Zwei Gedichte von Winfried Bretz


 

einwanderer 1141 - 11644

Einwanderung der Siebenbürger Sachsen

(1141 – 1164)

Quelle: Siebenbürger.de

Auf den Spuren unserer Ahnen

Sie strebten nach Osten, nach Freiheit im Leben,

nach eig’ner Bestimmung, nach eigenem Herd,

sie wollten den Kindern ihr Bestes geben,

für eigenes Land waren die Mühen das wert.

 

Sie folgten dem Ruf und Geishas Versprechen,

von Mosel und Rhein, bis ins Ungarland,

sie mussten sich neue Wege brechen

und Burgen bauen mit Fleiß und Verstand.

 

Sie schufen ein Bollwerk gegen Türken, Tataren,

Sie brachten ihr Können, den Fleiß mit, die Ehr‘;

Sie rodeten Wälder, scheuten keine Gefahren

und setzten sich standhaft den Feinden zur Wehr.

 

Es blühten die Felder, es keimten die Saaten;

verwurzelt im Land, im Boden ihr Fleiß;

sie hielten die Treue und wurden verraten,

geschunden an Leib und Seele der Preis.

 

Erprobt in achthundert schweren Jahren

hielten sie Treue dem Volke, dem Land.

Vom Staat behandelt wie von Barbaren

enteignet, entwürdigt, vom Herde verbannt.

 

Uns ist die Erinnerung nur noch geblieben,

an Einst, an ein schönes blühendes Land;

wir ehren der Väter Sitten und Bräuche

und alles, das uns mit Einstmals verband.

 

Auch hier in der Ferne – es gibt kein Vergessen,

wir halten zusammen im Geist und sind still.

Wir ließen uns nicht durch Willkür erpressen,

ein Beispiel dafür ist Gerhard Rill.

 

Furchtlos bestand er die vielen Gefahren,

verfolgt und gehetzt – was war schon dabei.

Sein Ziel – das Volksgut zu schützen und wahren,

für Kinder und Enkel  bracht‘ er es herbei.

 

Er schuf ein Museum vom Wirken und Werken,

von Trachten, von Kunst, vom sächsischen Fleiß;

wird sein Bemühen bewahrt und uns stärken?

Oder ist nur das Vergessen der Preis.

 

Folgt doch den Spuren, dem wirken der Ahnen,

erzählt der Jugend, wo dieses zu sehen.

Lenkt eure Schritte in würdige Bahnen,

nicht lasst diese Spuren vom Winde verwehen!

Verfasst nach einem Museumsbesuch

Gerhard Rill – Museum  Augsburg

Winfried Bretz

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Gerhard Rill in Mitten seiner Sammlung 2011 in Augsburg

Foto: Inge Erika Roth

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Der Studententurm von Mühlbach

Fotograf unbekannt.

Studententurm in Mühlbach

In wildem Trab – die Erde dröhnt,

Es stürmen die Türken in Scharen,

Bimm! Bamm! Bimm! Bamm! Die Glocke tönt,

Schon wieder nahen Gefahren.

Zu fallen die Tore mit dumpfen Klang,

Es quietschen die Riegel der Pforten;

Sturm läuten die Glocken Bimm! Bamm! Bimm! Bamm!

Ganz nahe sind feindliche Horden.

.

Die Zunftmänner eilen bewaffnet zur Pflicht,

Zu den Türmen zum Wehrgang nach oben.

Aus der Menge ein Jüngling löst sich und spricht:

„Aus Rummes komm ich gezogen,

Bin junger Student für mein Vaterland,

Will treu meine Kraft ich geben,

Will kämpfend meine schwache Hand

Gegen die Feinde erheben!“

.

Aus der verängstigten Volkesschar

Sechs andere dazu sich stellen.

Wir sind aus der Stadt, die Studentenehr

Ruft uns zu unsrem Gesellen!

Gebt uns o, Hann, den Turm dort,

Den sonst deine Leute wehren!

Wir sieben werden von diesem Hort,

Unser jugendlich’ Herz nicht entehren!“

.

Bimm! Bamm! Bimm! Bamm! Erschallt es laut,

Eindringlich das Kirchturmgeläute!

„Eilt hin, ihr Burschen, eilt und haut

In die Flucht die gierige Meute!“

Der Ratsherr sprach es, sie eilen hin

Vorbei an allen, die gaffen;

Sie nehmen schwere Waffen mit,

Auch Nahrung zusammen sie raffen.

.

Sie stehen im Wehrturm, die Glocke schweigt,

Sie drücken sich bindend die Hand;

Sie schworen, dass keiner Schwäche zeigt,

Bis zum Tod für das Vaterland.

Schon schwirren die Sehnen,

Schon sausen die Pfeile,

Schon sinkt manch Türke ins Wasser hinein,

Zu mächtig der Ansturm, ohne Rast, in Eile.

.

Es kämpfen die Bürger mit edlem Mut,

Und mancher fällt tödlich getroffen,

Die Alten, die Jungen sind machtlos und Wut

Erfüllt sie und macht sie betroffen.

Manche Frau beklagt den toten Mann,

Manch‘ Mutter den sterbenden Sohn;

Schon leuchtet von Dächern der Feuerhahn,

Den löschenden Frauen zum Hohn.

.

„Öffnet die Tore! Wir schonen euer Leben!“

So ruft eine Stimme. Die Stadt ist in Not;

Die Türken da draußen wie Sand am Meere

Erwägt wird des Falschen Gebot.

Man öffnet die Tore, der Glockenton schweigt,

Das türkische Heer ergießt sich in Scharen,

Dringt in die Stadt, der Tag sich neigt,

Was noch lebt, wird versklavt, fortgefahren.

.

Greise und Männer liegen im Blut,

Mit Flüchen auf sterbenden Lippen;

Es bersten die Häuser in Flammen und Glut;

Die Kirche ward Stall und Gestühle zu Krippen.

Ein Turm ist standhaft noch eine Nacht …

Noch schwirren tödliche Pfeile

Und stolz klingt der Ruf: Sachs halte Wacht!

Er mahnt den Türken zur Eile.

.

Sie hoffen auf Beute und stapeln dann

Herum um die Feste die Scheite,

Herzlos legen sie Feuer an:

„Schmort nun, bei lebendigem Leibe!“

Ein grau und schwarz sich ringelnder Qualm

Steigt durch die Scharten nach oben –

„Die Hölle bricht auf“, ein Bursche spricht,

„Doch wir, wir alle ergeben uns nicht,

Wir haben dem Tod uns verschworen!“

Sie fassen einander erschlaffend am Arm

Und nochmals klingt mit letzter Kraft

Der stolze Ruf: „Sachs halte Wacht!“

Sie haben gekämpft, sie hielten Wacht,

Verschossen das Pulver, die Pfeile,

Bis der letzte Mann im Rauch erschlafft

Zusammenbricht, erstickt nach einer Weile.

.

Der Rauch verfliegt im Morgenwind,

Vom Turm folgt keine Gegenwehr,

Die Burschen liegen, da, sie sind

Getreu geblieben Schwur und Ehr!

Sie haben gekämpft, getreu dem Eid,

Sich nicht dem Türken ergeben,

Der Übermacht in diesem Streit

Sind sie zuletzt doch erlegen.

.

Dort finden die Fremden sie in der Bastei,

Die reglosen Leiber, kein Schatz ist dabei –

Da, einer regt sich, sie eilen herbei,

Ein Wunder, sie führten ihn fort in Sklaverei;

Zurück blieb Tod, Asche, Trümmer;

Die Stadt war tot – leer ohne Leute;

Die Türken – die Gewinner,

Frauen und Kinder die Beute.

.

Rauch und Ruinen blieben zurück,

Überall nur Gestank und Leichen –

Ein starkes Geschlecht mit wenig Glück

Musste der Übermacht weichen.

Und was noch lebte nach dieser Schlacht,

Wurd’ versklavt, wurde aufgerieben,

Der Knechtschaft entflohen, hat es einer geschafft,

Hat Mühlbachs Geschichte geschrieben.

.

Ein neuer Stamm bevölkert den Ort,

Der Wehrturm hat geschwärzt überdauert,

Im Winde quietscht der Wetterhahn,

Und jeder Betrachter erschauert.

Aus Rom wurde die Mär gebracht,

Von der Schlacht, vom Türkensturm

Dem Rummeser zur Ehre heißt

Die Bastei: STUDENTENTURM!

Winfried Bretz

Zusammenstellung: Horst Theil

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