Die Kinderspiele in den Gassen von Mühlbach (60-er Jahre)


Um diese Zeit gab es in Mühlbach, wie in den restlichen Ortschaften in Siebenbürgen auch, noch keine elektronischen Spielsachen. Es gab keinen PC, kein Handy und den Restlichen elektronischen Krim-Kram gab es auch nicht. Das Fernsehen war in seinen Anfängen und von schlechter Qualität und meistens auf 2 Stunden täglich begrenzt.
Unter diesen Umständen war der Erfinderreichtum der Kinder angesagt. Es mangelte auch nicht daran. Damals verbrachten die Kinder viel mehr Freizeit im Freien wo sich ihr Tagesablauf abspielte. Mann spielte Ballspiele verschiedenster Art, Fangen, Verstecken oder Räuber und Gendarm. Manchmal wurde ein Metallring, meistens eine alte Felge von einem Tretrollerrad, mit Hilfe eines gebogenen Drahtes (ähnlich einem Feuerhaken), vor sich her geschoben. Die Gasse rauf und runter. Ein anders mal fuhren die Kinder Dreirad oder in seltenen Fällen ein Kinderbizickel (die selten und teuer waren). Man sah dieses Bild spielender Kinder in allen Gassen der Stadt. Und wenn es in der Eigenen Gasse zu langweilig wurde machte man einen Abstecher in eine benachbarte Gasse. Wenn das auch langweilig wurde, wich man in die Hundserlen oder irgendwo außerhalb der Stadt in die freie Natur aus. Also die Kinder waren die besten Kenner ihrer Umgebung. Überall wurde „geforscht“ und gestöbert von den Hausgärten über die Scheunen bis in die Hundserlen und näherer Umgebung der Stadt. Natürlich blieb dies nicht ohne Folgen. Wenn der Abend kam da hatte fast jeder etwas von verdreckter Kleidung und Schuhe bis Schürfungen und kleinere Verletzungen vorzuweisen. Dies wiederum hatte so manche Standpauke als Folge.
Die Kinder der Innenstadt, deren Hausgärten an die Stadtmauer grenzten, kletterten sehr oft auf diese. Dann marschierten sie auf der Mauer manchmal über die ganze Länge vom Gartenkino bis Studententurm. Bei dieser Gelegenheit blieb es nicht aus den besten Überblick auf die anderen Gärten zu haben, und in den mit dem besten und reifesten Obst mal herab zu steigen um welches zu stibitzen. Mit fortgeschrittenem Alter verbrachten sie auch viel Zeit da oben. Der Grund dafür war, das sie in den Löchern der Mauern heimlich Zigaretten versteckt hatten, die sie dann wie sie glaubten unbeobachtet rauchen konnten. Danach gab es Fettbrot mit Zwiebeln oder Mentosane um nicht durch den Geruch entdeckt zu werden.
Bei den Mädchen waren die Hüpfspiele sehr Beliebt. Die Spielfelder wurden mit einem Stock in den Trottoire eingeritzt (da gab es noch keine geteerten oder gepflasterte) und das Spiel konnte beginnen. Alle diese Spiele waren unter dem Umgangssprachlichen Begriff „Ogoi“ benannt.

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Scan0003Zwei Beispiele dieser Spiele.

Das Seilspringen in den verschiedensten Variationen war auch sehr beliebt. Das konnte man auch alleine oder in Gruppen ausüben.

Einige Spiele der Buben waren von den Eltern gar nicht gerne gesehen. Das waren die Spiele mit Geldmünzen. Zwei davon waren „Pizula“ und „Biserikuza“. Daher wurden diese Spiele immer an von Blicken geschützten Stellen gespielt. Sehr oft in der Gasse die zwischen der Turnhalle und Tischlerei „Leibli“ in die Quergasse führte. Da waren wenige Leute unterwegs.

Bei dem Spiel Pizula ging es um folgendes: Man musste eine Münze an die Häuserwand so schlagen das sie so weit wie möglich abprallte. Der nächste Spieler musste das wiederholen und danach trachten das seine Münze so nahe wie möglich an die des Vorspielers heran kam. Wenn der Abstand zwischen den beiden Münzen eine Spannebreit war, das akribisch nachgemessen wurde, dann konnte der letztere, beide Münzen behalten. Und auf ging´s in die nächste Runde. Dieses Spiel wurde in der Regel mit 5 Bani – Münzen gespielt.

Mit denselben Münzen spielte man auch Biserikuza. Bei diesem Spiel musste man eine Münze  aus Gürtelhöhe auf den Boden fallen lassen. Der nächste Spieler musste so zielen das seine Münze, teilweise oder ganz, auf der anderen Münze liegen blieb. War das nicht der Fall so blieben die Münzen liegen bis jemand erreichte dass die von ihm geworfene auf einer anderen liegen blieb. Der das schaffte konnte alle liegenden Münzen aufheben und behalten.

Diese Spiele waren natürlich „unanständig“ und von den Eltern nicht erlaubt. Aber wie es so schön heißt: „Alles was verboten ist macht Spaß“. Also sie sehen das bei den Kindern ehemals in Mühlbach selten lange Weile aufkam. Schade das die Kinder heut zu Tage fast das Spielen und die Beschäftigung in freier Natur verlernt haben.

Horst Theil

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