Wer so alles durch die Straßen von Mühlbach zog.


Die Hausierer? Die fliegenden Händler? Die wandernden Handwerker? Oder die Bettler?

Ein wenig von allen. Ja früher konnte man in Mühlbach noch so etwas erleben, das so manche Gestalten durch die Gassen der Stadt zogen. An die sich wahrscheinlich die die meisten erinnern waren die bettelnden Zigeuner. Besonders die Zigeunerfrauen meistens noch ein Kind dabei. Das waren aber keine einheimischen Zigeuner aus Mühlbach sondern meistens von unterschiedlichen Wanderzigeunerstämmen die gelegentlich am Rand von Mühlbach, auf ihrer ständigen Reise durch Siebenbürgen, halt machten. Sie gaben sich auch mit einem Stück Brot zufrieden, nicht bevor sie versuchten auch noch Geld oder andere Sachen zu bekommen. Sie nahmen auch alte Kleider oder Schuhe so wie fast alles das man entbehren konnte und nicht mehr brauchte. Ich erinnere mich als ich Kind war das jedes Jahr vor Weihnachten, in der Zeit des Schweineschlachtens eine alte Zigeunerin zu uns kam um das Schweinehaar abzuholen das übrig blieb nach den Brühen des Schweins in der Molter (bei uns brühte man das Schwein vor dem brennen mit Stroh oder Gasbrenner). Ich wusste nicht was die mit den Schweinehaaren machen wollten, bis mir meine Mutter erklärte das die Zigeuner Bürsten daraus machen.

Der Eisverkäufer Dumitru war selbstverständlich allen in Mühlbach bekannt als er mit seinem Karren im Sommer durch die Straßen zog. Uns Kindern sowieso.

Eine weitere Sensation war es wenn der Scherenschleifer durch die Straßen zog. Ja den hatte ich auch noch erlebt. Seine Schleiferwerkstatt schob er vor sich her unter Form eines Schubkarrens ähnlichen Gefährts. Es war ein Holzkasten der vorn ein Rad hatte und hinten zwei Tragegriffe wie eben ein Schubkarren. Auf der Oberseite des  Holzkastens war die Welle mit dem auswechselbaren Schleifstein. An der Rechten Seite befand sich das Schwungrad und die Tretpedale mit der das Ganze angetrieben wurde. In einem separaten kleineren Kasten hatte er die verschiedenen Schleifsteine und ein wenig Handwerkzeug, das er zur Feinarbeit benötigte. Nach gewissen abständen Schrie er mit lauter Stimme und bot seine Dienste an. Bei dieser Gelegenheit kamen alle Hausfrauen und jeder der etwas schärfen wollte und versammelten sich rings um. Die einen hatten stumpfe Scheren oder Messer die anderen Sicheln oder alles andere was zum schärfen war. Für wenig Geld hatte man so die Gelegenheit sein Werkzeug, Messer oder Scheren wieder scharf zu machen. Das war eine ehrliche Arbeit die mühevoll und schwierig war. Mancher wird sagen dass das einfach war, aber niemand wusste wie viele Stunden der gute Mann seinen Karren schon vor sich her schob und wie viele Schliffe er schon gemacht hatte um sein bescheidenes Täglich Brot zu verdienen.

Ein anderes Mal kamen Löffelverzinner durch die Straßen. Ich will euch erklären was das war. Früher gab es bei den normalen Bürgern Essbesteck das nicht aus Silber oder Edelstahl gefertigt war sondern aus normalem Eisen oder anderen Metallen. Nach vielem gebrauch trotz behandeln mit Scheuersand verlor es die Beschichtung und rostete oder oxidierte immer wieder. Jetzt waren die Dienste der Verzinner gefragt. Wen so einer in der Straße auftauchte und ähnlich dem Scherenschleifer seine Dienste angeboten hatte, kamen viele Hausfrauen mit dem Besteck zu ihm. Das Besteck wurde erst von Hand gesäubert und mit Schmirgelpapier abgerieben. Dann Tauchte er das Besteck in eine Flüssigkeit und nachher in ein Bad mit geschmolzenem Zinn. Nachher sah das Besteck glänzend und wie neu aus, und blieb eine ganze weile so bis die Zinnschicht wieder weg war.

Auch dieses, ein ehrlicher und mühsamer Erwerb des täglichen Brotes.

Ab und zu kam auch einer der Regenschirme reparierte. Er hatte diverse Ersatzteile aus Metal und verschiedene Stoffteile zum flicken der Schirmbespannung. Viele die einen unbrauchbar gewordenen Regenschirm hatten ließen diesen für ein paar Lei reparieren und mussten keinen neuen kaufen.

Es waren auch welche mit Pferd und Wagen die durch die Stadt zogen und Flaschen und Einmachgläser aufkauften. Viele verkauften die leeren Flaschen an diese Leute um nicht selber zu den Annahmestellen zu gehen. Der Preis war einige Bani geringer als bei den Annahmestellen und durch diesen Unterschied verdienten sie ein wenig Geld. Mann muss dazu sagen das diese Aufkäufer die Flaschen auch schmutziger annahmen was die Annahmestellen nicht machten. Das hieß dass die Flaschen auch gesäubert werden mussten, was in der Regel in den Hundserlen am Klosterbach geschah. Ich habe oft gesehen wie das geschah in der Regel dauerte das waschen der Flaschen einen ganzen Tag. Mühevoll und anstrengend auf jeden Fall.

Mühlbach war ein Ort wo fast jeder seinen eigenen Wein machte oder auch oft Schnaps. Ein Krautfass hatte auch jeder Haushalt. Diese gingen manchmal kaputt. Es platzte ein Reif oder eine Dauge musste ersetzt werden. Da keine Fassbinderei mehr um die Zeit in Mühlbach war kamen die Motzen aus dem Erzgebirge zu Hilfe. Mann konnte am Donnerstag am Holzplatz neue kaufen aber der Preis eines neuen Fasses oder Schaffes war wesentlich höher als der der Reparatur. Man konnte die Motzen am Platz mit Ihren Pferdewägen mit Kober und beladen mit Fässern und allem was dazu gehörte sehen. Einige derer zogen durch die Straßen und boten die Reparatur von Fässern und Schäffern an.

 Casa memoriala Avram Iancu - Caruta (Cocie) incarcata cu ciubere pregatita pentru mers in tara

 

Einer dieser Motzenwägen

Bild: casa memoriala Avram Iancu

 Auch nichts Leichtes von Daheim über viele Kilometer durch das Land ziehen und in diesen Wägen tag und Nacht zu hausen und Leben. Dazu noch die Arbeit und Tägliche Verpflegung von Mann und Pferd. Man kann sich ausrechnen mit wie viel Geld die armen Menschen nach langer Zeit wieder Daheim ankamen.

Für all diese Leute die ich ihnen beschrieben habe war es wahrlich nicht Leicht. Sie nahmen es auf sich immer weit von der Familie und Kinder zu sein nur um deren Existenz auf irgendeine Art zu sichern. Und trotz allem waren sie meistens immer guter Dinge und hatten immer ein kleines Späßchen auf Lager.

Wenn Pilze- Zeit war kamen welche aus Rachita oder Umgebung und boten von Haus zu Haus frisch gelesene Pilze zum Kauf an. Wenn keine Pilze waren kamen dieselben Sammler mit Waldfrüchten, wie: Himbeeren, Preiselbeeren, Afine, Coacaza und andere, die sie dann in den Gassen verkauften.

Andere wieder, die Korbflechter die auch aus der Marginime (umliegende Dörfer Richtung Gebirge) kamen, boten auch von Haus zu Haus ihre in Handarbeit gefertigten Körbe aller Formen und Größen, zum Kauf an.

Ab und zu verirrte sich auch ein Weinverkäufer in die Gassen der Stadt.

Und Wahrsagerinnen gab es auch die Unterwegs waren.

Es waren noch andere in Mühlbach unterwegs aber für heute will ich es auf diese belassen. Diese Zeilen sollen uns vor Augen führen das das Leben mancher Leute viel, viel mühsamer und entbehrungsreicher als unseres ist und trotz allem, diese Leute ihr Schicksal so genommen haben wie es kam, aus Verantwortung der Familie gegenüber, und dem lieben Gott dankend für Gesundheit und Schaffenskraft.

Horst Theil

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