er nehme. Sobald er in der Kammer war, griff er nach dem Gold. Der Sultan sprach: ,,Nimm dir das Säcklein und gehe damit nach Hause!“

Doch der Alzner glaubte noch immer nicht, dass der Türke ihn so einfach laufen lassen werde. Auf dem Weg zurück drehte er sich immer wieder um und lauschte, ob die Leute des Sultans ihn dennoch verfolgten, um ihm Leben und Geld zu nehmen. Ein ganzes Jahr brauchte er, bis er zuhause ankam.

Mit dem Geld baute sich der Mann ein großes Haus. Da die Gemeinde in jener Zeit nur aus kleinen Häusern bestand, war seines das größte und schönste. In der Alzener Kirchenburg besaß er, wie jede andere Familie auch, einen Raum, wo er Weizen und Feldfrüchte für schwere Belagerungszeiten aufbewahrte. Einmal brach in diesen Fruchtkammern Feuer aus. Als die Frau des Heimgekehrten davon hörte, kam sie angelaufen und rief verzweifelt: ,,Meine Knäuel, meine Garnknäueln verbrennen!“

Da ihre Vorratskammer, in der sie das Garn sichergestellt hatte, noch nicht vom Feuer verwüstet war, ergriff sie die Knäuel und trug sie eilig in ihrer Schürze weg. Niemand hatte bis dahin gewusst, dass im Innern dieser Garnknäuel Gold steckte.  Nachdem sich der Mann das Haus gebaut hatte, war ihm noch Geld übriggeblieben. Damit man es ihnen nicht stehle, hatte seine Frau Garn darauf gewickelt und dieses in die Burg getragen.

(Friedrich Schuster, ,,Der weiße Büffelstier“, Seiten 71-72)

 

Die tapfere Ursula

(eine Sage aus Agnetheln/Agnita)

 Die Türken hatten die Agnethelner Siedlung eingenommen. Außer einer Kürschnerfrau, die sich auf dem Feld verspätet hatte, waren alle Bewohner in die feste Kirchenburg geflüchtet. Während der Feind die Ortschaft plünderte, schlich sich die Frau in ihre Wohnung, wo sie sich sicherer wähnte als draußen auf dem offenen Gelände.

,,Was soll ich jetzt tun?“ fragte sie sich, als sie zuhause angekommen war. Die Möglichkeit, von den Türken entdeckt und gefangengenommen zu werden bestand nämlich auch hier.

Da griff sie nach einem zerlumpten Pelz aus der Werkstatt ihres Mannes, zog ihn über, hing sich eine große Kuhschelle an den Leib und verhüllte ihr Gesicht. Mit einer Karbatsche (Riemenpeitsche) in der Hand verliess sie danach das Haus. Knallend und schellend lief sie in dieser Aufmachung durch die Gassen. Als die Türken sie gewahrten, vermeinten sie, der Leibhaftige in Person käme auf sie zu. Sie erschracken und liefen davon.

Die Frau, die durch ihren närrischen Einfall die Türken vertrieben hatte, hieß Ursula.

Seither laufen alljährlich die Männer, wie einst das kühne Weib, vermummt und eine Peitsche in der Hand schwingend, durch die Agnethelner Gassen. In Anlehnung an ihren Namen nennen sich die Verkleideten Urzeln.

(Friedrich Schuster, ,,Der weisse Büffelstier“, Seite 146)

 

Der Hundertbüchler Riese

(eine Sage aus Hundertbücheln/Movile)

 

Auf dem Neustädter, Seligstädter und Hundertbüchler Hattert befinden sich hundert Hügel, nach denen die eine Ortschaft auch ihren Namen erhalten hat. Wie diese Bodenerhebungen, die verschiedenartig geformt sind, entstanden, erklären die Hundertbüchler auf folgende Art:

In alter Zeit wohnte in der Gegend ein Riese. Eines Tages entschloß er sich zum Bau einer Burg. In der großen Schürze, die er anhatte, trug er das Baumaterial zusammen. Nach einiger Zeit, in der er hart gearbeitet hatte, riß in seine Leinenschürze ein Loch ein und überall, wohin ein Klumpen mit Erde, Sand und Steinen fiel, entstand ein Büchel. Als der Mann den Riß bemerkte, erzürnte er so heftig über den Schaden, den er sich angetan hatte, daß er den Inhalt der Schürze ausleerte und den Burgbau aufgab.

Aus der Erdmasse, die er ausschüttete, entstand der hundertste Hügel, der Kirchenhügel. Darauf bauten die Hundertbüchler später ihre Kichenburg.

Ein sehr großer Hügel, den die Leute „Des Måtthes sen Häffel“ (Des Matthias sein Hügel) nennen, liegt auf Neustädter Gemarkung. Hierhin hatte der Riese das Baumaterial, das er dem Harbach entnahm, gebracht, um auf dem aufgehäuften Berg seine Riesenburg zu errichten.

Nach dem mißlungenen Versuch, sich hier eine Burg zu bauen, verließ der Riese für immer das Gebiet. Was außer den Hügeln noch an ihn erinnert, ist der große Hundertbüchler Menschenschlag. Die Alten beaupteten nämlich, daß die Bewohner der Gemeinde Abkömmlinge des Riesen seien.

(Friedrich Schuster „DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seiten 85-87)

 

Der Henndorfer Schatz

(eine Sage aus Henndorf/Bradeni)

 

Auf dem Henndorfer ,,Skrëibärch“ (Gräfenberg), im oberen Teil des Harbachtals, stand in alter Zeit ein Schloss, darin wohnte der Graf Kirr. Hinter dem Berg besaß der Edelmann einen großen Wald, den ,,Kirpesch“. Aus dem Grafenschloss führte ein unterirdischer Gang bis in die doppelt ummauerte, mit einem Brunnen versehene Wehrkirche der Gemeinde. Auf diesem Weg rettete sich der Graf, wenn die Tataren seinen Sitz stürmten.

Es wird erzählt, dass der Graf der Kirchengemeinde eine goldene Henne mit zwölf Kücken geschenkt habe, und dass von diesem Schatz der Name der Gemeinde herrühre. Während eines Tatarenüberfalls wurden diese Wertstücke vergraben, und später, trotz allen Suchens, nicht mehr gefunden.

Als vor Jahren ein sehr alter Mann im Sterben lag, offenbarte er das nur ihm bekannte Geheimnis: der Goldschatz liege an jener Stelle vergraben, wo der Schatten des Turmknopfes am Nachmittag hinfalle. Aber zu welcher Stunde, sagte er nicht mehr.

Vor weniger Zeit hat man einen Teil des unterirdischen Ganges gefunden. Inzwischen ist auch dieser Abschnitt eingestürzt. Oben auf dem etwa anderhalb Kilometer entfernten ,,Skrëibärch“ sind öfters Ziegeln von dem ehemaligen Schloss des Grafen entdeckt worden.

(Friedrich Schuster, ,,DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seite 101)

 

Pumpernickel

(eine Sage aus Bekokten/Barcut)

 

Eine arme Bekoktener Witwe wusste oft nicht, womit sie ihre fünf Kinder sättigen sollte. Eines Tages, als sie in arger Verlegenheit war, stahl sie Brot. Doch sie wurde gefasst und dem Ortsgericht übergeben, das sie zum Tode verurteilte. So streng waren in jener Zeit die Gesetze.

Die Frau bat um Gnade, man solle doch Nachsicht üben, da sie um ihrer Kinder Willen gestohlen habe, die am Verhungern gewesen seien. Der Richter hörte sie an und entschied, sie nur dann zu begnadigen, wenn sie den Gerichtsherrn eine so schwere Denkaufgabe zu stellen vermöge, das diese sie nicht lösen könnten.

Am festgesetzten Tag trat die arme Witwe mit schlurfenden Schritten in den Gerichtsaal; vor den Gerichtsherrn blieb sie stehen und sagte: ,,Auf Pumpernickel steh ich!“ Dann ging sie einige Schritte weiter und sprach: ,, Auf Pumpernickel geh ich!“ Nun begann sie zu hüpfen und rief: ,, Auf Pumpernickel hüpf ich!“ Dann fragte sie: ,,Ratet meine Herren, was kann es sein?“

Die Gerichtsherren sahen sich an, dachten lange nach, rätselten hin und her, doch auf die gestellte Frage konnten sie keine Antwort geben. Nun, sie solle endlich die Lösung sagen, forderte der Richter die findige Frau auf. Nur dann wolle sie die Lösung des Rätsels preisgeben, wenn man ihre Strafe auch tatsächlich erlasse, entgegnete sie, da sie den Gerichtsherrn nicht ganz vertraute. Als diese ihren Entscheid erneut bekräftigten, erzählte sie, dass sie sich aus dem Balg (?) ihres Hündchens mit Namen Pumpernickel Schuhe gemacht habe, in denen sie nun vor Gerichts getreten sei.

(Friedrich Schuster, ,,DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seiten 38-39)

 

Die irregegangenen Kinder

(eine Sage aus Scharosch/Saros pe Tirnave)

 Die Scharoscher von der Großen Kokel erzählen, dass der Rattenfänger von Hameln mit der ihm folgenden Kinderschar durch das Kokeltal gezogen sei. In jeder Gemeinde, in die der Spielmann kam, liefen ihm Kinder nach. Als er schon durch eine ganze Reihe von sächsischen Ortschaften gewandert war, kam er eines Tages in eine junge Siedlung, die am rechten Ufer der Großen Kokel lag. Hier führte er Jungen und Mädchen zum bewaldetem Berg ,,Mojerusch“, wo sich eine bis dahin nicht vorhandene Türe auftat, durch die der Mann samt den Kindern verschwand.  Aus der jungen sächsischen Siedlung, die der Rattenfänger zuletzt besucht hatte, lief ein kleines Mädchen mit, das seither nie wieder gesehen ward. Weil dieses Mädchen, und alle Kinder die dem Mann gefolgt waren, irregingen, erhielt die Gemeinde, bei der sie im Berg veschwunden waren, den Namen ,,Irrgang“ (rum.: Ernea?). Später starben hier die Sachsen aus, die Benennung der Ortschaft aber ist geblieben.

(Friedrich Schuster, ,,DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seite 95)

 

Der goldene Karrenpflug

(eine Sage aus Felmern/Felmer)

 In den Jahren, als die Sachsen noch in vereinzelten Höfen auf dem Felmerner und Woldorfer Hattert siedelten, errichteten sie eine Kirche, die den Namen ,,Måtheskirch“ (Mattiaskirche) erhielt. Später wurde der Bau mit einer Ringmauer versehen. Ob es die erste, oder gar die zweite Kirche war, die die Einsiedler gebaut hatten, ist nicht bekannt.

Zum Kirchenschatz der Mattiaskirche gehörte neben dem Altargerät auch ein kleiner, goldener Pflug mit Karre. Das kostbare Stück wurde in einem verborgenen Kellerraum aufbewahrt, der sich in einem hohen Hügel, unweit der Kirche befand. Den Schlüssel zum Kellergewölbe verwahrte der Burghüter. Den Mann aber ergriffen die Türken, als sie einmal in der Gegend brandschatzten, und verschleppten ihn in die Türkei, von wo er nicht mehr zurückkehrte. Mit ihm ging auch der Schlüssel verloren.

Nach den Türken wütete die Cholera, an der alle alten Siedler starben. Von den wenigen jungen Menschen, die am Leben geblieben waren, wusste keiner, wo sich der versteckte Keller befand.

Als die beiden Siedlungen zu geschlossenen großen Gemeinden gewachsen waren, wurde die Matthiaskirche, die auf dem hügligen Gelände zwischen den zwei Niederlassungen stand, von den Bewohnern beider Ortschaften besucht. Um das Jahr 1700, als Friede im Land herrschte, wurde die befestigte Kirche von einem Volk, das die Urgoßeltern Schomanyen nennten, gewaltsam abgetragen. Aus den Steinen, die weggeschafft wurden, baute der fremde Stamm die Repser Burg.

Der Hattert, auf dem sich der Kirchenbau einst befand, heißt heute noch ,,Måtheskirch“. Die Stelle, wo er stand, kann heute nicht mehr erkannt werden. Sie befindet sich in der Nähe des bewaldeten hohen Hügels, worin noch immer der goldene Karrenpflug liegen soll.

(Friedrich Schuster, ,,DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seiten 21-22)

 

Die Riesenschlange

(eine Sage aus Königsberg/Crihalma)

 Zwischen dem Galter und dem Königsberger Hattert erhebt sich das hohe ,,Kiarlyrëich“ (Königsberg). Hierher kam einmal König Matthias auf die Jagd. Bei einer Quelle mit kaltem Wasser hielt er an, um daraus zu trinken. Als er sich niederbeugte, schoß plötzlich eine Riesenschlange, die hier auf der Beute lauerte, auf ihn zu. Noch ehe sie den trinkenden König erreichte, hatte sie ein wachsamer Mann aus dem Jagdgefolge erspäht. Er sprang vom Pferd und stellte sich der Schlange in den Weg. In dem Kampf, der sich entfesselte, gelang es ihm, das Tier durch einen Schwerthieb inzwei zu hauen.

,,Ich habe Euer Majestät das Leben gerettet!“ sprach darauf der Mann zum König. Der hatte noch gar nicht wahrgenommen, was in der Zeit, während er Wasser trank, geschehen war.

Weil er ihn vor der Schlange behüttet hatte, beschenkte der König seinen Gefolgsmann mit all den Ortschaften, die dieser an einem Tag umreiten konnte. Der machte sich am anderen Tag schon auf,

überquerte den Alt und umritt bis zum Abend sieben Gemeinden. Beim Rakosch überschritt er wieder den Fluss, um sich dem am rechten Altufer liegenden Galter Hattert zuwenden zu können. Als er sich vor der Gemeinde befand, brach die Nacht herein, so dass sein Vorhaben, auch die Galter zu seinen Untertanen zu machen, misslang. Die Galter blieben sonach freie sächsische Bauern,  im Gegensatz zu den anderen Ortschaften, die leibeigen wurden.

Der Gefolgsmann des Königs wurde darauf zum Ritter geschlagen. Der Herrscher erlaubte ihm, in seinem Adelswappen die Schlange zu führen, als Erinnerung an seine Tat. Er war ein Vorfahre der Adelsfamilie Bethlen.

(Friedrich Schuster, ,,DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seite 18)

 

Der Rundstein im Alt

(eine Sage aus Galt/Ungra)

 Im Galter Altabschnitt liegt tief im Wasser ein großer, runder Stein, auf dem soll folgende Inschrift stehen: „Wenn ihr mich seht, dann müßt ihr weinen!“ Noch hat kein Mensch den Stein je aus dem Fluß herausragen sehen, doch in manchen dürren Jahren, wenn der Wasserstand sehr niedrig war, soll man ihn gleich unter dem Wasserspiegel erblikt haben. In jenen trockenen Jahren, wo auf Feldern und Äckern alles verdorrte, sollen – dem Sinn der Inschrift gemäß – die Menschen vor Hunger geweint haben.

Das letzte Jahr, wo man den Stein durch das trübe Altwasser gesehen hat, war 1946. Infolge der Trockenheit war der Wasserspiegel so tief gesunken, dass der Stein nur noch wenige Zentimeter unter dem Wasser lag.

(Friedrich Schuster „DER WEISSE BÜFFELSTIER“, Seite 83)

 

Die Sage von den Bienen, die einst ein Dorf retteten

(eine Sage aus Reps/Rupea)

 Es  geschah  vor vielen  Jahren  und zwar  zur Zeit  als  die  Tataren  unser  Land durchstreiften und alles eroberten und plünderten, was in ihrem Weg stand. Zu dieser Zeit trug sich in einem Dorf in der Nähe meines Heimatortes, Reps, ein lustiges Erlebnis zu.  Und  zwar  gab  es  im  Dorf  Schweischer  eine  kleine  Bäckerei,  wo  auch  ehrliche Bäckerlehrlinge ihre Lehre machten.

Zwei von den Lehrlingen mussten einmal früh am Morgen das Brot und andere  Backwaren austragen. Nach getaner Arbeit  sollten sie wieder  in  die  Backstube  zurückkehren,  aber  das  taten sie  nicht.  Wie  halt  die Jugendlichen so sind, gingen sie zur Kirchenburg, die mit einer großen Mauer umgeben war. Dort stiegen sie auf die Mauer und unterhielten sich. Als dann der Tag anbrachund das Land in dichten Nebel getaucht war, sahen sie einige dunkle Gestalten, die sichder Kirchenburg näherten. Erst nach einer Zeit sahen sie, dass das Feinde waren, die die Kirchenburg angreifen wollten.  In ihrem großen Schrecken wussten die Jungen nicht was sie tun sollten, sollten sie Alarm schlagen, da das ganze Volk noch schlief? DieZeit war zu kurz.  Da entdeckten sie unweit  einige Bienenkörbe, die voll  mit Bienen waren. In ihrer Verzweifung schleppten sie die Körbe herbei und warfen sie von  der Burgmauer auf die Feinde.

Die Bienen  verbreiteten sich und in ihrer Wut fielen sie über die Feinde her und zerstachen sie, so dass die Feinde die Flucht ergriffen und denOrt schnell verließen. In dieser großen Aufregung und in diesem großen Lärm wachten auch die Dorfbewohner auf und eilten zur Burgmauer. Sie staunten und lobten die zwei Bäckerlehrlinge,  die  mit  Hilfe  der  kleinen  Bienen  ihre  Kirchenburg  und  dieDorfbewohner gerettet hatten.

 

Der Büßer

 (eine Sage aus Keisd/Saschiz)

 Zwei junge Männer hatten dieselbe Frau gern. Beide waren aber verkommene Menschen und gerieten ihretwegen immer wieder in heftigen Streit. Um ihre Gunst zu erwerben, begannen sie eine frevelhafte Tat. Eines Tages wurden sie jedoch gefasst, vor den Richter gebracht und zum Tode verurteilt. Nun bat sich die Frau vom Ortsrichter einen Verurteilten aus. Weil sie gütig und fromm war und der Gemeinde viel Gutes getan hatte, gewährte er ihr die Bitte. Die verurteilten Männer, verlangte sie fernerhin, sollten sich aber den Galgen selbst errichten. Denjenigen aber, der als erstes damit fertig werde, den wollte sie heiraten. Von dieser Vereinbarung durften die beiden aber nichts erfahren.

Als die Männer nun an ihrem Galgen zimmerten, verzögerte der eine die Arbeit, während der andere das Tempo beschleunigte. Der eine versuchte dadurch den Zeitpunkt seiner Hinrichtung hinauszuschieben, der andere aber, der innerlich büßte, nahm die harte Strafe als gerecht hin. Diesen , den letzten, wählte sich folglich die Frau zu ihrem Gemahl.

Der andere Mann wurde gehängt. Einige Tage nach der Hinrichtung wurde der  Leichnam vom Seil abgeschnitten um begraben zu werden. Unter dem Galgen, wo er hinfiel, enstand ein tiefes Loch. Darüber erschracken die Leute mächtig. Seither gestatten es die Keisder nicht mehr, auf ihrem Galgenberg Menschen durch den Strang hinzurichten.

Die Stellen, an denen die Gehängten begraben worden sind, erkennt man auf dem Berg auch heute noch. Hier und da sprießen auf den überwachsenen Gräbern Gartenblumen.

(Friedrich Schuster, ,,Der weisse Büffelstier“, Seiten 19-20)

 

Das Riesenspielzeug

(eine Sage aus Noul sasesc)

 Ein  Riese, der so groß war, dass er von einem Berg auf den anderen schritt, hat vor langen Zeiten in der Neudorfer Umgebung gelebt. An einem Tag, als er den Fuß von ,,Hiönchbärch“ (Hiönchberg) auf das ,,Dadderrëich“ (Radder Hang) setzte, erblickte er im dazwischenliegenden Tal, im ,,Fulkessaifken“(Fulkesgraben), einen mit vier Rossen ackernden Bauern. Der Riese blieb stehen, sah sich die erschrockenen, winzigen Geschöpfe an, griff dann sanft nach ihnen und hob sie in seine Schürze. So trug er den Bauern, die Pflugschar und die davor gespannten Pferde in das Riesenschloss und brachte sie seinen Jungen. Als aber der Riesenjunge das ihm geschenkte neue Spielzeug herumzuschieben begann, wurde der Vater böse. ,,Die darfst du nicht misshandeln, von denen leben wir!” mahnte er den mutwilligen Sohn.  Nun hob er den Bauern und seine Rosse wieder in die Schürze und brachte sie zurück aufs Feld, wo er ihnen die Freiheit gab. Der Bauer machte sich auch gleich an die Arbeit und pflügte seinen Acker fertig. Wo das Riesenschloss sich befand, dass wusste der heimgekehrte Mann nachher nicht mehr. In seiner Angst hatte er sich den Weg und die Richtung, die der Riese eingeschlagen hatte, nicht gemerkt.

,,Än den Hillen“ (In den Hillen) auf dem ,,Hiuhen Rëich“ (Hohen Hang) befinden sich viele ,,Hunnengraiwer“ (Hünengräber) , die denen auf dem Kastenholzer und Gierelsauer Hattert ähnlich sind. Hier wurden vor uralten Zeiten Hünen, große, starke Menschen, begraben. Sie siedelten in der Gegend und starben alle, als eimal die Pest wütete. Andere Hünen kamen nach ihnen nicht mehr in das Gebiet.

(Friedrich Schuster, ,,Der weiße Büffelstier“, Seiten 84-85)

 

Der Törnener Kirchenturm

(eine Sage aus Törnen/Pauca)

 Einmal hat es auch in Törnen einen Kirchturm gegeben. Mit der Zeit ist darauf so viel Gras gewachsen, dass die Bauern sich schon fragten, was zu machen sei.

Einige sagten: ,,Wir steigen auf das Dach und mähen, da haben wir auch schönes Heu.“

Die anderen aber meinten: ,,Na, wie wollt ihr das machen, auf dem Dach kann man ja nicht mähen“.

Da kam eines Tages ein Fremder ins Dorf und sagte: ,,Zieht doch ein Büffeltier hinauf auf das Dach, damit es das Gras fressen kann“.

Nun haben sich die Törnener gefreut. Als sie aber das Büffelrind hochzogen, brach der Turm zusammen — die Mauern waren schon sehr alt und haben das Gewicht nicht ausgehalten.

(Claus Stephani, ,,Die Sonnenpferde“, Seite 39)

 

Ruhe im Froschteich

(eine Sage aus Gergeschdorf/Ungurei)

 In früheren Zeiten gab es im Bächlein, das durch Gergeschdorf fließt, viele Frösche. In warmen Sommernächten quackten sie bis spät in der Nacht; doch die Bauern störte das nicht, sie waren müde von der schweren Feldarbeit und hatten einen tiefen Schlaf.

Anders war es jedoch an den Sonntagen, wenn man das Froschkonzert sogar während des Gottesdienstes hörte, denn die Kirche stand damals schon dicht neben dem Bächlein. Da pflegte der Prediger zu sagen: ,,Die Frösche sind wohl auch Geschöpfe Gottes, aber wenn ich auf der Kanzel stehe, möchte ich sie, bei Gott, nicht mehr hören!’’

So hatte er eines Tages einen guten Einfall: Er stellte einen Zigeuner als Froschwächter an. Der musste nun jeden Sonntagvormittag, wenn die Sachsen in der Kirche waren, über die Frösche ,,wachen’’: quackten sie, so schlug er mit einer Fisolenstange (Bohnenstange) aufs Wasser und rief : ,,He, schweigt!”

Nun war, so sagt man, Ruhe im Froschteich.

(Claus Stephani, ,,Die Sonnenpferde“, Seite 28)

 

Die ,,Goldgrube“

(eine Sage aus Weingartskirchen/ Vingard)

  In der Nähe von den Weingartskirchen gibt es zwischen zwei Hügeln einen Graben, der im Volksmund ,,Goldgrube“ heißt. In alten Zeiten soll hier ein Grafenschloss gestanden haben.

Als die Türken einmal ins Land einfielen, musste auch der Graf mit seinem Gesinde in die nahen Wälder flüchten. Vorher jedoch vergrub er Schmuck und Goldstücke neben einer alten Eiche, die hinter seinem Schloss stand.

Die Türken brannten das Anwesen nieder, und auch von der Eiche blieb nichts mehr übrig. Der Graf hatte nun keine Zeit, den Schatz zu heben, und als er eines Tages starb, wusste niemand mehr davon.

Seither hat man schon öfters in der ,,Goldgrube“ nach jenem Schatz gesucht, doch fand man immer nur alte Tonscherben und Knochen.

Vor einigen Jahren begann man wieder zu graben, und diesmal hatte das ,,Golfieber“ die ganze Gemeinde erfasst: Den ganzen Tag über hackten und schaufelten Männer und Frauen an jener Stelle, wo man den Schatz vermutete.

Hier hatten nun zwei Spaßmacher einen Küchentopf vergraben, und in der Nacht stieß ein Bauer plötzlich auf den Topf und rief:, ,Hej, da ist was!“

Während die anderen hinzueilten, um den ,,Schatz“ zu sehen, erschienen plötzlich zwei weiße Gestalten und jagten den Leuten einen solchen Schreck ein, dass sie alles liegen ließen und davonliefen. Die beiden Spaßmacher hatten sich als ,,Gespenster“ verkleidet und so dem Schatzsuchen ein Ende bereitet.

(Claus Stephani, ,,Die Sonnenpferde“, Seite 82)

Erinnerung an Honig, Schnaps und Wein.


In Mühlbach wurde seit ewigen Zeiten, so wie im ganzen Unterwald in Siebenbürgen, die Tradition der Selbstversorgung aufrechterhalten. Ich möchte aber nur auf die, wie im Titel zu lesen ist, nämlich die Versorgung mit Honig, Schnaps und Wein eingehen, und einige Erinnerungen niederschreiben.

Einen reichen Ort erkannte man unter anderem daran wie viele Weingärten und Obstgärten er besaß. Da konnte Mühlbach in frühen Jahren durchaus mit den Benachbarten Ortschaften mithalten. Die umliegenden Berge so wie der Pripok, der Rote Berg und so weiter, waren zum Grossteil mit Wein- und Obstgärten bedeckt. Dazu kamen noch die Großen Hausgärten, wo fast jeder auch ein paar Reben und Obstbäume angepflanzt hatte ja sogar in den meisten Höfen gab es Reben verschiedenster Sorten.

Was die Honig- Produktion betrifft, wissen wir aus der Geschichte das die schon aus grauer Vorzeit stammt. So auch in Mühlbach. Die hiesigen Imker waren in meiner Kindheit alle als Hobbyimker tätig. Wen man überlegte welch gute Bedingungen für die Imker rund um Mühlbach herrschten, kann man sich denken das es viele an der Zahl waren die diesem Hobby, das auch ein Zubrot war nachgingen. Meine erste Erfahrung mit Bienen machte ich im Elterlichen Hof, wo ein großer Maulbeerbaum mit süßen weisen Maulbeeren stand. Wenn man im Sommer Barfuss durch den Hof ging und aus versehen auf eine Biene im Maulbeer- übersätem Hof trat, so wurde man mit Sicherheit gestochen.

Meiner Oma ihr Schwager hatte auch Bienen. Da sah ich zum ersten Mal von wo die Bienen kamen und wie sie gehalten wurden. Im Hausgarten hatte er ein hölzernes Bienenhaus mit sechs bis acht Bienenstöcke. Da waren sie gut geschützt vor der Winterlichen Kälte. Im Frühjahr und Sommer konnte man eine der Wände hochklappen und so die Vorderseite der Bienenstöcke freigeben.

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 Beispiel eines solchen Bienenhauses.

 In diesem Bienenhaus wurden auch alle Werkzeuge  der Imkerei untergebracht, so wie auch Reserverahmen für die Bienenwaben. Hier wurde so zu sagen eine „Stationäre Bienenzucht“ betrieben. Viele der Hobbyimker begaben sich mit ihren Bienenvölkern auch auf Wanderschaft zu den verschiedenen Blüten so wie: Akazie, Raps oder gingen ins Gebirge um den guten Waldhonig zu produzieren. Der Schwager meiner Oma hieß mit Vornamen Daniel, für mich aber „Onkel Dany“. Also immer wen ich mit meiner Oma bei ihrer Schwester war ging ich in den Garten wo sich das Bienenhaus befand. Onkel Dany befand sich meistens auch im Garten, und fast immer beim Bienenhaus oder saß an dem Gartentisch der sich daneben befand. Und hier erzählte er mir so einiges über Bienen und Imkerei. Im Garten konnte man so gut wie alles finden was man so bei fast allen Leuten in den Gärten fand. Es gab Apfelbäume, Birnenbäume, Zwetschgenbäume, Gemüse und Kräuter. Da jedes Haus einen Eigenen Garten besaß, hatte Mühlbach durch diese einen beträchtlichen Anteil seiner Fläche als Grünland also sprich Vegetation. Dadurch war es möglich dass auch die Imker die mit ihren Bienenvölkern nicht auf Wanderschaft gingen, einen zufrieden stellenden Ertrag an Honig verzeichnen konnten.

Was nicht als Eigenbedarf zurückgehalten wurde verkaufte man an den Wochenmärkten oder an Nachbarn. Obwohl man noch vieles zum Thema Honig sagen könnte, möchte ich jetzt nicht auf näheres eingehen. Ausführlicher kann man alles in der Fachliteratur nachlesen.

 

Betrachten wir nun einen weiteren Bereich der Selbstversorgung, den Schnaps.

In den meisten Ländern Europas, war und ist, das private Schnapsbrennen verboten, so auch in Siebenbürgen. In der Regel musste man laut Gesetz den Schnaps bei einer offiziell anerkannten Schnapsbrennerei herstellen lassen, und der Menge entsprechende Anteile als Entlohnung für die Nutzung des Kessels abgeben. Das war in meiner Kindheit meistens bei der Kollektivwirtschaft.

Die meisten Bürger aber wichen dieser Regelung aus, und jeder der Obstbäume hatte, und dem das Fallobst zu schade war das es kaputt geht, der bastelte oder besorgte sich einen kleinen Schnapskessel.

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 Beispiel eines selbst gebasteltem Schnapskessel

 Mit den erfahrenen, oder vererbten Kenntnissen, war die Schnapsherstellung nicht schwer. Die Voraussetzung war das man im Besitz der nötigen Einrichtung war. Die traditionelle Schnapssorte in Siebenbürgen war die, deren Ursprung das Obst war. In späteren Jahren bastelte ich auch so eine Destille. Ich hatte einen Kupferkessel in dem wir das Futter für die Schweine kochten oder am  Waschtag die weiße Wäsche ausgekocht wurde. Den Deckel fertigte ich aus einer in der Größe passenden Emaillierten Waschschüssel. Ich organisierte ein Daumendickes Kupferrohr und fertigte daraus die Spirale für den Kühlbehälter. Als Kühlbehälter diente ein altes Blechfass. Das „Material“ für die Schnapsherstellung spendeten der Hausgarten und der Hof. So Machte ich jedes Jahr bis 20-30 Liter eigenen Schnaps.

Mit dem Wein verlief es auch ähnlich, die Trauben kamen aus dem Hausgarten und aus dem Hof. Im Hausgarten wurden die Reben meistens am Rande des Grundstückes angebaut. Diese wurden auf Spalier parallel zum zentralen Gartenweg oder entlang des Zaunes zum Nachbargarten gezogen. Edelsorten wurden aus Platzmangel  nicht bevorzugt, hingegen solche Sorten die man in langen Ranken ziehen konnte. Die hatten den Vorteil dass sie mehr Ertrag pro Weinstock lieferten als die Edeltrauben.

In den Höfen wurden die Trauben meistens entlang der Hauswand oder auf ein Gestell das die Form einer Laube hatte gezogen. In meiner Kindheit und auch danach hatten wir auch so ein Plätzchen im Hof wo man an heißen Sommertagen gemütlich im Schatten sitzen konnte. Fast jeder hatte Sommersüber einen Tisch mit Bänken oder Stühlen im Hof. Was auch im Garten der Fall war.  Eine in Mühlbach sehr verbreitete Traubensorte war die Erdbeertraube oder Isabella genannt. Diese Sorte hatte ein besonders gutes Aroma und in der der Reifefase konnte man den angenehmen Duft schon von der Gasse wahrnehmen.

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 Trauben der Sorte Isabella oder  Erdbeertraube

 Bei der Lese wurden die Trauben durch die Mangel gedreht oder per Hand zerdrückt um die Schale der Beeren zu öffnen. Damit der Saft besser austreten konnte. Danach ging es an das keltern. Diese Kelter oder Traubenpressen genannt waren für den Häuslichen Gebrauch natürlich nicht von so großen ausmaßen wie bei den Bauern, da die geerntete Menge nicht so groß war wie bei diesen. Da nicht jeder über so ein Gerät verfügte ging dieses oft leihweise durch die Ganze Nachbarschaft. Es gab aber auch Kelter zu kaufen, diese hatten ein Fassungsvermögen von ungefähr 50 Kg  Trauben.

 Traubenpresse

 Kelter (Traubenpresse)

(Ca. 50 Liter)

 Nach dem Keltern wurde der Most in Fässer oder wie es bei den meisten üblich war in große Glasflaschen von 50 Liter Fassungsvermögen, die in einem Weidenkorb in Heu oder Stroh saßen, gefüllt. Da fand dann der Gärungsprozess statt.

 Krug

 Glasbehälter im Weidenkorb

(50 Liter)

 Da gab es noch in Mühlbach die Tradition der Obstweine. Diese wurden aus verschiedenen Früchten hergestellt so wie Schlehe, Kirsche oder Weichsel. Wir stellten auch jedes Jahr Weiselwein her.

 Weichselbaum

 Weichselbaum (Sauerkirsche)

 

Im Anschluss unser Hausrezept:

Einen Eimer entkernter Weichseln mit c.a. 45 Liter Kochendem Wasser überbrühen und von einem zum anderen Tag ziehen lassen.

Am nächsten Tag das Ganze durch ein Tuch (Tifon) abseihen. (Die Weichseln bekamen die Hühner.)  Den Saft mit c.a. 2 Kg Zucker pro 10 Liter gut verrühren bis der Zucker gelöst ist. Den Saft nachher in die Besagten 50 Literbehälter geben und mit einem Korkstopfen der ein Röhrchen mit einem Schlauch hat verschließen. Das  andere Ende des Schlauches in ein Glas mit Wasser geben um alles Luftdicht abzuschließen. Während dem Gärvorgang steigen in dem Wasserglas Luftblasen auf.

Die weitere Behandlung identisch wie beim Traubenwein. Sehr lecker.

Horst Theil

Weinlese am Pripok


 siebenbürgische weingärten

Weinberge in Siebenbürgen

 Ja, die Weinlese. Wer freute sich nicht wenn der Sommer zu Ende ging und die Blätter der Bäume sich zu verfärben begannen. Wenn die ersten Nebelschwaden vom Zeckesch und Bach über die geernteten Felder zogen war die Zeit der Weinlese gekommen. Das war in der Regel von der Ersten Oktoberwoche bis zur Dritten.

Die Weingärten der Mühlbacher befanden sich vorwiegend am Pripok und manche auch auf dem „Roten Berg“. In meiner Kindheit waren diese schon alle verstaatlicht. Die Bauern die die  Weingärten bearbeiteten, bekamen vom „Colectiv“ eine oder zwei Reihen, je nach wie viele Reihen sie bearbeitet hatten zur Lese zugeteilt. Das war der Lohn ihrer Arbeit im Weinberg. In diesen Weingärten wurden Unterschiedliche Traubensorten angebaut.

Einige Sorten:

feteascaregala

 Mädchentraube

 Muskat

 Muskat

rizling

 Riesling

 otonel

 Otonel

 Ich hatte auch noch die Gelegenheit bei diesem Ereignis, das von allen ungeduldig erwartet wurde, dabei zu sein. Ein paar Tage zuvor hatte ich mitbekommen dass unsere Milchfrau, eine Bäuerin gegenüber von der Schlachtbrücke von der wir die tägliche Milch bekamen, meine Mutter fragte ob wir auch bei der Lese helfen möchten.

Natürlich sagte sie zu. Als mein Vater von der Arbeit kam berichtete sie ihm dass wir auch zur Weinlese als Helfer eingeladen waren. Das hatte zur Folge dass mein Vater mich nächsten Donnerstag auf den Platz (Wochenmarkt am Holzplatz) mitnahm. Ich musste auch früh aufstehen, was mir aber gar nicht behagte. Aber ich sollte eine Überraschung erleben. Mein Vater nahm das Wagerel (Handwagen, Bollerwagen) und ich durfte darauf mitfahren. Unser erstes Ziel auf dem Platz waren die Getreidestände gegenüber vom Leibli (Tischlerei ehemals Leibli). Nach einigem Hin und Hehr kaufte mein Vater drei Viertel Kukuruz (ein Viertel – Maßeinheit von Getreide). Das war für unser Schwein gedacht und ich durfte auf dem Sack im Wagerel reiten. Danach nahm mich mein Vater an der Hand und wir gingen in  dem Marktgewühl zu einem Verkaufsstand der allerlei Sachen Sensen, Sicheln und Schleifsteine anbot. Zu meiner Überraschung hatte er auch Taschenmesser zu verkaufen, die fein säuberlich nach Größen geordnet da lagen. Das waren, wie um diese Zeit üblich, solche mit dem Griff in Fischform. Mein Vater kaufte ein kleineres dieser Taschenmesser die am Griffende einen Ring hatten. Dieser war für die Kette die gleich mitgekauft wurde um das Taschenmesser am Hosenbund fest zu machen. Mein Vater sagte: „ So, jetzt hast du auch ein „Burikmesser“ das brauchst du wen wir zur Weinlese gehen“. Dann aßen wir noch jeder zwei „Mici“ und nachher ging die Reise wieder nach Hause.

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 Das „Burikmesser“

Foto: Ocazii.ro

An einem der nächsten Morgen war es dann so weit. Ich wurde wieder sehr früh geweckt und nach dem wir uns angezogen und gefrühstückt hatten warteten wir nicht all zu lange und der Bauer kam herein und sagte uns wir sollten auf einen der Zwei Wägen (Gespanne) aufsteigen und wo Platz ist hinsetzen.

Nach der Begrüßung mit der Familie und noch 2 – 3 Helfern fanden wir auch, recht oder schlecht, unser Plätzchen im Wagen und los ging die Fahrt in Richtung Pripok. Als wir von der Altgasse in die Quergasse bogen sah man weiter voraus noch einige Wägen die auch zur Weinlese fuhren.

Wir waren mit Zwei unterwegs wie ich schon vorher erwähnte. Der Eine ein Ochsenwagen auf dem der Große Bottich stand und die Hölzernen Gefäße die man auf den Rücken nahm wie einen Rucksack um die gelesenen Trauben zum Bottich auf dem Wagen zu bringen. Auf diesem saßen auch ein paar Personen.

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Beispiel vom Ochsenwagen mit Bottich

Weinlese in Bussd bei Mühlbach 1930

Bild: Siebenbürgerinstitut.

 

Der andere Wagen war ein Pferdewagen und wurde für den Transport der restlichen Personen und der Verpflegung gebraucht.

Pferdewagen

 Beispielbild

Pferdewagen

 Es ging über die Bahnhofsgasse und am Bahnhof vorbei in die Millennium- Gasse in Richtung Stadtausgang und Pripok weiter. Das letzte Gebäude der Stadt, auf der Rechten Seite war das ehemalige Bindergut mit seinem Herrenhaus das zu dem Zeitpunkt die „Kollektivwirtschaft“ beherbergte. Nach passieren dieser Stelle begann der Weg ziemlich steil bergab zu gehen. Vor uns öffnete sich die Malerische  Zeckesch Ebene mit dem Pripok im Hintergrund.

Momentaufnahme - 26 (2)

 Der Weg zum Pripok über die ehemalige Zeckeschbrücke zu den Weingärten.

 Mittler Weile war die Herbstsonne schon am Himmel und tauchte die noch von Nebelschwaden durchzogene Landschaft in ein gespenstisches weißes Licht. Die Wiesen und Sträucher waren noch nass vom nächtlichen Nebel. Wir näherten uns der Alten Hölzernen Zeckeschbrücke und passierten diese mit rumpelnden Wagenrädern. Nach einer Weile gelangten wir am fuße des Pripok die Einfahrt zum Hohlweg der hinauf zu den Weingärten führte. Dieser hatte steile Wände und sandigen Untergrund und verlangte den Zugtieren alle Kräfte ab. Bei einer Ausfahrt vom Hohlweg im oberen Drittel bogen die Wägen Links ab und wir waren angekommen.

Die Zugtiere wurden ausgespannt und an einer geeigneten Stelle angeleint. Sie bekamen ihr wohlverdientes Futter und konnten ausruhen bis Ende des Tages. Die Wägen brachte man in Position so das sie führ die Heimfahrt nicht mehr gewendet werden mussten. Der Bauer erklärte den Lesehelfern den Ablauf  der Lese, und teilte die Leute ein.

Mittlerweile hatte die Sonne sich durchgesetzt und gab den Blick über das Zeckeschtal bis hin zu den Häusern von Mühlbach frei. Der angenehme Duft der reifen Trauben war allgegenwärtig. Das Gras war auch schon trocken. Die Lesegesellschaft richtete sich einen Picknickplatz am Rande des Weingartens ein, wo man über Mittag essen und ausruhen konnte. Nachher begann das Traubenlesen. Jeder Helfer mit einem Eimer und Taschenmesser oder Gartenschere bewaffnet, begab sich zu einem Abschnitt einer der Beiden Reihen die zum lesen waren und die Arbeit begann.

Zwei der kräftigsten Männer mit dem schweren Holzbehälter auf den Rücken geschnallt, begaben sich zwischen die Leser. Immer wenn ein Eimer voll war wurde dieser in den Behälter gekippt und die Trauben da mit einem Stock, der an der Spitze einige Verzweigungen hatte, zerdrückt. So passten mehrere Eimer Trauben in diesen Behälter hinein. Wenn er voll war wurde er zum Wagen mit dem großen Bottich getragen und über eine kleine Holzleiter in diesen gekippt. Wir Kinder inspizierten erst das Gelände und begannen natürlich erst mit Trauben essen. Dann spielten wir und machten den ganzen Weingarten unsicher. Es wurde mit den neuen Taschenmessern herumgeschnippelt und allerhand Unfug getrieben. Zur Mittagszeit versammelten sich alle Mann am Rastplatz und es wurde ausgiebig gegessen. Nach dem Mittag ging die arbeit und das Spielen weiter. Überall im Weinberg sah man Leute und Wägen. Es wurde auch ab und zu gesungen und getratscht zwischen den Reihen.

Als der Tag sich dem Ende zuneigte waren alle Gefäße voll. Die Körbe mit ganzen Weintrauben auch. Die Gesellschaft bereitete sich auf die Heimfahrt vor, alles wurde auf die Wägen gepackt, die Zugtiere eingespannt und die Heimreise begann. Der Bauer sagte uns dass wir nicht aufsteigen sollten bis wir nicht wieder am Fuße des Pripok waren. Uns Kindern gefiel das gar nicht aber wir sahen bald warum diese Verordnung gut war. Bevor die Wägen den Abschüssigen Hohlweg befuhren wurden die Hinterräder der Wägen mit Ketten die um die Speichen gelegt wurden und am Wagengestell befestigt, blockiert. Und das war gut so den schwer beladen und auf dem Sandigen Untergrund glitten die Wägen wie auf Kufen den Hohlweg hinab. Der Bauer sprach mit ruhiger Stimme auf seine Tiere ein und führte die Gespanne sicher bis runter vom Pripok.  Jetzt durften wieder alle aufsteigen und die langsame Heimfahrt begann. Nach der Zeckeschbrücke, bei der „Hula lui Binder“, erwarteten uns Zigeuner aus der Stadt und bettelten um Trauben. Einige schlugen auch das „Zigeunerrad“ und sangen und tanzten um etwas abzubekommen.

Wieder in der Altgasse angekommen stiegen wir müde und mit einem Eimer Weintrauben als Dank ab und begaben uns nach einem Abendessen zur wohlverdienten Bettruhe.

Diese kleine Erinnerung an die Weinlese in der Heimat ist auch ein Teil meiner Kindheit die ich nicht missen möchte.

 

Horst Theil

Hundstage in Mühlbach


Ja, die gab es auch in Mühlbach. Wer den Begriff nicht kennt, das waren die heißesten Tage gegen Ende des Sommers also Mitte August. Die Vorboten zu dieser Periode des Jahres konnte man bis späht in die Nacht wahrnehmen. Das Rattern der Traktoren die, die Mähmaschinen hinter sich über die Kornfelder des Rosenfeldes (Ruzga) daher zogen. Das Korn war reif und wollte geschnitten werden. Das Gute Wetter und die Zeit drängten. Zu dieser Zeit, als ich noch Kind war, gab es noch keine Mähdrescher (Combaine). Das Korn wurde zwar damals schon mit der Mähmaschine geschnitten, aber alles andere wurde noch in Handarbeit bei der Ernte gemacht. Ich erzähle euch dieses wegen der Jungen Leute die das nicht mehr erlebt haben und auch nicht mehr werden. Also an einem dieser Tage beim Schnitt konnte man noch die Bauern in Gemeinschaft hinter der Mähmaschine daher gehen sehen wie das Geschnittene Korn zu Garben gebunden wurde. Eine Garbe bestand aus einem Bündel Ähren das mit einem aus Ähren gedrehten Strick kunstvoll zusammen gebunden wurde. Das ging schnell und präzise bei den geübten Bauernhänden. Die Garben wurden senkrecht gegeneinander gestellt zu einer Pyramidenform. Das war nötig damit sie gut trocknen konnten und bereit zum Dreschen waren. Die Garbenbinder hatten es diese Tage schwer. Das war eine mühevolle und anstrengende Arbeit. Den Ganzen Tag in der prallen Sonne und dem aufgewirbelten Staub. Die Bekleidung war ein Strohhut, ein leichtes Hemd, Hosen und Schuhe oder Sandalen. Frühstück und Mittagessen wurde den Garbenbindern meistens von einem Familienmitglied auf den Acker gebracht. Dann suchte jeder wo er konnte ein wenig Schatten und genoss die Pausen die bei diesen Arbeiten bitter nötig waren. Diese Arbeiten wurden von der LPG (Colectiv) organisiert. Aber das war nur der Auftakt der Kornernte. Nach dem die Garben ein paar Tage getrocknet waren stellte man eine oder zwei Dreschmaschinen auf dem Acker auf, mit den dazugehörigen Antriebsmaschinen die in der Regel zwei altersschwache Lanz Bulldog Traktoren waren die noch ein Schwungrad mit Flachrimenscheibe besaßen.

 

foto by valimi

Beispielbild einer Dreschmaschine

Foto by valimi.

 Diese Traktoren stammten noch aus früherem Privatbesitz und wurden ca. 10 Meter von den Dreschmaschinen entfernt aufgestellt. Die Kraft wurde von einem langen Flachriemen aus Rinderhaut zur Dreschmaschine übertragen. So eine Dreschermannschaft bestand in der Regel aus 10 bis 14 Leuten die sich in gewissen Abständen abwechselten. Die Garben wurden per LKW, die auch jeder eine Mannschaft von bis zu 6 Mann hatten, vier unten zum Garbenhochreichen und zwei oben um diese zu stapeln, bis zum Dreschplatz herangefahren. Der LKW hielt direkt neben der Dreschmaschine und die Garben wurden den Zwei Mann auf der Dreschmaschine hinüber gereicht die sie dann in den Einwurf legten wo sie rasch in das innere der Dreschmaschine hineingezogen wurden. Auf der anderen Seite der Dreschmaschine wartete schon ein anderer LKW um das gedroschene Korn aufzunehmen und wegzufahren. Das geschah mit Hilfe einer Schnecke die von der Dreschmaschine  schräg nach oben und somit über die Ladefläche des wartenden LKW ragte.

Über die ganze Zeit waren Mechaniker und Leute die sich mit dieser Technik noch auskannten vor Ort. Sehr oft wurden diese In Anspruch genommen. Eine Wasserzisterne und Pumpe war auch für den Fall eines Feuers (was manchmal passierte) da. Das waren aber auch die einzigen Sicherheitsmaßnahmen die da anzutreffen waren. Ja und Fässer mit Diesel für die Aggregate waren auch in der Nähe gelagert.

Seceris. Emigrantul FB

Beispielbild:  Dreschplatz vor Benutzung von LKW 

Bild: FB. Emigrantul

Was die Drescher betrifft waren die noch schlimmer dran als die Schnitter und Garbenbinder. Der ganze Dreschplatz war in eine Staubwolke gehüllt die man auch aus der Stadt sehen konnte. Der Dreschplatz vom Rosenfeld befand sich in Verlängerung der Altgasse über die Bahngleise neben der Schottergrube ca. 200 – 300 Meter vom Gleis in Richtung Roter Berg. Die Drescher schützten sich mit einem über den Mund gebundenes Tuch gegen den immensen Staub. Nach einem Tag an der Dreschmaschine sahen alle wie Neger aus. Der Grund war der Staub die Hitze des Tages und der Schweiß der Männer. Das Dreschen dauerte manchmal eine ganze Woche je nach Ernte und Jahr. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. In Diesen Tagen gingen wir auch oft zum Dreschplatz um dem Treiben zuschauen zu können. Das geschah meistens am späteren Nachmittag. Unsere Bekleidung bestand nur aus kurzer Hose und Sandalen oder barfuß. Natürlich machten wir auch an der Schottergrube halt und spielten da einige Zeit. Dann ging es über das Bahngleis. Von da sah man schon in zwei drei Hundert Meter den Dreschplatz, die Arbeiter den Staub und alles was dazu gehörte. Uns faszinierte das Treiben der Menschen und das unverkennbare  Auspuffgeräusch des Lanz Bulldog Traktors. Wir staunten über die Länge des Treibriemens der an den Antriebsrädern über Kreuz angelegt war. Das war aus dem einfachen Grund, dass die Drehrichtung der Dreschmaschine eine andere wie dem Schwungrad des Traktors war, und man auf diese Weise die Drehrichtung anpassen konnte. Und da dieses Verfahren nur ab einer gewissen Länge des Treibriemens möglich war setzte man den Traktor in einem gewissen Abstand zur Dreschmaschine, daher die Länge des Treibriemens. Die Verständigung zwischen den Arbeitern erfolgte sehr Laut wegen der Schwierigkeit des Verstehens bei dem Krach des Traktors den Laufenden LKW Motoren und nicht zuletzt den Krach den die Dreschmaschine selber machte. Unter diesen Umständen verstand man von weitem dagegen jedes Wort das die Arbeiter sich zuriefen. Wir näherten uns nicht zu stark dem Dreschplatz da wir von daheim eingebläut bekommen haben das da leicht ein Unfall passieren kann wen man da herumstöberte und die Arbeiter nicht die Zeit hatten auf uns Kinder zu achten. Das konnte leicht im bereich des Antriebs Riemens passieren da dieser Nicht geschützt war und schon ein kleines stolpern konnte jemanden in Gefahr bringen von diesem erfasst zu werden. In der Regel saßen wir am Bahndamm und sahen von da zu. Das geschah manchmal bis späht abends. Die Dreschmaschine wurde mit den Letzten Garben gefüttert, zumindest für diesen Tag. Der Bunker wurde geleert und das Korn mit dem Letzten Transport weggefahren. Die Maschinen wurden gestoppt und es legte sich eine ungewohnte Ruhe über den ganzen Platz. Nur das Gerede der Menschen war noch zu hören. Die Luft wurde klarer nach dem sich der Staub nach einer Weile gelegt hatte. Um diese Zeit traf auch der Nachtwächter auf dem Platz in Begleitung seines Hundes ein. Es wurden noch einige Gespräche geführt bevor alle ihre Sachen packten und sich auf den Heimweg nach einem anstrengendem Tag machten. Zurück blieb der Nachtwächter der auf dem Platz die Verantwortung bis zum Morgen trug wen wieder alles von vorne begann. Wir gingen auch Heim nach einigen Stunden die wir mit Zugucken verbrachten. Von der Schottergrube bis nach Hause begleitete uns nur noch das Konzert der Frösche und das Zirpen der Grillen. So ging einer der Hundstage, an die ich mich noch erinnere, zu Ende.

Horst Theil

Wer so alles durch die Straßen von Mühlbach zog.


Die Hausierer? Die fliegenden Händler? Die wandernden Handwerker? Oder die Bettler?

Ein wenig von allen. Ja früher konnte man in Mühlbach noch so etwas erleben, das so manche Gestalten durch die Gassen der Stadt zogen. An die sich wahrscheinlich die die meisten erinnern waren die bettelnden Zigeuner. Besonders die Zigeunerfrauen meistens noch ein Kind dabei. Das waren aber keine einheimischen Zigeuner aus Mühlbach sondern meistens von unterschiedlichen Wanderzigeunerstämmen die gelegentlich am Rand von Mühlbach, auf ihrer ständigen Reise durch Siebenbürgen, halt machten. Sie gaben sich auch mit einem Stück Brot zufrieden, nicht bevor sie versuchten auch noch Geld oder andere Sachen zu bekommen. Sie nahmen auch alte Kleider oder Schuhe so wie fast alles das man entbehren konnte und nicht mehr brauchte. Ich erinnere mich als ich Kind war das jedes Jahr vor Weihnachten, in der Zeit des Schweineschlachtens eine alte Zigeunerin zu uns kam um das Schweinehaar abzuholen das übrig blieb nach den Brühen des Schweins in der Molter (bei uns brühte man das Schwein vor dem brennen mit Stroh oder Gasbrenner). Ich wusste nicht was die mit den Schweinehaaren machen wollten, bis mir meine Mutter erklärte das die Zigeuner Bürsten daraus machen.

Der Eisverkäufer Dumitru war selbstverständlich allen in Mühlbach bekannt als er mit seinem Karren im Sommer durch die Straßen zog. Uns Kindern sowieso.

Eine weitere Sensation war es wenn der Scherenschleifer durch die Straßen zog. Ja den hatte ich auch noch erlebt. Seine Schleiferwerkstatt schob er vor sich her unter Form eines Schubkarrens ähnlichen Gefährts. Es war ein Holzkasten der vorn ein Rad hatte und hinten zwei Tragegriffe wie eben ein Schubkarren. Auf der Oberseite des  Holzkastens war die Welle mit dem auswechselbaren Schleifstein. An der Rechten Seite befand sich das Schwungrad und die Tretpedale mit der das Ganze angetrieben wurde. In einem separaten kleineren Kasten hatte er die verschiedenen Schleifsteine und ein wenig Handwerkzeug, das er zur Feinarbeit benötigte. Nach gewissen abständen Schrie er mit lauter Stimme und bot seine Dienste an. Bei dieser Gelegenheit kamen alle Hausfrauen und jeder der etwas schärfen wollte und versammelten sich rings um. Die einen hatten stumpfe Scheren oder Messer die anderen Sicheln oder alles andere was zum schärfen war. Für wenig Geld hatte man so die Gelegenheit sein Werkzeug, Messer oder Scheren wieder scharf zu machen. Das war eine ehrliche Arbeit die mühevoll und schwierig war. Mancher wird sagen dass das einfach war, aber niemand wusste wie viele Stunden der gute Mann seinen Karren schon vor sich her schob und wie viele Schliffe er schon gemacht hatte um sein bescheidenes Täglich Brot zu verdienen.

Ein anderes Mal kamen Löffelverzinner durch die Straßen. Ich will euch erklären was das war. Früher gab es bei den normalen Bürgern Essbesteck das nicht aus Silber oder Edelstahl gefertigt war sondern aus normalem Eisen oder anderen Metallen. Nach vielem gebrauch trotz behandeln mit Scheuersand verlor es die Beschichtung und rostete oder oxidierte immer wieder. Jetzt waren die Dienste der Verzinner gefragt. Wen so einer in der Straße auftauchte und ähnlich dem Scherenschleifer seine Dienste angeboten hatte, kamen viele Hausfrauen mit dem Besteck zu ihm. Das Besteck wurde erst von Hand gesäubert und mit Schmirgelpapier abgerieben. Dann Tauchte er das Besteck in eine Flüssigkeit und nachher in ein Bad mit geschmolzenem Zinn. Nachher sah das Besteck glänzend und wie neu aus, und blieb eine ganze weile so bis die Zinnschicht wieder weg war.

Auch dieses, ein ehrlicher und mühsamer Erwerb des täglichen Brotes.

Ab und zu kam auch einer der Regenschirme reparierte. Er hatte diverse Ersatzteile aus Metal und verschiedene Stoffteile zum flicken der Schirmbespannung. Viele die einen unbrauchbar gewordenen Regenschirm hatten ließen diesen für ein paar Lei reparieren und mussten keinen neuen kaufen.

Es waren auch welche mit Pferd und Wagen die durch die Stadt zogen und Flaschen und Einmachgläser aufkauften. Viele verkauften die leeren Flaschen an diese Leute um nicht selber zu den Annahmestellen zu gehen. Der Preis war einige Bani geringer als bei den Annahmestellen und durch diesen Unterschied verdienten sie ein wenig Geld. Mann muss dazu sagen das diese Aufkäufer die Flaschen auch schmutziger annahmen was die Annahmestellen nicht machten. Das hieß dass die Flaschen auch gesäubert werden mussten, was in der Regel in den Hundserlen am Klosterbach geschah. Ich habe oft gesehen wie das geschah in der Regel dauerte das waschen der Flaschen einen ganzen Tag. Mühevoll und anstrengend auf jeden Fall.

Mühlbach war ein Ort wo fast jeder seinen eigenen Wein machte oder auch oft Schnaps. Ein Krautfass hatte auch jeder Haushalt. Diese gingen manchmal kaputt. Es platzte ein Reif oder eine Dauge musste ersetzt werden. Da keine Fassbinderei mehr um die Zeit in Mühlbach war kamen die Motzen aus dem Erzgebirge zu Hilfe. Mann konnte am Donnerstag am Holzplatz neue kaufen aber der Preis eines neuen Fasses oder Schaffes war wesentlich höher als der der Reparatur. Man konnte die Motzen am Platz mit Ihren Pferdewägen mit Kober und beladen mit Fässern und allem was dazu gehörte sehen. Einige derer zogen durch die Straßen und boten die Reparatur von Fässern und Schäffern an.

 Casa memoriala Avram Iancu - Caruta (Cocie) incarcata cu ciubere pregatita pentru mers in tara

 

Einer dieser Motzenwägen

Bild: casa memoriala Avram Iancu

 Auch nichts Leichtes von Daheim über viele Kilometer durch das Land ziehen und in diesen Wägen tag und Nacht zu hausen und Leben. Dazu noch die Arbeit und Tägliche Verpflegung von Mann und Pferd. Man kann sich ausrechnen mit wie viel Geld die armen Menschen nach langer Zeit wieder Daheim ankamen.

Für all diese Leute die ich ihnen beschrieben habe war es wahrlich nicht Leicht. Sie nahmen es auf sich immer weit von der Familie und Kinder zu sein nur um deren Existenz auf irgendeine Art zu sichern. Und trotz allem waren sie meistens immer guter Dinge und hatten immer ein kleines Späßchen auf Lager.

Wenn Pilze- Zeit war kamen welche aus Rachita oder Umgebung und boten von Haus zu Haus frisch gelesene Pilze zum Kauf an. Wenn keine Pilze waren kamen dieselben Sammler mit Waldfrüchten, wie: Himbeeren, Preiselbeeren, Afine, Coacaza und andere, die sie dann in den Gassen verkauften.

Andere wieder, die Korbflechter die auch aus der Marginime (umliegende Dörfer Richtung Gebirge) kamen, boten auch von Haus zu Haus ihre in Handarbeit gefertigten Körbe aller Formen und Größen, zum Kauf an.

Ab und zu verirrte sich auch ein Weinverkäufer in die Gassen der Stadt.

Und Wahrsagerinnen gab es auch die Unterwegs waren.

Es waren noch andere in Mühlbach unterwegs aber für heute will ich es auf diese belassen. Diese Zeilen sollen uns vor Augen führen das das Leben mancher Leute viel, viel mühsamer und entbehrungsreicher als unseres ist und trotz allem, diese Leute ihr Schicksal so genommen haben wie es kam, aus Verantwortung der Familie gegenüber, und dem lieben Gott dankend für Gesundheit und Schaffenskraft.

Horst Theil

Erinnerung aus dem Täglichen Leben des Durchschnittsbürgers von Mühlbach in der Nachkriegszeit der 60-er Jahre.


Ich werde versuchen, anhand einiger Erinnerungen, ihnen einige Aspekte aus dem Täglichen Kampf ums Überleben zu schildern. Natürlich sind eine oder andere Tatsachen den meisten meines Jahrganges bekannt oder teilweise bekannt.

So wie jeder weiß, um sich eine Existenz zu sichern, muss man arbeiten. Das war auch allen bekannt und jeder versuchte so gut es ging sein Täglich Brot, für sich und seine Familie, zu verdienen. In Mühlbach waren die Bedingungen dieses zu tun nicht so schlecht. Immerhin hatten wir Betriebe und Institutionen wo das möglich war im Ort. Die Strumpffabrik, die Lederfabrik, das Sägewerk und später das Holzverarbeitungskombinat, die Bahn, IRTA, IMTF und nicht zuletzt die Handwerkervereinigung UNIREA. Das sind so die wichtigsten die mir gerade einfallen. Dann bestand noch die Möglichkeit in der Papierfabrik in Petersdorf zu Arbeiten und die Bauern beim Kollektiv oder GOSTAT.

Dann gab es auch Fälle die keine geregelte Arbeit hatten und ihr Brot als Tagelöhner oder Bauhelfer verdienen mussten.  Da in der Regel die Löhne der Arbeiter nicht so hoch waren um das Tägliche Leben zu bestreiten, hatten viele einen Nebenjob würde man heute sagen. Heute im Westen als Schwarzarbeit bezeichnet. Es war eine Parallel- Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes. Als Beispiel, wenn jemand ein Haus baute oder das Vorhandene renovierte brauchte er Handwerker wie Maurer oder Dachdecker. Diese bekam er privat oder von der Handwerkergenossenschaft UNIREA. Diese Handwerker ließen den Bauherrn wissen dass sie eine bestimmte Anzahl an Helfern benötigten. Dann musste der Bauherr sich allein um die Organisierung von Tagelöhnern kümmern. Diese bekamen einen Bestimmten Betrag an Bargeld nach privater Vereinbahrung Abends in die Hand gedrückt. Desgleichen musste der Bauherr für Speise und Trank jeden Arbeitstag, der von Früh bis Abends dauerte, sorgen.

Tagelöhner wurden auch bei Arbeiten wie: Mähen, Holzspalten, Garten umgraben oder bei Feldarbeiten und der Gleichen eingesetzt.

Die Fabrikarbeiter hatten viele einen Handwerkerberuf erlernt und übten diesen nach der Arbeit in der Fabrik auf privater Ebene aus. Das alles um die Hauskasse aufzubessern.

Also wir sehen das ohne nebenbei etwas zu tun das Geld meistens nicht bis Monatsende reichte.

Eine andere Möglichkeit an zusätzliches Geld zu kommen war die mit den wieder Verwertbaren Materialien und Gegenständen. Zum Beispiel das Sammeln von leeren Flaschen und Einmachgläsern, die man bei der dafür geschaffenen Annahmestelle für ein Entgelt abgeben konnte.

Eine dieser Abgabestellen befand sich in der „Cariba“- Gasse oder Turnschulgasse. Da wurden die Gläser auf Beschädigungen geprüft und nach Menge bezahlt. Mit Alteisen das man auf der Abgabestelle in der Herrmannstädter Strasse abgab, konnte man auch ein paar Lei verdienen. Für die Tierfelle gab es am Holzplatz die Abgabestelle DAC genannt die sich gegenüber des Eckhauses der Tischlerei Leibli befand und die abgegebenen Felle nach Größe und Qualität bezahlte. Bei dieser Stelle konnte man auch Altpapier abgeben. Man sieht das diese Sachen die Im Westen als Müllabfall oder Schrott bezeichnet werden in Mühlbach schon in diesen Jahren verwertet wurden, und der Erlös  kam dem Sammler direkt zu nutze.

Apropos Müll. Die Müllwirtschaft war in diesen Jahren in Mühlbach noch in den Kinderschuhen. Der Hausmüll wurde zwar abgeholt aber von einem Normalen LKW und zwei Leuten die die ausgestellten mannigfaltigen Behälter auf den offenen LKW kippten. Dieser fuhr dann aus der Stadt in Richtung Daia, wo auf der Rechten Seite eine Spontane und unverwaltete Müllkippe entstand, wo man den LKW willkürlich entleerte. Und das alles Organisiert und Verwaltet von dem Örtlichen Verwaltungsunternehmen  IGCL (früher IGO).

Man muss dazu sagen dass in der gesamten Stadt sehr wenig Müll anfiel.

Der Grund war jener das die Bevölkerung nur das auf den Müll warf das keine Verwendung mehr besaß. Die Küchenabfälle wurden an die Haustiere verfüttert. Die Brennbaren Sachen wurden Verbrannt, meistens beim Kochen des Schweinefutters, so wie zum Beispiel alte Schuhe, Teile aus Gummi oder Plastik und dergleichen. Das galt auch für Gestrüpp aus den Garten oder Reste von Kukuruz Stängeln so wie Heckenschnitt. Die gekauften Gläser und Flaschen wurden nicht weggeworfen. Es gab wenig oder gar keine Verpackungen. Das Speiseöl, der Zucker, die Butter, das Weizen und Kukuruzmehl, der Reis der Gries ja sogar Marmelade wurde an der Theke ausgewogen verkauft. Jede hatte Säckchen und Flaschen die immer wieder beim Großeinkauf benutz wurden.

Also wenig Müll. Der Meiste Müll sammelte sich vom Strassen- und Hofkehren. Eine andere Schwierigkeit war die Beschaffung aus dem Staatshandel der Nahrungsmittel der Baumaterialien und des Brennmateriales für den Winter. Da die Hausgärten nicht immer alles für den Winter hergaben, und das waren viele, musste die Bevölkerung fast immer zukaufen. Das erstreckte sich vom Weißkraut über Kartoffeln für Mensch und Vieh, bis zu den elementarsten Sachen wie Gemüse und Obst so wie Gogosari oder Gurken zum Einlegen für den Winter.

In der Regel waren die Erzeugnisse auf dem Marktplatz immer ein wenig teurer wie in dem  berühmten APROZAR. Aus diesem Grunde bevorzugten die normal Sterblichen die Besorgung dieser Sachen aus dem Staatshandel. Wie man weiß war in diesen Jahren alles  knapp man bekam dieses und jenes nicht oder nur selten. Das führte dazu das jeder sich überall im Handel Beziehungen aufbauen hat müssen um auf irgendeine Weise an das Benötigte zu kommen. Diese Beziehungen baute man sich auf indem man Begann die Verkäufer und Ladenleiter (Gestionari) zu bestechen. Das konnte mit Geld sein, aber auch mit anderen Sachen und Güter die für diese interessant waren. Zum Beispiel Kaffe aus dem Westen oder Zigaretten, wenn möglich KENT die der Renner waren. Oder auch die Beschaffung von Blue Jeans aber dann musste es Lewis Straus sein. Übrigens diese Bestechungen halfen auch bei den Doktoren und im Spital ungemein. Um seine Ziele zu erreichen wurde auch der Warentausch, unabhängig davon dass man das begehrte Produkt bezahlen musste, betrieben.

Dieser Warentausch geschah mit aus den Betrieben abgezweigten Waren, also sprich mit Diebesgut. Man muss das frei heraus sagen. Denn die Not macht erfinderisch. Viele klauten Erzeugnisse des Betriebes wo sie gerade arbeiteten. Diese wurden dann zu Bestechungen oder zum Austausch unter Bekannten oder Freunden, die wiederum an andere Produkte heran kamen, verwendet.

Aber zurück zu der Schwierigkeit etwas aus dem Staatshandel zu erwerben. Ich möchte dazu ein Beispiel schildern. Wie ich schon erwähnte in der Hochsaison Herbst, wo man zu sehen musste alles für den Winter vorzubereiten, war der Einkauf von Kartoffeln auch sehr wichtig.

Da der Informationsaustausch in einer Kleinstadt wie Mühlbach ziemlich gut funktionierte, erfuhr man wann und bei welchem APROZAR man Kartoffeln zu kaufen bekam. So ein Einkauf war immer eine Aktion in sich, bei dem in der Regel die ganze Familie beteiligt war.

Am Stichtag schon Früh morgens begaben wir uns ausgerüstet mit einem Handwagen, genügend Säcke, einer Schaufel und mit viel Geduld bewaffnet, zu dem APROZAR. Da angekommen mussten wir feststellen dass wir nicht die ersten waren. Das Gerücht besagte das die Kartoffeln gegen 10 Uhr ankommen sollten. Wir waren schon um 8 Uhr da und mittlerweile war es schon 11 Uhr und es hatten sich schon 40 – 50 Leute versammelt. Irgendwann nach langer Zeit kam ein Traktor mit Anhänger angefahren der mit Kartoffeln beladen war. Da ging schon der Tumult los. Jeder wollte die beste Position einnehmen um an die begehrten Kartoffeln zu kommen. Der Anhänger wurde nach einigem hin und her einfach ausgekippt und die Leute begannen den Kampf mit dem Füllen der mitgebrachten Säcke. Die Kartoffeln wurden so wie sie waren, verdreckt mit Erde und die meisten beschädigt, mit Händen und den mitgebrachten Schaufeln in die Säcke gefüllt. Jeder soviel wie er nur konnte und die Möglichkeit hatte. Innerhalb von 10 – 15 Minuten war der Anhänger mit Kartoffeln in Säcke gefüllt. Nun standen die Leute Schlange um ihre Säcke wiegen zu lassen und zu bezahlen. Je nach Position in der Schlange dauerte das wiederum fast eine Stunde bis bezahlt und die Säcke auf dem Handkarren verstaut waren. Nach einem langen und ermüdenden Tag ging es Heim mit dem schweren Handwagen. Daheim angekommen mussten die Kartoffeln wieder aus den Säcken ausgelehrt werden und mühsam sortiert werden. Die Guten und großen zum Essen die beschädigten und kleinen als Futter für Schweine oder sonstiges Vieh das die Leute besaßen.

coada la pravalie 1992

Beispielbild: Menschenschlange vor dem Elektrowarengeschäft.

Bild aus einem Video von Eduard Schneider  „Schneiderproduction“ 1992

 

Derselbe Kampf war auch beim Erwerb der anderen Güter und Lebensmittel. Besonders bei Milch, Eier und Fleisch. Egal welche Schicht die Leute am Vortag hatten, sie mussten morgens um Vier aufstehen und Schlange stehen bis 8 Uhr als die Geschäfte öffneten, dabei hatte niemand die Garantie das sie dabei auch etwas kaufen können.

Also sie sehen das es ein schwieriges Leben war. Und trotz allem hatte man sich irgendwie daran gewöhnt und zu der Zeit als selbstverständlich empfunden.

Gott sei Dank, heute gehört das der Vergangenheit an. Der das nicht erlebt hat glaubt es einem nicht das so etwas möglich war.

Horst Theil

Die 4- te A der Grundschule aus Mühlbach


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Die 4- te A im Schulhof.

Im Laufe des Schuljahres 1966 – 1967

 

Liebe Leser!

Jeder von uns erinnert sich manchmal an die Zeit der Schule. Dann kommen Erinnerungen hoch die man aus dieser Zeit schon vergessen glaubte. Mal gute mal weniger gute. Aber ich denke dass man sich im Algemeinen gerne daran erinnert. Eine meiner gewesenen Klassen- Kolleginnen, Erika Szegedi, erinnert sich nach vielen Jahren mit den Folgenden Zeilen an diese Zeit.

 Dankbar

Bin dankbar dass ich den Schritt wagte
und Stayfriends einen Besuch machte.
War dann ganz erstaunt, als ich im Internet sah,
– ein Bild von unserer Abschiedsklasse 4A!

.
Dass Horst den Anfang machte, erfreute mich sehr,
dass einer noch an die Zeiten dachte, umso mehr.
Ich bin die Erika – man wird mich nicht mehr kennen.
Einen Spitznamen hatte ich auch nicht,
nach dem man mich könnt nennen.

.
Im Kindi, das vergesse ich nie,
war ich einmal die Gold Marie.
Beim Spiel…“…fleißige Handwerker sehn…“-
konnte ich gar nicht richtig verstehen,
warum als ich, auf die Bühne durfte,
einen Korb mit Eiern, tragen musste!

.
Ich war immer die Kleinste in der Klasse,
oh Gott, wie ich das heute noch hasse!
In der Schule war ich ziemlich gut,
nur fehlte mir zu oft der Mut.

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Die Größeren haben mir sehr imponiert,
da hab ich mich auch schön distanziert.
Peter und Ute waren für mich unerreichbar,
weil ihr Elternhaus – „sehr reich“ war.

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Für Dieter und Werner schwärmten alle Mädchen gerne.
die Andern sah ich immer nur aus der Ferne.
Marianne war meine beste Freundin,
aber die ging leider nach Cluj hin.

.

Mit Seppi fühlte ich mich irgendwie verwand,
er war auch klein – und das verband.
Ada, Hannelore und Rosemarie –
wohnten in der Nähe, drum mochte ich sie.

.
Die Maio war mir zu laut und zu wild;
– so, nun seid ihr Alle im Bild.
Ach! – habe die Maio – A vergessen,
mit ihr bin ich viel am Mühlbach gesessen.
Mit K – Rosemarie war ich in einem Sommer,
in die tabârâ nach Sugag gekommen.

.
Das Leben war hart, ich ging auf anderen Strecken,
muss aber immer mit Wehmut an die schönen Zeiten denken.
Als Herta und auch Pippi-Tante uns ihre Aufmerksamkeit schenkten
und uns mit ruhiger fester Hand durchs Leben lenkten.

.
Manchen Spaziergang zum Pripok,
oder auch zum Detunata-Rock,
ins Herkules Bad, zum Eisernen Tor,
in die Eishölle Scârisoara, viel hatten wir vor.

.
Die Kindheit prägt den Menschen sehr,
das Leben bringt ganz Anderes her.
Nun sitzt man da und denkt zurück,
und lächelt über manches kleine Glück!
Bin unendlich dankbar für meine Kindertage,
die trotz “ Armut “ für mich, die schönsten waren, – ohne Frage.

Aus der Reihe „Erinnerungen“ Anlass – Bild in Stayfriends
20.06 2006 Erika Szegedi geb. Fackner

 

Aus der Zeit vom Umbau der Lederfabrik


Jeder aus Mühlbach kannte die Lederfabrik, egal unter welchem Namen sie betrieben wurde(mehrere Namen im Laufe Ihrer Geschichte). Die folgenden Zeilen werde ich aus meiner Erinnerung niederschreiben.

Es war Anfang der 60-er Jahre als das Gerücht Umzug hielt dass die Lederfabrik umgebaut werden soll. Das gab heftige Diskussionen in der Altgasse da keiner so genau wusste was jetzt eigentlich das Ergebnis sein würde. Man erfuhr nur dass es wahrscheinlich ein komplett neues Gebäude sein sollte. Für uns Kinder bedeutete dass das es in naher Zukunft viel Interessantes zu sehen geben wird. Bei den Erwachsenen war es eher Besorgnis, da viele aus der Altgasse, eben da ihr täglich Brot verdienten.

 

Lederfabrik

Die Lederfabrik vor dem Umbau

(Zeichnung aus dem Gedächtnis)

 

Na ja, irgendwann ging es dann los. Die Abteilungen in den Gebäuden an der Gassenfront wurden nach hinten verlegt, oder in den  anderen Standort in der Postgasse. Das Nachbargebäude dass die Fleischverarbeitung (ehemals Haffner) beherbergte wurde geräumt und die Produktion in das auf der Schlachtbrücke neu errichtete Gebäude verlegt. Der Familie Odorian, die den vorderen Teil des Gebäudes der Fleischverarbeitung bewohnte, wurde irgendwo in Mühlbach eine andere Wohnung zugeteilt. Von dieser Räumung waren die Abteilungen Taschnerei, Zuschnitt der Lederbekleidung, das Werksfeuerwehrhäuschen und wie gesagt das Gelände der Fleischverarbeitung betroffen.

Nach dem dieses alles geschehen war, rückten schon die ersten Baumaschinen und die ersten Bauarbeiter für den Abriss heran. Zwei Bürocontainer für die Bauleitung wurden irgendwo im Innenhof der Fabrik aufgestellt. Wie die Firma hieß die die Arbeiten übernahm kann ich mich nicht mehr erinnern. Auf alle Fälle diese Abrissarbeiten sollten sich über mehrere Wochen hinziehen wie man hinterher feststellen sollte. Die ersten Dächer wurden abgerissen, die ersten Mauern fielen. Die Transportfahrzeuge hatten Mühe den anfallenden Schutt weg zu fahren. Eine permanente Staubwolke beherrschte den Anfang der Altgasse in dieser Zeit. Wir Kinder verbrachten viele Stunden auf der gegenüber liegenden Straßenseite um alles mit zu erleben. Irgendwann war der Abriss vollendet, und eine gähnende Leere machte sich breit, wo einst die Gebäude seit der Gründung des Betriebes standen. Ein ungewohnter Anblick. Jetzt wurden Markierungspfähle in den Boden getrieben, um für die Bagger die auch schon da waren, den Bereich der Grube abzustecken die ausgehoben werden musste. In der Zwischenzeit wurden schon Materialien für den Bau angekarrt. Diese wurden überwiegend auf dem Freien  Platz vor der Schmiede gelagert. Unendliche Fuhren von Mauerziegeln und Betonstahl. Hunderte Kubikmeter Erdreich wurden ausgebaggert und abtransportiert. Die ersten Schalungen wurden errichtet und mit Stahl, der vor Ort von den Stahlbiegern gefertigt wurde, versehen. Die ersten Transporte mit Fertigbeton rückten an und nun begann das Gießen der Ersten Strukturen des zukünftigen Gebäudes. All dieses zog sich über Tage und Wochen hin und alles von uns Kinder mit viel Begeisterung verfolgt.

Es ist völlig klar dass nach dem die Bauarbeiter bei Feierabend die Baustelle verließen, diese unser Spielrevier war. Das sahen unsere Eltern gar nicht gerne und verboten uns auch öfters die Baustelle wegen Verletzungsgefahr zu betreten. Aber man weiß ja wie die Kinder so sind. Wir waren ja auch nur Kinder und reagierten dem entsprechend.

Ich möchte jetzt den Bau nicht mehr ausführlicher beschreiben denn im Großen und Ganzen verlief der so wie alle Baustellen in diesen Jahren in ganz Rumänien.

 

Der Kessel

Was ich noch gut in Erinnerung habe ist folgendes, und zwar die Ausstattung des alten Kesselhauses mit einem größeren Dampfkessel, das auch während des Umbaues geschah.

Eines Tages bekamen wir zu Ohren, das demnächst der neue Dampfkessel am Bahnhof ankommen sollte. Die Altgässler, und nicht nur, wollten sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen, und waren neugierig auf die Ankunft bei der Lederfabrik. Dann war es so weit. Der Kessel wurde mit dem Waggon auf ein Abstellgleis zur Entladung geschoben. Man überlegte mit was für einem Fahrzeug der Transport des Kessels vom Bahnhof zur Lederfabrik gemacht werden sollte. Das Dilemma war groß, es fand sich kein Transporter in Mühlbach der diese Ausmaße und Gewicht transportieren konnte. Der Kessel musste aber trotz allem vom Waggon herunter und zur Lederfabrik. Man fand die Lösung den Kessel auf einem aus Holz gefertigten Schlitten mit soliden Stahlbeschlagenen Kufen zu Transportieren. Die Genehmigungen waren damals kein Problem ob wohl man wusste dass der Weg vom Bahnhof quer durch die Stadt führte. Es war auch kein Problem das die Straßen auf der Trasse ruiniert würden. Was sich nachher bestätigte.

Der Kessel wurde mit Zwei Autokränen, der Marke „Steagu Rosu“, mit viel Mühe auf den Besagten Schlitten verladen und die Reise ging los.

Nach mehreren gescheiterten Versuchen den Schlitten mit Hilfe von zwei aneinander gekoppelten LKW zu bewegen, entschloss man sich die Hilfe von Traktoren „UTOS“ (Uzina de tractoare Orasul Stalin) vom „ Gostat“ in Anspruch zu nehmen. ( 6 oder 7 an der Zahl).

Nach einigen Versuchen gelang es den Treck in Bewegung zu setzen. Es ging von dem Bahnhofsgelände über die Bahngasse zur Quergasse in Richtung Lederfabrik. Da diese Gassen um die Zeit noch nicht gepflastert oder irgendwie befestigt waren, kann man sich vorstellen was für Furchen und Beschädigungen, durch das Schleifen dieses enormen Gewichtes und den oft durchdrehenden Räder der Traktoren, entstanden.

Es ging alles ziemlich gut bis über die Kreuzung beim Schmiedzigeuner. Ich muss erwähnen das die Möglichkeit den Kessel, auf normalem Wege über die Vorderseite des Fabrikgeländes bis zum Kesselhaus an der Hinterseite zu transportieren, nicht bestand.

In den voraus gegangenen Tagen, nach Absprachen mit dem rumänischen Pfarrer Opincariu, dessen Hof und Garten an das Fabrikgelände neben dem Mühlkanal grenzte, diesen Weg zu wählen. Also wurde der Schlitten mit dem Kessel bis vor das Gassentor des Herrn Opincariu gezogen. Da musste man den Schlitten um 90° drehen damit er durch den Hof und Garten bis auf das Fabrikgelände vor das Kesselhaus gelangte. Das war äußerst schwierig. Die Traktoren wurden abgekoppelt und im Hof und Garten wieder aufgereiht und am Schlitten befestigt. Nach vielen Stunden gelang die Drehung und nach weiteren Stunden bis in die Nacht hinein die Platzierung vor dem Kesselhaus. Dieses waren die Fakten und Fakt war auch das der Ganze weg bis hierher einem Übungsplatz von Panzern glich. Totale Zerstörung. Wären der ganzen Zeit dieses Transportes war der Weg gesäumt mit Anwohnern und Kinder die alles bestaunten. Man hatte bis dahin so etwas noch nicht gesehen. Mich auch Innbegriffen. Danach folgten viele Tage die Reparatur der Strassen und des Anwesens des Herrn Pfarrer Opincariu. Alles aus den Geldern des Umbaues der Lederfabrik abgedeckt.

 

Die Burg

Eine andere Erinnerung an diese Zeit. Ich habe vorher erwähnt dass die Baumaterialien auf dem Gelände des freien Platzes vor der Schmiede gelagert wurden. Das war auch der Fall von den Mauerziegeln die in einem Quadrat von ungefähr 20 Meter Kantenlänge und etwa 3 Meter hoch gestapelt wurden.

Da wir Kinder des Öfteren  uns da aufhielten um die Arbeiter beim Strecken, Schneiden und Biegen des Stahles für die Schalungen zu beobachten, hatte einer die Idee uns hier zwischen den Ziegeln eine Burg zu bauen.

Eines Tages schlichen wir auf den großen Ziegelhaufen und begannen in der Mitte die Mauerziegeln auszuhöhlen. In einem Quadrat von ungefähr 4 Meter Seitenlänge wurden die Ziegeln bei Seite geräumt und an den Rändern aufgetürmt. Wir stellten fest dass es eine Mühevolle Arbeit war, die sich über mehrere Tage dahin ziehen sollte. Aber gut, wir hatten ja Ferien und somit Zeit genug. Ich weiß nicht mehr nach wie viel Tagen wir ein beachtliches Loch in Mitten des großen Ziegelhaufens, fast bis an den Boden, fertig gekriegt hatten.

Na ja, im Prinzip war da nicht mehr viel zu machen. Also dieses Loch in dem Ziegelhaufen nannten wir „Unsere Burg“. Das Gute daran war dass wir das alles unauffällig hin bekommen hatten und niemand von den Anwohnern oder gar unsere Eltern davon wussten. So wie Zeit und Gelegenheit sich boten, war das unser Treffpunkt und Spielplatz. Jeden Falls dieser Platz war eine Reine Bubensache die Mädels aus unserer Gasse hatten keine Ahnung davon. Wenn man da drinnen war konnte nur der liebe Gott eins sehen. Wir waren schon in dem Alter wo manche schon mal zu Rauchen probiert hatten. Dieses sollte uns in unserer Gruppe bald zum Verhängnis werden.

Es wurden Zigaretten und Zündhölzer, die weit weg von unserer Nachbarschaft gekauft wurden, hier zwischen den Ziegeln versteckt. Des Gleichen auch das Gegenmittel „Mentosane“ wie wir glaubten. Unsere Eltern wussten zwar das wir uns auf diesem Platz gerne herum trieben aber die dachten wegen dem zuschauen bei den Arbeiten zur Vorbereitung der Eisen für den Beton bei der Lederfabrik. Eines Tages kam ich wieder mal spät abends von da nach Hause.

Als ich meinem Vater ins Gesicht sah ahnte ich schon nichts Gutes. Er fragte mich von wo ich den komme. Ich gestand dass ich bei den Schmiedzigeunern mit noch einigen war. Dann fragte er mich frei heraus ob wir da vielleicht geraucht hätten. Ich war perplex. Hatte uns jemand verpfiffen? Er sagte dass  auf dem Heimweg von der Arbeit da vorbei ging und uns nicht da spielen sah. Aber das er etwas anderes gesehen hätte, und zwar eine Rauchfahne über den Ziegeln wie ein Vulkan. Na ja nach einigem Hin und Her gestand ich das Rauchen und kassierte meine Strafe ohne Murren. Eine Tracht Prügel und Hausarrest für eine ganze Woche.

Den Anderen von uns erging es auch so ähnlich. Also unsere Burg brachte auch nicht Schutz so wie wir in uns erhofft hatten. Aber trotz allem, es waren viele Erlebnisse wie dieses zum Beispiel. Heute sag ich aber es war schön und ich möchte diese Momente meiner Kindheit nicht Missen.

Horst Theil

Ereignisse im Laufe der Zeit in der Altgasse


Ich habe schon so einiges über die Altgasse geschrieben. Ich erinnere mich noch so an einige Sachen die ich euch auch erzählen möchte. Wie ihr Mittlerweile wisst habe ich lange Jahre meines Lebens in dieser Gasse verbracht und im Laufe dieser Zeit hat sie mehrere Veränderungen erlebt.
In der Altgasse Standen noch viele alte Durlacher Häuser. Die Strasse war in meiner Kindheit noch so wie in Gründerzeiten, nicht befestigt, keine befestigten Trottoire, keine Kanalisation, kein Wasser, kein Gas. Die Stromleitungen auf Holzmasten gemeinsam mit der Lautsprecherleitung. Die Telefonleitungen auf „Telegrafenmasten“ aus Holz. Jedes Haus hatte einen Brunnen zur Wasserversorgung. Das Abwasser von den wenigen Bädern wurde in Angelegte Sickerbrunnen geleitet um im Erdreich zu versickern. Die Meisten Häuser hatten ein Plumps Kloo das im hinteren Hof oder am Anfang im Hausgarten stand.
Die auf beiden Seiten der Strasse existierenden Metzen mussten von den Bewohnern der Häuser selbst gesäubert und in Standgehalten werden, so wie die Brücken die über diese zu den jeweiligen Gassentoren führten. Wenige dieser Brücken waren aus Zement der überwiegende Teil davon aber aus Holz. Im Sommer erstickte man am Staub den die Autos auf Ihrem Weg zur Schlachtbrücke aufwirbelten, so das man nur selten, und wenn, dann am Abend oder in der Nacht die Fenster geöffnet halten konnte. Dagegen im Herbst und bei heftigem Regen versank man im Morast und Dreck. In den heftigen Wintern war keine Schneeräumung man musste Schneeschaufeln und nicht zu knapp. In manchen Wintern sah man nicht wen auf der anderen Strassen Seite jemand vorbeiging.
Das war so ungefähr der Zustand der Altgasse in meiner Kindheit. Am Anfang der 60- er wurde ausgetrommelt das die Bewohner der Altgasse sich darauf einstellen sollten das die Strasse gepflastert wird, und jeder sich alles für den Winter besorgen solle da eine Durchfahrt ab dem und dem Datum, wegen den Arbeiten, nicht mehr möglich sei.
Das wurde befolgt. Die Leute besorgten sich das Brennmaterial und alles was mit Fahrzeugen transportiert werden musste für den Winter. Wer im Moment kein Geld dafür hatte, lieh sich welches den die Zeit drängte. Eines Morgens kamen Bagger und Kipperfahrzeuge (Basculante) angefahren mit einer Kolonne Straßenarbeiter. Von der Straßedecke wurden ca. 20 cm auf der ganzen Länge abgetragen und weggefahren. Dann rückten die Autos mit gelbem Sand vom Galgenberg an, der auf die ganze Länge der Strasse abgekippt und gleichmäßig verteilt wurde. Mittlerweile war ein ganzer Monat vergangen. Dann kam LKW nach LKW mit Bachsteinen („Katzenköpfe“) die wiederum verteilt wurden. Erst jetzt begannen die Pflasterer mit ihrer Arbeit. Die Randsteine wurden verlegt und gleichzeitig mit dem Pflastern begonnen.
Auf vier Reihen, mit vier Mann, wurde von einem Ende der Strasse begonnen. Das Pflastern mit Bachsteinen war eine ganz andere Arbeit als heute mit genormten Pflastersteinen. Die Steine mussten per Hand ausgewählt, damit sie irgendwie zueinander passten, und dann wiederum in das Sandbett gleichmäßig angepasst und in der angegebenen Höhe gesetzt werden. Hinter jedem Pflasterer war noch ein Arbeiter der mit einem riesigen Stampfer die Steine der gepflasterten Fläche gleichmäßig nieder klopfte so das eine ebene Fläche der Fahrbahn entstand. Dann wurde über die fertige Fahrbahn wieder kräftig gelber Sand vom Galgenberg (Gorgan) verstreut damit der sich gut zwischen die Steine festsetzte. Da dieses alles in Handarbeit geschah, wurden pro Tag nur etwa 10 bis 15 Meter Fahrbahn fertig gestellt. Im Zuge dieser Arbeiten wurde die Mühlgasse gleich mitgepflastert bis zur Alten Post an die Große Kreuzung. So wie die Arbeiten fortschritten begannen die Bewohner die Metzen zu säubern und das Erdreich das von den Arbeiten übrig gelassen wurde zu verteilen und alles wieder in Ordnung zu bringen. Vom Ende der Altgasse und bis zur alten Post dauerten die Arbeiten fast zweieinhalb Monate. Welch ein Segen. Nun waren wenigstens die Staubmenge im Sommer ein bisschen geringer und die tiefen Furchen, wenn es regnete, in der Strasse verschwunden.
Es blieben aber noch immer die Bürgersteige auf denen man im Dreck versank wenn es regnete. Dieses sollte sich noch ein paar Jahre dahin ziehen. Im Jahre 1968 wurde dann gehandelt. Jedes Haus bekam die benötigte Anzahl an Zementsäcken und Schotter vor das Gassentor gesetzt, mit der Verordnung vom Sfat die Betonierung der Bürgersteige selber vorzunehmen. Na ja, wie das so war, begannen manche früher manche Später und so war die Altgasse wieder einmal für längere Zeit Baustelle. Die Leute nahmen das gerne in Kauf weil sie wussten dass jetzt Schluss war mit Dreck und Staub. Manchmal sogar halfen die Nachbarn sich untereinander beim Betonieren da ja nicht jeder wusste wie so etwas gemacht wird. Die Finanziell besser gestellten beauftragten Fachleute für diese Arbeit. Als alles fertig war konnte man deutlich die Unterschiede von den einzelnen Abschnitten beobachten.

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Zwei alte Häuser der Altgasse
nach dem betonieren der Gehsteige.
(Foto: Theobald Streitfeld)

Als nächstes Ereignis wäre zu erwähnen dass in dieser Zeit auch die Stromleitungen in der Altgasse erneuert wurden und das in zwei Etappen. Als erstes wurde neben jeden hölzernen Strommast einer aus Beton gepflanzt. Dann wurden diese mit der gleichen Anzahl Isolatoren bestückt wie die alten. Die dünnen Kupferleitungen (Überbleibsel aus der Zeit als die Netzspannung 110 V betrug) wurden mit dickeren Aluminium Leitern ersetzt. Die ganze Mannschaft vom E-Werk war in diese Umbauten mit eingebunden. Trotz allem dauerte es fast zwei Wochen, mit notdürftiger Stromversorgung, bis alles fertig war. Das Letzte Ereignis über das ich an dieser Stelle schreiben möchte war das Teeren der Fahrbahn. Nach ein Paar Jahren merkte man schon dass das Pflaster anfing dem regen Verkehr der Altgasse Tribut zu zahlen. Also wurde beschlossen die Strasse zu teeren. Die Strassen Kolonne rückte mit einer Uhralten Straßenwalze und mehreren alten „Steagu rosu“ Kippern (Basculante) an. Von wo der Teer gebracht wurde weiß ich nicht mehr, aber die Arbeiten gingen nur ruckweise vornan. Der Grund war das der Teer nur mit 5- Tonern angefahren und alles von Hand verteilt wurde, um nachher mit einem von vier Männern gezogenem Brett nivelliert. Anschließend fuhr die altersschwache Walze alles glatt. Diese Arbeiten, und Gestank natürlich, dauerten auch noch mal fast zwei Wochen.
Das waren so im Großen die Veränderungen die ich so miterlebt habe außer einer wichtigen, der Umbau der Lederfabrik, den ich euch aber ein andermal erzählen werde.

Horst Theil

Im Gartenkino


Es war ein sehr heißer Sommertag Ende der 60-er Jahre als wir uns mehrere Freunde beim Baden am Strand unter den Erlen eingetroffen hatten.
Mein guter Freund Johannes war auch mit von der Partie. Als wir beim Baden eine Pause einlegten und uns auf die Decken flüchteten, kam die Diskussion auf ob man später ins Kino gehen sollte gegen Abend natürlich. Na ja, es kamen Zweifel auf sollte man oder sollte man nicht. Der Grund war jener dass es um diese Zeit im Kinosaal immer eine furchtbare Hitze herrschte da der Saal keine Lüftung besaß und immer bis auf den Letzten Platz voll war.
Wir wussten dass ein guter Film lief „Der Schutt“ von Karl May. Da kam einer mit der Idee wir sollten doch ins Gartenkino gehen da war es angenehmer als eingepfercht im Saal.
Ich muss noch dazu sagen dass es sich um das Kino „Progresul“ handelte. Die ältere Generation weiß das es neben dem Saal auch ein Gartenkino gab, das einzige weit und breit.
Das Kino befand sich am Westlichen Ende der Petrigasse am Kleinen Platz auf der Südseite.
Der Zugang zum Kino war durch eine Toreinfahrt die durch den Hof zum Kinogebäude im hinteren Teil führte.

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Einfahrt zum gewesenen Kino „Progresul“
Hinten Rechts befand sich das Gartenkino

Zur linken des Gebäudes befand sich der Allzwecksaal vom „Goldenen Löwen“, zur Rechten befand sich das Gartenkino, das im Westen von der Stadtmauer, im Osten vom Kinogebäude und im Norden von den Wänden zweier Privatscheunen und dem Projektorhäuschen begrenzt war.
Die Südseite bildeten ein Bretterzaun und davor die große Leinwand mit dem Einzigen Lautsprecher am unteren Ende dieser. Neben der Stadtmauer waren 2 – 3 schöne Bäume.
Für die Kinobesucher waren gemütliche Bänke die in Reihen aufgestellt waren. Zwischen der Ersten Reihe der Bänke und der Leinwand war eine ca. 15 Meter lange Grassfläche die sich über die ganze Breite des Grundstückes hinzog. Da brachten sich die Leute manchmal Decken mit und saßen wie beim Picknick wenn alle Sitzplätze besetzt waren. Während den Vorstellungen hatten die fliegenden Händler Zutritt in den Garten um ihre Ware zu verkaufen. Zum Beispiel Dumitru mit seinem Eiskarren oder andere mit „Kokoschi“ und Kürbisskernen oder auch Laugenbretzeln.
Na gut, wir beschlossen auch da hin zu gehen um den Film nicht zu verpassen. Gegen 6 Uhr am Nachmittag gingen wir nach Hause um uns umzuziehen, und beschlossen uns in der Stadt im Kaffeehaus zu treffen.
Nach dem ich zu Hause noch meine Eltern überzeugt hatte das wir von 8 Uhr abends ins Kino gehen wollten zog ich mich um und Marschierte zum Treffpunkt. Ich hatte bewusst nicht gesagt dass wir ins Gartenkino gehen wollten weil da die Vorführung erst um 9 Uhr abends begann und um 11Uhr endete. Also nahm ich das Risiko in Kauf. Im Kaffeehaus traf ich nur Johannes und noch einen Freund an, die anderen kamen nicht, aus welchem Grund auch immer. Wir gingen schnell zum Kino um noch Karten zu ergattern. Aber schon beim Tor merkten wir das sehr viele Leute an der Kinokasse Schlange standen. Nicht desto trotz deckten wir uns mit Kürbisskernen ein. (das war gang und gebe in Mühlbach wen man ins Kino ging) Nach einer Halben Stunde Geschups und Gedränge, Rief die Kassiererin dass alle Karten ausverkauft waren und nicht mal Stehplätze mehr waren.
Der Frust war Groß. Wir probierten von den Zigeunern die noch einige Karten mit überhöhtem Preiß verkauften welche zu bekommen. Der Reguläre Preiß war 2,50 Lei diese Verkauften sie mit über 10 Lei. Dass war für uns eindeutig zu teuer. Wir gingen genervt dem Ausgang entgegen und marschierten auf die Strasse. Da standen wir noch etwas herum und wussten nicht was wir machen sollten. Plötzlich meinte Johannes dass wir den Film doch sehen konnten wenn wir geschickt vorgehen. „Schaust du nicht das keine Karten mehr zu kriegen sind“ sagte ich. „Klar“ sagte er, „Aber wir könnten ihn von unserer Scheune aus sehen“. „Und wie“? „Vom Dachboden der Scheune“ erwiderte er. Man muss wissen das Johannes vor dem Grundstück des Gartenkinos wohnte und seine Scheune befand sich am Ende des Gartenkinos wo auch der Projektorraum sich befand, der aber nicht so hoch wie die Scheune war. Also Theoretisch müsste dass funktionieren. Wir schlichen bei Johannes durch den Hof nach hinten zur Scheune, wo sich auch die Backstube seines Vaters befand, der Zuckerbäcker war.
Eine einfache Leiter führte nach oben auf den Dachboden. Oben angekommen gingen wir auf die Seite des Daches die in Richtung Gartenkino war, also auf die Südseite. Johannes schob eine Reihe Dachziegeln hoch (das Dach war nur einfach mit Schuppenziegeln gedeckt) und wir hatten einen „Logenplatz“ mit direktem Blick auf die Leinwand des Gartenkinos. Und dass gratis! Nach ein Paar Minuten hatten wir uns an die Dunkelheit da oben gewöhnt und Johannes zauberte eine alte einfache Bank aus einer Ecke des Dachbodens auf die wir uns setzten. Die Welt war wieder in Ordnung. Erstmals. Wir genossen den spannenden Film trotz noch brütender Hitze die da unterm Dach herrschte. Das böse Erwachen gab es erst als wir wieder Daheim waren. Wir waren verdreckt bis hinter die Ohren vom Staub der da oben war und dem Schweiß. Denn wir uns mit den Händen vom Gesicht wischten, ohne zu merken das unsere Finger dreckig waren nach dem wir da oben alles angepackt hatten.
Es war aber trotz allem ein schönes Erlebnis an das ich mich auch heute noch gerne erinnere.
Ja erinnere, denn das bleiben Erinnerungen. Heut zu Tage existiert von all dem NICHTS mehr.
Wie auf dem Bild zu sehen ist wurde das Gebäude und das Gartenkino dem Erdboden gleich gemacht. Schade, das war eine Besonderheit von Mühlbach um das uns manche Stadt der damaligen Zeit beneidet hatte.

Horst Theil

Die „Indianer“ aus Mühlbach


Eines Tages im Sommer der 60- er Jahre hatten sich wieder einmal mehrere Kinder der Altgasse bei einem von uns (Name spielt keine Rolle) zum Spielen eingefunden. Nach einiger Zeit kamen wir auf das Thema Indianer zu sprechen, was in dieser Zeit sehr oft vorkam. Es geisterten gerade die Karl May Filme durch die Kinos. Diese lösten große Begeisterung bei Jung und Alt aus. Also beeinflusst durch diese Filme, und die Lebensweise der Wanderzigeuner die oft am Stadtrand ihre Zelte aufschlugen, beschlossen wir auch so etwas wie einen Tipi oder Zelt zu bauen.

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Oglala Tipi um 1892
(Bild: Wikipedia.org)

Da man für unser Vorhaben auch einige Materialien und auch einen geeigneten Platz brauchte war uns klar dass es mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. Wir hatten Glück der Vater unseres Freundes wo wir uns gerade befanden, hatte unsere lauten Gespräche mit bekommen, und erlaubte uns am Gartenende, wo sich ein Streifen mit Grass und Obstbäumen befand, unser Vorhaben auszuführen.
Also gingen wir gemeinsam an das Gartenende und sahen uns um wo der geeignete Platz für unser Zelt war. Na ja, nach einigem Hin und Hehr wurden wir uns einig. Jetzt begann der schwierigere Teil des Vorhabens und zwar mit was für Materialien. Da hatte der Sohn eine Idee und zwar die Erforschung der Väterlichen Scheune. Gesagt, getan. Wir schlichen in die Scheune vom Gartenanfang und begannen zu suchen. Bald entdeckten wir in einer Ecke der Scheune ein Bündel alter Fisolenstecken die übrig geblieben waren. Wir suchten uns die besten aus und schafften sie zum „Bauplatz“. Der Bau begann. Wir versuchten die Fisolenstecken nach Indianerart in einem Kreiß mit dem oberen Ende gegeneinander zu lehnen so wie wir das in den Indianerfilmen gesehen hatten.
Das gestaltete sich schwieriger als wir gedacht hatten, ob wohl das in den Filmen sehr einfach aussah. Die Stecken rutschten immer wieder voneinander ab. Da musste eine Lösung her.
Jemand von uns hatte die Idee die Stecken oben zusammen zu binden. Alle waren erleichtert und wir suchten jetzt einen Stick oder so was Ähnliches um die Idee in die Tat umzusetzen.
Wieder in der Scheune fanden wir an einem Balken an einem Nagel aufgehängt ein Stück rostigen Draht, der auch den Zweck erfüllte. Also nahmen wir ihn mit. Wir stellten fest dass wir zu klein waren um an das obere Ende der Fisolenstecken zu gelangen. Wir versuchten es zu erst in dem der Kleinste von uns auf die Schultern des Kräftigsten steigen sollte um die Stecken zusammen zu binden. Nach mehreren gescheiterten Versuchen gaben wir es auf.
Die Lösung kam wieder vom Vater des Freundes (der unser Treiben heimlich beobachtet hatte wie sich nachher herausstellte). Wir waren überrascht als er plötzlich mit einer kleinen Stehleiter bei uns auftauchte. „Das mache ich lieber selber“ sagte er, „Ich habe keine Lust einen von euch mit gebrochenen Gliedern ins Spital zu fahren müssen“.
Er stieg auf die Leiter und band die Fisolenstecken fachgerecht mit einer Beißzange, die er aus der Hosentasche zauberte, zusammen.
„Fängst du jetzt auch an zu spielen“ ertönte eine Frauenstimme. Wir hatten die Mutter des Freundes gar nicht bemerkt als sie heran kam.
„Würde ich gerne“, sagte er „Aber ich bin am Scheinstall ein Brett zu ersetzen, und habe gesehen das die Kinder nicht weiterkommen und bin ihnen ein bisschen zur Hand gegangen. Jetzt bin ich fertig“.
Nach dem die Eltern des Freundes sich entfernt hatten bestaunten wir unseren Rohbau. Ja, das sah schon ganz gut aus. Das Problem war dass uns die Zeltplane fehlte. Man überlegte hin und her und fand keine Lösung. Schließlich beschlossen wir am nächsten Tag weiter zu machen wen uns neue Ideen kommen sollten.
Inzwischen neigte sich der Tag zum Abend und alle gingen ziemlich betrübt nach Hause.
Ich denke dass man mir die Betrübtheit angesehen hatte als ich Heim kam. Meine Mutter fragte mich was den los sei mit mir. Ich erzählte ihr was sich so am Tag zugetragen hatte, und das uns bei unserem Bau nur noch die Zeltplane fehlte. Wir nachtmahlten und anschließend ging ich ins Bett.
„Leg dich ins Bett, und Morgen ist auch ein Tag. Da sieht die Welt wieder anders aus“, sagte meine Mutter. Am nächsten Tag, nach den Erledigungen der Aufgaben die ich in der Familie zu machen hatte, rief mich meine Mutter und sagte: „ Schau her, ich gib dir diese Kotzen (leichte Sommerdecken) aber Ihr sollt sorgen und sie nicht kaputtmachen. Das sind die Kotzen die wir immer ins Grüne nehmen. Die könnt ihr als Zelt benutzen. Aber ich will sie wieder, ja?“
„Danke, du bist die Beste Mama der Welt“ sagte ich und husch war ich verschwunden.
Mit zwei Kotzen unterm Arm bewaffnet ging ich wieder zur Baustelle. Die andern waren schon alle da und saßen herum unschlüssig was man jetzt machen sollte. Als sie mich den Gartenweg näher kommen sahen hellten sich ihre Minen auf und es begann ei emsiges Hin und Hehr. Die Kotzen wurden schnell um das Gerüst aus Fisolenstecken gespannt und fertig war unser Indianerzelt.
Nach dem Allgemeinen Bestaunen unseres Werkes hatte jemand die Idee, man müsse jetzt auch wie richtige Indianer aussehen. Da wir aber nichts hatten das uns in dieser Richtung weiter half beschlossen wir uns wenigstens eine „Stammesgerechte“ Kriegsbemalung anzulegen.
Die Lösung war schnell gefunden. Wir schlichen in den Hühnerhof wo der große Kupferkessel stand, der zum kochen des Schweinefutters bestimmt war. Da er in diesem Moment noch nicht im gebrauch war öffneten wir das Türchen und strichen mit den Händen an die Außenseite des Kessels der voller Ruß war und begannen die Zeremonie der Kriegsbemalung. Darüber waren unsere Eltern gar nicht erfreut als wir unser Spiel beendeten und wieder Daheim ankamen.
Und so ging ein weiterer Tag meiner Kindheit zu Ende die ich nicht missen möchte.
(Ich habe gezielt einige Begriffe typisch für Mühlbach benutzt)

Horst Theil

 

Mit was die Kinder von Mühlbach noch spielten (60-er Jahre)


In diesem Beitrag werde ich noch einige Beschäftigungen der Kinder im Mühlbach der 60-er Jahre beschreiben.
In erster Reihe ging es um das Basteln von Spielzeug und Gegenständen. Eines dieser war die Steinschleuder, auch Gummischleuder oder Katapult rumänisch prastie genannt. Hier für benötigte man einen Astzwacken vom Haselnussstrauch, elastische Gummibänder, zum Beispiel von einem alten Fahrradschlauch und nicht zuletzt ein Stück echtes Leder in etwa 8 x 5 cm.

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Beispielbild

Mit so einer Schleuder, konnte man nach reichlich üben, ziemlich genau treffen.


Ein weiteres von den Buben begehrtes Spielzeug war der Pfeil und Bogen. Für dieses Spielzeug benötigte man zum ersten für den Bogen einen gerade gewachsenen Ast vom Haselnussstrauch von ca. 80 cm, oder wen man die Gelegenheit hatte an einen Bambusstab von ca. 10 cm Durchmesser zu kommen, der in ca. 4-5 cm breite Teile gespalten werden musste. In beiden Fällen musste der Bogen an den Enden mit Einkerbungen für die Sehne versehen werden. Wen dieses geschehen war, brauchte man eine feste Schnur, Draht oder etwas Ähnliches um die Sehne zu fertigen. Das eine Ende der Sehne wurde an ein Ende des Bogens befestigt und dieser dann gebogen und das andere Ende der Sehne an dem frei gebliebenen Ende des Bogens fest gemacht so dass dieser gespannt war.
Für die Pfeile benötigte man auch eine gerade gewachsene Gerte vom Haselnussstrauch, so dünn wie möglich. Diese wurde dann von der Rinde befreit und an einem Ende mit einer Kerbe für das Auflegen auf die Sehne versehen. An dem anderen Ende, der Spitze des Pfeils, konnte man einen Nagel oder ein anderes leichtes Metallteil befestigen. An dem Ende mit der Kerbe spaltete man den Pfeil, nach dem man in 10-15 cm von dieser mit faden fest abgebunden hatte damit er nicht auf der ganzen Länge entzwei brach. In den Spalt konnte man eine Feder von den Hühnern oder Gänsen schieben und in Richtung Kerbe den Pfeil nochmals fest abbinden. Das diente zur Stabilisierung des Pfeils in seiner Flugbahn.
Dieses Spielzeug wurde gerne bei Indianerspielen unter den Erlen oder Am Roten Berg genutzt.

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Beispielbild


Ein anderes Spielzeug waren die Wasserräder mit denen man hervorragend am Klosterbach am Zeckesch oder in der Mätz spielen konnte.
Zuerst zwei Astgabeln für das Wasserrad suchen. Als nächstes braucht man einen möglichst geraden mindestens drei Zentimeter dicken Ast als Achse für das Wasserrad. Vor allem Haselnuss Äste eignen sich hervorragend. In die Mitte des Holzes ein Loch bohren, ebenso auf der Gegenseite. An beiden Seiten zwei weitere Löcher mit dem Taschenmesser bohren. Langsam wird es das Wasserrad. Nun fertigt man, vier gleichlange Hölzer an, und spitzt diese an den Enden. In die Löcher stecken und das fertige Wasserrad zwischen die gegenüber aufgestellten Astgabeln legen. Mit so etwas spielte man auch beim Baden aber nicht nur.

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Beispiel der Materialien

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Beispielbild des Wasserrades


Dieses waren einige Beispiele mit was sich die Kinder, im Mühlbach der 60 – er und davor, so beschäftigt haben. Des Weiteren gab es noch andere, die ich vielleicht ein andermal beschreiben werde, jetzt aber noch erwähnen möchte:
– Das Basteln von Pfeifen (Flirel) rum. fluierice aus Weidenruten.
– Holzschiffchen basteln
– Spielen mit der Surr ( Faden mit einem Knopf der sich drehte und Surrgeräusche erzeugte)
– Stelzen basteln, Holzgewehr, Holzsäbel
– Reifenlaufen mit Draht Haken
– Mühle (auf Karton gezeichnet und mit Weisen Bohnen und Kukuruzkernen als Spielsteine)

Horst Theil

 

 

 

 

Das verschwundene Ehrenmahl von Mühlbach.


Liebe Leser!
Den Anlass zu diesen Zeilen lieferte mir ein Bild auf das ich zufälligerweise gestoßen bin.
Aber nun der Reihe nach. Es geht wie der Titel sagt, um ein Ehrenmahl aus Mühlbach das bis zur Machtübernahme der Kommunisten in Mühlbach gestanden hat.
Der Begriff Ehrenmahl umfasst ein weites Feld an Objekten die zu Ehren von Personen, Ereignissen oder religiösen zwecken an verschiedenen Plätzen und Orten errichtet wurden. Die Geschichte solcher Ehrenmähler reicht bis in die Vorchristliche Vergangenheit zurück. Anfangs der Geschichte der Menschheit, heute als Kultstätten benannt, wurden besondere Bäume, Felsen oder Hügel auserwählt um den Gottheiten der damaligen Zeit zu huldigen.
Es ist in der menschlichen Seele verankert das Bedürfnis an Schutz vor dem Ungewissen, Hoffnung und Hilfe in der Not, oder der Gewissheit das etwas oder jemand da ist wenn der Einzelne nicht weiß wie es weiter gehen soll.
Später in der Geschichte der Menschheit wurde begonnen solche Stätten selber zu erbauen, als Beispiel dienen die noch heute erhaltenen Kultstätten der alten Germanen, Kelten, Dazier und aller anderen antiken Völker. Mann kann dieses auf der ganzen Welt, und in allen Kulturen beobachten. Mit dem Aufkommen des Christentums wandelten sich diese Stätten zu Gotteshäusern, Kapellen und Wegkreuze um.
Dieser Drang hat sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Im Mittelalter, und danach, nahmen die Wegkreuze, oder Kruzifixe (rumänisch troiţă genannt) eine besondere Stellung ein. In der Regel wurden diese an den Wegen und Pfaden die aus einem Ort hinaus führten aufgestellt. Aber fast immer auch eines im Bereich des Ortes. Da früher der Ablauf des täglichen Lebens es nicht immer erlaubte um das Wohlergehen in der Kirche zu bitten, wurden die Gebete an diesen Stellen, bei dem Weg auf den Acker, bei Antritt einer Reise oder bei der Ankunft in einen Fremden Ort, abgehalten.
So ein Ehrenmahl (troiţă) wurde auch in Mühlbach errichtet. Über das Jahr kann ich keine Aussage machen. Die Tatsache ist das die Stelle wo es stand mit Bedacht gewählt wurde. Und zwar befand es sich in der äußeren Sikulorumgasse an der Ecke zur Bahnhofgasse, gegenüber der Stelle wo einst der Viehmarkt war und gegenüber des Gasthofes „Zur Blauen Kugel“. (Auf der Stelle wo heute sich ein Kreisverkehr befindet). Also da wo früher die Landstrasse aus Richtung Hermannstadt in die Stadt führte. Die Ausführung war aus massivem Eichenholz, reichlich verziert und gegen Wettereinflüsse durch ein kleines Dach geschützt.
Davor befanden sich schöne Blumenbeete.
Dieses war das imposanteste Ehrenmahl der Stadt neben all denen die an jeder Ausfahrtstrasse oder denen auf den Feldern die die Stadt umgaben standen.
Früher waren in der Regel bei jenen die auf den Feldern waren auch ein kleiner Unterstand vorhanden zum Schutz von Wind und Wetter.
Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Gefallenen Söhne der Stadt, Rumänen, Sachsen und Ungarn, mit einer Gedenktafel an dieser Stelle geehrt.

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 Das Ehrenmahl zwischen äußerer Sikulorum
und Hermannstädter Strasse.
(Bild von Dietmar Fabrizius)

Horst Theil

 

Die Kinderspiele in den Gassen von Mühlbach (60-er Jahre)


Um diese Zeit gab es in Mühlbach, wie in den restlichen Ortschaften in Siebenbürgen auch, noch keine elektronischen Spielsachen. Es gab keinen PC, kein Handy und den Restlichen elektronischen Krim-Kram gab es auch nicht. Das Fernsehen war in seinen Anfängen und von schlechter Qualität und meistens auf 2 Stunden täglich begrenzt.
Unter diesen Umständen war der Erfinderreichtum der Kinder angesagt. Es mangelte auch nicht daran. Damals verbrachten die Kinder viel mehr Freizeit im Freien wo sich ihr Tagesablauf abspielte. Mann spielte Ballspiele verschiedenster Art, Fangen, Verstecken oder Räuber und Gendarm. Manchmal wurde ein Metallring, meistens eine alte Felge von einem Tretrollerrad, mit Hilfe eines gebogenen Drahtes (ähnlich einem Feuerhaken), vor sich her geschoben. Die Gasse rauf und runter. Ein anders mal fuhren die Kinder Dreirad oder in seltenen Fällen ein Kinderbizickel (die selten und teuer waren). Man sah dieses Bild spielender Kinder in allen Gassen der Stadt. Und wenn es in der Eigenen Gasse zu langweilig wurde machte man einen Abstecher in eine benachbarte Gasse. Wenn das auch langweilig wurde, wich man in die Hundserlen oder irgendwo außerhalb der Stadt in die freie Natur aus. Also die Kinder waren die besten Kenner ihrer Umgebung. Überall wurde „geforscht“ und gestöbert von den Hausgärten über die Scheunen bis in die Hundserlen und näherer Umgebung der Stadt. Natürlich blieb dies nicht ohne Folgen. Wenn der Abend kam da hatte fast jeder etwas von verdreckter Kleidung und Schuhe bis Schürfungen und kleinere Verletzungen vorzuweisen. Dies wiederum hatte so manche Standpauke als Folge.
Die Kinder der Innenstadt, deren Hausgärten an die Stadtmauer grenzten, kletterten sehr oft auf diese. Dann marschierten sie auf der Mauer manchmal über die ganze Länge vom Gartenkino bis Studententurm. Bei dieser Gelegenheit blieb es nicht aus den besten Überblick auf die anderen Gärten zu haben, und in den mit dem besten und reifesten Obst mal herab zu steigen um welches zu stibitzen. Mit fortgeschrittenem Alter verbrachten sie auch viel Zeit da oben. Der Grund dafür war, das sie in den Löchern der Mauern heimlich Zigaretten versteckt hatten, die sie dann wie sie glaubten unbeobachtet rauchen konnten. Danach gab es Fettbrot mit Zwiebeln oder Mentosane um nicht durch den Geruch entdeckt zu werden.
Bei den Mädchen waren die Hüpfspiele sehr Beliebt. Die Spielfelder wurden mit einem Stock in den Trottoire eingeritzt (da gab es noch keine geteerten oder gepflasterte) und das Spiel konnte beginnen. Alle diese Spiele waren unter dem Umgangssprachlichen Begriff „Ogoi“ benannt.

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Scan0003Zwei Beispiele dieser Spiele.

Das Seilspringen in den verschiedensten Variationen war auch sehr beliebt. Das konnte man auch alleine oder in Gruppen ausüben.

Einige Spiele der Buben waren von den Eltern gar nicht gerne gesehen. Das waren die Spiele mit Geldmünzen. Zwei davon waren „Pizula“ und „Biserikuza“. Daher wurden diese Spiele immer an von Blicken geschützten Stellen gespielt. Sehr oft in der Gasse die zwischen der Turnhalle und Tischlerei „Leibli“ in die Quergasse führte. Da waren wenige Leute unterwegs.

Bei dem Spiel Pizula ging es um folgendes: Man musste eine Münze an die Häuserwand so schlagen das sie so weit wie möglich abprallte. Der nächste Spieler musste das wiederholen und danach trachten das seine Münze so nahe wie möglich an die des Vorspielers heran kam. Wenn der Abstand zwischen den beiden Münzen eine Spannebreit war, das akribisch nachgemessen wurde, dann konnte der letztere, beide Münzen behalten. Und auf ging´s in die nächste Runde. Dieses Spiel wurde in der Regel mit 5 Bani – Münzen gespielt.

Mit denselben Münzen spielte man auch Biserikuza. Bei diesem Spiel musste man eine Münze  aus Gürtelhöhe auf den Boden fallen lassen. Der nächste Spieler musste so zielen das seine Münze, teilweise oder ganz, auf der anderen Münze liegen blieb. War das nicht der Fall so blieben die Münzen liegen bis jemand erreichte dass die von ihm geworfene auf einer anderen liegen blieb. Der das schaffte konnte alle liegenden Münzen aufheben und behalten.

Diese Spiele waren natürlich „unanständig“ und von den Eltern nicht erlaubt. Aber wie es so schön heißt: „Alles was verboten ist macht Spaß“. Also sie sehen das bei den Kindern ehemals in Mühlbach selten lange Weile aufkam. Schade das die Kinder heut zu Tage fast das Spielen und die Beschäftigung in freier Natur verlernt haben.

Horst Theil