Die Altgasse in Mühlbach
(heute: Progresului)
Da ich aus frühester Kindheit in dieser Gasse aufgewachsen bin, möchte ich ihnen ein Paar Einzelheiten zu diesem Thema niederschreiben.
Die Geschichte der Altgasse beginnt um das Jahr 1748, als die ersten 11 Familien aus Baden – Durlach in unserer Stadt eintrafen. Ich zitiere Alfred Möckel aus seinem Werk „Aus Mühlbachs Vergangenheit „
„In Mühlbach wurde die Durlacher Einwanderungsgruppe in Fortsetzung der damals schon bestandenen, hauptsächlich durch Gärten und Meierhöfe gebildeten Mühlgasse, in der von den Durlachern errichteten Altgasse ( oder Altvorstädtergasse, wie sie früher hieß ) angesiedelt.
In richtiger Erkenntnis der Bedeutung dieser Blutzufuhr räumte Stadt=, Stuhl = und Gubernialbehörde den Einwanderern weitgehende Sonderrechte ein. Diese forderten und erhielten „ vor jeden Hauswirten eine Hofstelle ohne Bezahlung“, Saatgut, Wiesen, „ Grumpiren=, Hanf=, Grass=, Kornteilung und so weiter gratis und ohne einiges Entgelt“ eine Fleischbank, fünf Jahre Freiheit von allen Lasten und Abgaben, vor jeden einen Ort und Platz in der Kirche ohne Verdruss und Sauersehen“.
Ein in der hiesigen Gymnasialbücherei befindliches Hausbuch rühmt schon 1750 von den Durlachern, das sie „ mit großem Fleiß“ auf ihren Hofstellen Häuser aufgebaut haben und das sie „ in der Feldwirtschaft sehr fleißig gewesen, besonders in denen Sommerfrüchten, also das noch niemahlen ( zu diesen Zeiten) allhier so viel Sommerfrucht ausgesäet gewesen“. Leider sind 1749 und kurz danach sehr viele Einwanderer hier gestorben; die Totenbücher des Mühlbacher ev. Pfarramtes verzeichnen in der Zeit eine unverhältnismäßige große Zahl von Todesfällen aus den Reihen der Einwanderer und ihrer zahlreichen Kinder. 1770 kam die größte Einwanderergruppe hier an und in zwischen aus den Badischen „ Hanauer Ländchen“, der Gegend zwischen Kehl und Lichtenau. Eine außerordentliche Teuerung, veranlasst durch eine furchtbare Überschwemmung des Rheins, scheint diese Volksgenossen in Marsch gesetzt zu haben. In Mühlbach ließen sich 49 Familien nieder, darunter, 31 Feldbauern, die übrigen waren Handwerker. Als Ansiedlungsgebiet wies ihnen der Magistrat die Hanfländer der Altgässer an, auf denen sie die Neugasse entstehen ließen. Ein Vergleich zwischen der Altgasse und Neugasse, lehrt das die Durlacher Einwanderer sich behäbigere Häuser errichteten als die Hanauer, wahrscheinlich deshalb, weil diese vorwiegend Landleute, jene aber Gewerbetreibende waren“.
Zitat Ende.
Mann sieht dass davor auf dieser Stelle freier Acker war. Alles in allem kann man sagen dass auch die Altgasse zur Entwicklung und zum Fortschritt unserer Heimatstadt eine wesentliche Bedeutung hatte. Die Bedeutung wuchs als sich später einige Handwerker hier niederließen. Ich möchte dazu nur die Rotgerberei der Familie Glaser erwähnen und die Lederfabrik des Gustav Dahinten. Es folgte nachher die Fleischverarbeitung der Familie Haffner. In meiner Kindheit bestand die Rotgerberei nicht mehr. Die Verstaatlichte Fleischverarbeitung des Herrn Haffner war noch da und die Verstaatlichte Lederfabrik des Herrn Dahinten mit dem Alten Gebäude stand auch noch. Als Handwerker wären noch zu erwähnen der Schneidermeister Herr Bechthold, ein Kürschner der sich auf rumänische Brustpelze und Pelzmützen spezialisiert hatte und dann gab es noch eine Familie die Holzrechen, Fußabtritte aus Schilf, Schilfmatten, die für den Verputz von Decken gebraucht wurden, und manchmal auch Sensenstiele herstellten.
Die Deutschen Familien in meiner Kindheit waren folgende:
Auf der Linken Seite
– Familie Bechthold – 3 Personen
– Familie Weber – 4 Personen
– Familie Hennrich – 4 Personen
– Familie Maroscher – 4 Personen
– Familie Hupprich – 2 Personen
– Familie Hütter Michael – 4 Personen
– Familie Hütter Wilhelm – 4 Personen
– Familie Barth – 3 Personen
– Familie Kuck – 3 Personen
– Familie Lenz – 2 Personen
– Familie Schemmel – 4 Personen
– Familie Szatmary – 4 Personen
– Familie Preiß Gustav – 2 Personen
– Familie Barza Viktor – 5 Personen
– Familie Preiß Iulius – 4 Personen
– Familie Lingner – 5 Personen
– Familie Jeney Rudolf – 3 Personen
Auf der Rechten Seite:
– Familie Schmidt Wilhelm – 4 Personen
– Familie Theil Edwin – 3 Personen
– Familie Fakner – 4 Personen
Der Rest waren Rumänische Familien.
Nehmen sie es mir nicht übel wenn ich jemanden vergessen habe.
Die Gasse war unbefestigt samt Bürgersteigen. Im laufe der Zeit wurden bis zu meiner Ausreise nach Deutschland folgende Verbesserungen gemacht: Die Fahrbahn wurde erst mit Bachsteinen gepflastert, das war schon mal etwas. Nach einigen Jahren als ich schon auf der Lehre war brachte man den Leuten unentgeltlich vom Sfat aus, Schotter und Zement die man vor jeder Hausfront deponierte, und die jeweiligen Hausbesitzer die Auflage bekamen die Bürgersteige in Eigenleistung zu betonieren. In diesem Zuge wurden auch alle Bäume, beidseitig der Fahrbahn entfernt. Dann wurde nachher die die Strasse wieder Aufgerissen und Kanal verlegt. Nach einiger Zeit wurde dann beschlossen die Strasse zu Teeren, was dann auch geschah. Die Mätz beidseitig wurde saniert und alle Brücken die in die Toreinfahrten führten wurden mit Betonrohren ersetzt. Irgendwann wurden auch die Freiluftleitungen der Telefone abmontiert und mit Kabeln ersetzt, aber immer noch auf den Masten.
Das also waren die Arbeiten die in der Zeit des Kommunismus durchgeführt wurden. In diesen Jahren wurden auch die Gebäu der der Fleischverarbeitung und der Lederfabrik abgerissen. Die Lederfabrik bekam ein neues Gebäude das auch das Grundstück der gewesenen Fleischverarbeitung in Anspruch nahm. Das ist in großen Zügen eine kleine Chronik der Altgasse aus meinem Gedächtnis biss ungefähr im Jahre 1989. Was nachher in der Altgasse passierte entzieht sich meinem Wissen.
Beitrag geschrieben von: Horst Theil